Das Rascheln von Rosmarin (Historische Romane) (German Edition)
Gedanken stattdessen auf die Tatsache, dass er schließlich zu ihr zurückgekehrt war. Dass er hier war.
Denn natürlich wusste Michael nicht, dass Allegra seine Tochter war. Sie würde ihm alles erzählen und dann würde alles gut werden. Und dann würde es ihr – vielleicht – gelingen, Bon als einen Ehemann vorzuschlagen...
Nein. Das brachte sie nicht über sich. Es würde eine andere Lösung geben.
Michael würde sich darum kümmern.
Eine Magd eilte geschäftig im Zimmer hin und her, legte eine Tunika sowie Beinkleider aus Michaels Truhen heraus, um ihn nachher anzukleiden. Jungen aus der Küche kamen und gingen mit Eimern voll von dampfendem Wasser. Maella streute getrockneten Lavendel in die Wanne, die sich allmählich füllte. Der Raum war voll und barst vor Aktivität, so sehr, dass es Allegras Nerven stark anging und sie mit aller Kraft an sich halten musste, nicht alle anzuschreien, sie sollten jetzt gehen ... gehen und sie mit Michael alleine zurücklassen.
„Maella, geht bitte und seht zu, ob Verna die andere Wanne gefunden hat und sich um Sir Victor kümmert“, sprach sie schließlich und ignorierte den fragenden Blick, den ihre Zofe ihr da zuwarf.
„Jawohl, Herrin.“ Widerwillig wandte Maella sich zum Gehen und blickte noch zu den beiden verbliebenen Mägden, die ihrer Herrin jetzt halfen.
Kaum war Maella zur Tür hinausbefördert worden, fand Allegra auch schon weitere Vorwände, um die verbliebenen Diener fortzuschicken ... und dann war sie endlich alleine mit Michael.
Er lag ganz entspannt mit geschlossenen Augen in der Wanne, die groß genug war, um einen Mann von der Größe Merles zu beherbergen. Ein Polster aus weichem Leinen diente ihm auf dem rauen Holzrand der ovalen Wanne als Kopfstütze. Allegra kniete sich nieder, faltete seine Tunika zusammen und sah zu, wie Dampf aus dem Wasser emporstieg. Sein feines, blondes Haar klebte ihm jetzt am Hals und die feingeschnittenen Gesichtszüge, die sie niemals vergessen hatte, waren warm von den Dämpfen. Er atmete ganz ruhig und sie gestattete sich kurz, in der Erinnerung zu schwelgen, die Erinnerung an die Wärme seiner glatten, muskulösen Brust.
Während sie ihn so betrachtete, öffnete sich ein Auge, blau wie Eis, und sein Blick ruhte auf ihr. Er hatte verstanden. „Endlich“, murmelte er, als ein Lächeln um seinen großzügig geschnittenen Mund spielte. „Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, dass wir alleine wären.“
„Ja“, hauchte Allegra und schloss die Hände in ihrem Schoß fest umeinander, um sie davon abzuhalten, ihm eine dichte Locke aus der Stirn zu streichen.
Seine Augen – mittlerweile waren beide ganz geöffnet – wanderten gierig über seine frühere Geliebte. Sie wusste, sie war immer noch eine sehr schöne Frau und als er sich in der Wanne aufsetzte, verschaffte es ihr Befriedigung zu sehen, dass seine Reaktion auf sie ebenso offensichtlich und unumwunden war, wie sie es vor achtzehn Jahren gewesen war. „Ihr habt Euch nicht sehr verändert, Allegra“, sagte er leise.
„Ihr ebenso wenig.“ Ihre Brust schwoll an vor Liebe und Zuneigung, machte das Atmen schier unmöglich.
„Kommt, seift mir den Rücken ein“, lud er sie ein und setzte sich ganz gerade auf.
Allegra zitterten die Hände, als sie ein dünnes Leintuch aus dem Wasser zog und über die ganze Breite seines Rückens wischte. Dort waren jetzt mehr Narben, welche die goldene Oberfläche verunzierten, und die einzelnen Muskeln, an die sie sich erinnerte, waren nicht mehr so hart wie einst. Aber es war Michael.
Die kräftige Kernseife, die man normalerweise für das Baden verwendete, hatte man mit einer von Maris’ Spezialitäten ersetzt: eine Seife mit Duftnoten von Rosmarin und Basilikum. Der würzige Duft davon hing überall in der Luft, wurde von dem schweren Dampf aus der Wanne überall hingetragen. Michael lehnte sich wieder in der Wanne nach hinten, so dass Allegra ihm die Haare mit der gleichen Seife massieren konnte. Und als er die Augen schloss, wollte sie nichts lieber, als sich zu ihm runter zu beugen und ihm einen Kuss auf die Lippen zu geben.
Sie sagte kein Wort mehr zu ihm, bis sie fast fertig damit war, seinen Körper abzuschrubben. Sie erkundete aufs Neue jeden Winkel, fand jede neue Narbe und jedes neue Merkmal.
Dann endlich brach sie ihr Schweigen. „Michael, wusstet Ihr – wusstet Ihr denn nicht, dass Merle mein Gemahl ist? Wusstet Ihr nicht schon vor Eurer
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