Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
übrig.
Ihr heimgekehrter Held hatte sie enttäuscht, weil er gezeigt hatte, dass er nur ein Mensch war. Rupert beobachtete, wie Harald zuversichtlich durch die sich zerstreuende Menge schritt, und schüttelte den Kopf. Harald hatte, wenn es darauf ankam, stets die Gabe der Beredsamkeit besessen. Die Hohlkopf-Nummer mochte den Hof täuschen, aber Rupert kannte ihn besser. Schon als Kind hatte es Harald verstanden, Menschen und Situationen für sich zu nutzen, in der Regel auf Ruperts Kosten.
Trotz aller Untugenden – und Harald besaß unbestreitbar eine Menge davon – war er ein ausgezeichneter Organisator. Wahrscheinlich hatte er, noch ehe der Tag zu Ende ging, eine Aufstellung sämtliche r Beschwerden der Flüchtlinge gemacht und eine Methode ersonnen, um die Fragen in der Reihenfolge ihrer Bedeutsamkeit zu behandeln. Rupert seufzte widerwillig, schob das Schwert in die Scheide und lehnte sich gegen die Mauer des Burghofs. Bis vor kurzem hatte er geglaubt, Harald ziele mit seiner Masche darauf ab, selbst gut dazustehen, während er die Hauptarbeit anderen überließ; aber nun sah er darin einen weiteren Grund, warum Harald eines Tages König werden würde und er nicht. Harald war Diplomat. Rupert zuckte die Achseln. Scheißdiplomatie. Sollte mal einer versuchen, Dämonen mit Feingefühl und schönen Worten zu bändigen! Das konnte Kopf und Kragen kosten.
Er blickte auf und nickte Chane und seinen Bewaffneten zu. „Danke für den Beistand. Das hätte ins Auge gehen können.“
Die Wachen hoben scheu ihre Piken und verneigten sich.
„Tut mir leid, das mit den Flüchtlingen, Hoheit“, sagte Chane. „Obwohl man es den Leuten kaum übelnehmen kann. Sie haben alles verloren, als das Dunkel hereinbrach. Es gibt kaum eine Familie, der die Dämonen nicht ein Kind, den Vater oder die Mutter genommen haben. Sie sind entmutigt und hilflos, und das lange Warten macht nichts besser. Pech für Euch, Hoheit, dass sich die gereizte Stimmung ausgerechnet gegen Euch entlud.“
„Schon gut“, sagte Rupert müde. „Nochmals vielen Dank.“
„Gern“, sagte Chane. „Wenn Ihr uns mal wieder braucht, wisst Ihr, wo wir zu finden sind. Aber jetzt sollten wir auf unsere Posten zurückkehren, schätze ich; diese Dämonen können jederzeit die Burg stürmen.“
Er verneigte sich noch einmal und führte seine Bewaffneten zurück zum Torhaus. Rupert sah der Gruppe nach und runzelte nachdenklich die Stirn. Entweder war dieser Chane der nachsichtigste Mensch, dem er je begegnet war, oder hier ging etwas vor, das er nicht so recht durchschaute. Oder vielleicht … Rupert musste plötzlich grinsen. Vielleicht litt er selbst wieder mal an Wahnvorstellungen. Die Rückkehr brachte ihn anscheinend jedes Mal ziemlich durcheinander. Er wandte sich mit einem Seufzer den wartenden Gardisten zu. Ihnen konnte er blind vertrauen; sie waren ihm von Anfang an treu ergeben gewesen. Obwohl sie keinen Grund dazu hatten … schließlich hatte sich der Erste Ritter seiner Führung nur auf Befehl seines Vaters unterworfen … Rupert schüttelte ärgerlich den Kopf, aber der Gedanke ließ sich nicht vertreiben. Er wusste, er musste die Frage stellen, und sei es nur, weil er Angst vor der Antwort hatte. So oder so, er wollte die Wahrheit wissen. Ohne den Ersten Ritter zu beachten, der immer noch geduldig neben ihm stand, trat er auf Rob Hawke zu.
„Warum seid Ihr bis zuletzt an meiner Seite geblieben?“, fragte er geradeheraus. „Als ich von hier aufbrach, hatte ich fünfzig Mann. Nur zehn von euch sind heimgekehrt. Macht ihr mich nicht für den Verlust eurer Freunde verantwortlich?“
Hawke schüttelte langsam den Kopf. „Wir machen Euch für gar nichts verantwortlich, Hoheit. Wir hatten nicht damit gerechnet, den Düsterwald zu überleben, geschweige denn die Begegnung mit dem Erzmagier. Es war ausgemacht, dass wir fahnenflüchtig werden würden, sobald wir der Burg den Rücken gekehrt hatten. Nichts für ungut, Hoheit, aber was wir von Euch gehört hatten, war nicht gerade ermutigend. Dem Hofklatsch nach hattet Ihr noch nie eine Truppe geführt und wart ein Feigling, der die anderen mit Lügen über eine zweimalige Durchquerung des Düsterwaldes zu beeindrucken versuchte. Wir hatten nicht vor, mit einem solchen Befehlshaber in den Kampf zu ziehen.
Dann sahen wir, wie Ihr es hier auf dem Burghof mit Eurem Bruder und dem Ersten Ritter aufnahmt. Ihr traft den Ersten Ritter gleich zweimal! Das hatte noch niemand geschafft, seit er seine Position
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