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Das Regenmaedchen

Das Regenmaedchen

Titel: Das Regenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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an seinen Lippen herum.
    »Aber gut, vergessen wir Ihre Frau. Zurück zu Ihnen. Woher
kamen Sie? Was haben Sie um diese Zeit auf der Autobahn gemacht?«
    Er schwieg, verschränkte die Arme vor der Brust, starrte
feindselig an ihr vorbei. »Herr Bohrmann?«
    Sie spürte vage seine Verzweiflung. Tut mir leid, dachte
sie, nicht zu ändern, jetzt bist du nun mal in meinen Fängen gelandet.
    Er seufzte, es klang wie ein Schluchzen. »Also gut«, sagte
er. »Scheiße gelaufen! Ich war bei ... meiner Freundin, dreißig Kilometer von
hier. Wie Sie sich sicherlich denken können, weiß meine Frau nichts davon.«
Franza pfiff leise durch die Zähne. Wirklich! Immer das Gleiche. »Was haben Sie
Ihrer Frau denn erzählt?«
    Er schluckte. »Kongress. Hamburg. Freitag bis heute. Wir
wollten ein einziges Mal ein paar Tage für uns haben, nicht immer nur zwei,
drei Stunden.«
    »Tja«, sagte Franza, »das ist wirklich dumm gelaufen. Da
werden Sie sich einiges überlegen müssen.«
    Ein Damm war gebrochen, er wollte jetzt reden, ergriff
Franzas Hand. Sie entzog sie ihm.
    »Hören Sie, Sie müssen mir helfen. Sie glaubt, dass ich
aus München komme, vom Flughafen. Sie sitzt zu Hause und wartet. Ich sollte
schon vor zwei Stunden da sein.«
    Franza riss die Augen auf. »Vor zwei Stunden? Und Sie
haben sich noch nicht bei ihr gemeldet? Lassen sie einfach warten? Sie wird
sich Sorgen machen! Sie wird nachgefragt haben! Sie wird längst wissen, dass
Sie gar nicht im Flieger waren!«
    »Sie hat mich angerufen. Schon mehrere Male.«
    »Und?«
    »Ich habe nicht abgenommen.«
    Er schaute sie hilfesuchend an. »Was soll ich tun?«
    Sie schüttelte den Kopf und lachte kurz auf. »Das fragen
Sie mich? Woher soll ich das wissen? Das hätten Sie sich früher überlegen
sollen.« Er wurde wieder wütend. »Wer kann mit so was rechnen? Ha?! So eine
Scheiße passiert doch normalerweise nur im Film!«
    »Glauben Sie?«, fragte Franza und dachte an Port und
seinen bizarren Plan, mit dem Regisseur des nächsten Stückes zu schlafen, um an
die Hauptrolle zu kommen. Das passierte
normalerweise nur im Film.
    »Sagen Sie ihr die Wahrheit«, sagte sie und wandte sich
zum Gehen.
    Er war verzweifelt. Alles um ihn herum brach zusammen.
»Das geht nicht!«, sagte er. »Das geht einfach nicht.«
    »Die Wahrheit geht immer«, sagte sie und wusste, das war
kompletter Quatsch. Sie nickte ihm zu, ließ ihn stehen, drehte sich noch einmal
um. »Sie können übrigens jetzt nach Hause. Die Kollegen werden sich um Sie
kümmern. Aber halten Sie sich zu unserer Verfügung. Kann sein, dass wir Sie
noch mal brauchen.«
    Er stand und schaute sie an mit offenem Mund und hängenden
Schultern und wusste nichts mehr zu sagen. Aber dann raffte er sich noch einmal
auf. »Blöde Kuh!«, schrie er. »Die Wahrheit! Blöde Kuh! Steck dir deine
Wahrheit sonst wohin!«
    Sie fand es nicht der Mühe wert, sich umzudrehen. Die
Kollegen, wie gesagt, würden sich um ihn kümmern. Armer Teufel. Falsche Zeit,
falscher Ort. Während sie langsam zu Herz hinüberging, dachte sie an Port und
den Regisseur, den sie von einem Foto her kannte, und an Max und daran, dass er
misstrauisch geworden war und Herz verdächtigte. Dann kam ihr das Mädchen
wieder in den Sinn, ihre Augen, Haselnüsse, braun.
     
    Wie die durchscheinenden Gespinste der Löwenzahndolden in
ihrer Kindheit durch die Luft geflogen waren! Unstet und leicht, flaumiges
Gekräuse, zogen sie zur Sonne. Alles Blühen verpuffte in diesen Augenblicken,
alles Glänzen verglomm und huschte den Löwenzähnen hinterher, den weißen
Gestänglein, die das Licht ein wenig trübten, ein wenig brachen, und Marie
blinzelte und musste niesen, immer, weil sie ihre Augen so lange nicht von der
Sonne wenden konnte. »Was musst du verrückt gewesen sein«, sagte Ben und hielt
ihr einen Lavendelzweig unter die Nase. Er stank nach Lavendel, was sie nicht überraschte,
und sie schlug ihn ihm aus der Hand, erhob sich und ging in ihr Himmelreich.
    Was für ein komischer Traum, dachte Ben im Traum. Er
spürte seine Blase und wurde endgültig wach.
     
    »Also«, sagte Herz, »was haben wir?«
    Sie standen auf dem etwa hundert Meter von der Unfallstelle
entfernten Rastplatz und schauten sich um. Dr. Borger, der Rechtsmediziner, und
die Spurensicherer hatten ihre Arbeit vorerst getan und waren auf dem Weg
zurück in die Stadt. Auch das Mädchen war fortgebracht worden. Sie hatten es in
einen grauen Metallsarg gelegt, sie hatten es behutsam getan. Es wurde

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