Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
die Ansicht der Höflinge schnuppe sein, wenn wir die Schwerter erst besitzen.“
„Diskutieren können wir später“, mahnte König John. „Das Morgenrot naht, und wir sind noch nicht mal in der Nähe des Arsenals. Seneschall, zeigt uns bitte den Weg ...“
„Meinetwegen“, brummelte der Seneschall widerwillig. „Schätze, wir können genauso gut aufbrechen, wenn ich schon mal da bin. Das ist mein eigener Fehler. Ich lasse mich immer wieder ausnutzen.“ Der Seneschall grummelte halblaut vor sich hin, während er sie aus dem Saal und zum Südflügel führte. Harald und König John folgten ihm auf den Fersen. Rupert bildete die Nachhut, die Hand nie weit vom Schwertgriff. Er ließ die Blicke aufmerksam schweifen, als die kleine Gruppe durch die düsteren, nur von Fuchsfeuer erhellten Passagen und Korridore hastete, und anfangs war er enttäuscht, dass alles so ... normal wirkte. Nach all den Erzählungen und Legenden über den verschwundenen Südflügel hatte er eigentlich mit einer Umgebung gerechnet, die Furcht und Schrecken einflößte. Ein grimmes Lächeln huschte über seine Züge. Hatte er nicht selbst die Erfahrung gemacht, dass Erzählungen und Legenden in den wenigsten Fällen stimmten? Dennoch hatte der Südflügel etwas ... Beunruhigendes an sich. Rupert hatte es bereits beim Verlassen des Saales gespürt, und je tiefer er durch die leeren, hallenden Gänge ins Herz des wiederentdeckten Gebäudeteils vo rdrang, desto deutlicher wurde der Eindruck des Unfertigen, Unvollendeten, als sei etwas im Wachsen, im Entstehen; etwas, das kein Ende hatte ... eine kalte Brise erfasste ihn, und die Nackenhaare sträubten sich ihm. Widerwillig schüttelte er den Kopf. Er durfte sich jetzt nicht von Paranoia überwältigen lassen. Dann kam ihm ein neuer Gedanke, und er beschleunigte seine Schritte, bis er neben dem Seneschall ging.
„Herr Seneschall, warum ist dieser Flügel noch leer, während der Rest der Burg von Flüchtlingen überquillt? Sollten wir nicht einen Teil der Leute hier unterbringen?“
„Niemand will hier leben“, sagte der Seneschall ruhig. „Vor zweiunddreißig Jahren geschah etwas in diesem Flügel, etwas so Furchtbares, dass die Echos bis heute nicht verstummt sind. Man spürt es im Boden und in den Wänden, ja sogar in der Luft – einen Hauch des Bösen, das hier vor langer Zeit seinen Anfang nahm und nach all den Jahren immer noch nachwirkt. Die Steine erinnern sich. Ihr spürt es auch, nicht wahr, Rupert? Jeder tut das nach einer Weile. Die ersten, die wir hier unterbrachten, ergriffen nach wenigen Stunden die Flucht. Die nächsten hielten es nicht einmal so lange aus. Schließlich gaben wir auf und überließen den Südflügel sich selbst. Was immer hier lauert, verbirgt sich im Finstern und will keine Gesellschaft.“
Rupert schluckte; seine Kehle fühlte sich plötzlich so trocken an. „Dann ist der Flügel völlig leer?“
„Ja, wenn man von deinen abscheulichen Freunden absieht“, meinte Harald.
„Ach, die hatte ich ganz vergessen“, nickte der Seneschall. „Die Goblins leben hier, Hoheit. Sie scheinen sich recht wohl zu fühlen und immun gegen Effekt zu sein. Entweder sind sie nicht abergläubisch oder absolut unempfindlich gegen diese Umgebung.“
Rupert schmunzelte. „Vermutlich beides.“
„Ganz recht“, erklang ein dumpfer Bass aus den Schatten. „Willkommen daheim, Prinz Rupert.“
Ruperts Gruppe blieb abrupt stehen, als der Anführer der Goblins ins trübe Licht trat, umringt von einer halben Hundertschaft seiner Gefolgsleute. Sie trugen alle mehr oder weniger passende Rüstungen und waren bis an die Zähne bewaffnet. Eine Weile rührte sich nichts, doch dann knieten die Goblins wie ein Mann nieder und verneigten sich vor Rupert. Selbst der Befehlshaber senkte kurz den Kopf und deutete eine Verbeugung an. Rupert sah sich um, und ein erfreutes Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus. Das regelmäßige Essen und die besseren Lebensbedingungen auf der Burg hatten der unterernährten Schar gutgetan. Mehr noch, die meisten von ihnen handhabten inzwischen ihre Waffen mit der Selbstverständlichkeit gut gedrillter, erfahrener Kämpfer. Jedenfalls machten die Goblins einen weit besseren Eindruck als bei ihrer ersten Begegnung mit Rupert im Schlingforst. Fast hatte er das Gefühl, er müsse sich vor ihnen verbeugen.
„Hoch mit euch!“, sagte er schließlich, ohne die Wärme in seiner Stimme zu verbergen. „Ihr seid jetzt Krieger.“
„Sie versuchen es
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