Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
auf seinen knorrigen Gehstock gestützt. „Ich bin schließlich nur ein Diener von vielen. Niemand nimmt Rücksicht auf mich, weshalb also solltet Ihr es tun? Ich meine, schließlich bin ich nur der Mann, der im Alleingang die magische Barriere zum Südflügel fand und zerstörte. Aber hört jemand auf mich? Haltet euch vom Südflügel fern, sage ich. Da drin seid ihr nicht sicher, sage ich. Aber hört jemand auf mich? Im Gegenteil. Jeder tut genau das, was ihm in den Kram passt. Ich hätte längst zusammenbrechen müssen, wenn ich mir das zeitlich leisten könnte.“
„Hat Euch jemand gekränkt, Seneschall?“, erkundigte sich Rupert vorsichtig.
„Ha!“, sagte der Burgverwalter bitter. „Gekränkt! Weil mich die halbe Leibgarde des Königs aus dem Bett gezerrt und in den Audienzsaal geschleift hat? Weil ich dort von einem Neandertaler mit Affenarmen und der denkbar niedrigsten Stirn erfuhr, mir sei die einmalige Ehre zuteilgeworden, die königliche Familie in den Südflügel zu geleiten, und zwar unverzüglich! Kein Bitte, kein Wenn es Ihnen recht ist.“ Der Seneschall ließ entkräftet und mutlos die Schultern hängen. Darauf verstand er sich; er hatte viel Übung in solchen Gesten. „Kein Thema, dass ich seit der Ankunft der Flüchtlinge keine freie Minute mehr hatte. Kein Thema, dass ich den lieben langen Tag durch die Korridore hetze, immer auf der Suche nach einem freien Plätzchen für alle diese Leute und immer auf die Gefahr hin, dass König John es sich im nächsten Moment wieder anders überlegt. Jetzt verlangt er auch noch, dass ich ihn zum Arsenal bringe, zu einer Zeit, da jeder halbwegs vernünftige Mensch tief und fest schläft! Der alte Herr ist verkalkt, wenn Ihr mich fragt. Als Nächstes braucht er jemanden, der ihn zur Toilette führt.“
Rupert hörte sich das Geschimpfe des Seneschalls an und grinste. Es war schön zu wissen, dass ein paar Dinge gab, die sich während seiner langen Abwesenheit nicht geändert hatten.
Allmählich verrauchte der Zorn des Seneschalls, und Rupert fand Gelegenheit, seinen Wortschwall mit einer Frage zu unterbrechen. „Was ist eigentlich mit Eurem Bein passiert?“
„Meinem Bein?“ Der Seneschall starrte ihn verständnislos an und sah dann auf den dicken Eichenknüppel hinab, auf den er sich stützte. „Ach das. Julia und ich stießen auf Dämonen, die sich im Südflügel versteckt hatten. Aber keine Sorge, die sind längst erledigt.“
Er beließ es dabei, und Rupert beschloss, nicht nach Einzelheiten zu fragen. Er glaubte nicht, dass er es wirklich wissen wollte.
„Ich hatte noch nicht mal Zeit, meinen Großvater zu begrüßen“, grummelte der Seneschall weiter. „Nicht, dass wir einander viel zu sagen hätten, aber immerhin.“
„Euren Großvater?“, fragte Rupert.
„Der Erzmagier“, sagte der Seneschall. „Muss zwanzig Jahre her sein, seit ich ihn zum letzten Mal sah.“
Rupert hörte Schritte hinter sich und blickte sich gerade rechtzeitig um, um Harald und den König die Halle betreten zu sehen. Der Seneschall schnaubte wütend und drehte ihnen allen betont den Rücken zu. Rupert und König John wechselten einen wissenden Blick.
„Hat Euch jemand gekränkt, Seneschall?“, fragte der König höflich.
„Ha!“, sagte der Seneschall.
„Rupert“, fragte König John, „warum ist der Seneschall beleidigt?“
„Ich bin nicht beleidigt!“
„Worauf warten wir dann?“, erkundigte sich Harald. „Der Südflügel wartet.“
„Augenblick!“, unterbrach ihn Rupert. „Nur wir? Ohne Schutzwachen, ohne Eskorte? Nach den Worten des Seneschalls ist der Südflügel gefährlich.“
„Du kannst ja hier bleiben, wenn du Angst hast“, entgegnete Harald.
„Ich dachte eher an die Sicherheit des Königs“, antwortete Rupert.
„Natürlich, was sonst?“, lästerte Harald.
„Jetzt reicht es!“, sagte König John scharf. „Wir verzichten auf Wachen, weil der Hofstaat eingriffe, wenn er die leiseste Ahnung von unserem Vorhaben hätte, und wir keine Zeit mehr haben, eine Rebellion niederzuschlagen.“
„Was geschieht, wenn wir mit den Schwertern zurückkommen?“, fragte Rupert. „Den Höflingen wird es nicht gefallen, dass wir sie über unsere Idee im Unklaren gelassen haben.“
„Das könnt Ihr laut sagen“, murmelte der Seneschall.
„Nun fangt nicht wieder von vorn an, Seneschall“, sagte der König mit fester Stimme. „Ihr hattet Euch bereit erklärt, uns zu helfen.“
„Außerdem“, fügte Harald hinzu, „kann uns
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