Das Regenwaldkomplott
besaß sogar einen Kleiderschrank und ein altes Sofa mit Kunstlederbezug, auf dem man bei der feuchten Gluthitze immer kleben blieb, zwei Korbsessel und einen batteriebetriebenen, kleinen Fernseher. Als Rausschmeißer der Disko verdiente er gut und handelte nebenbei auch noch mit Marihuana, das er sich mit Goldstaub bezahlen ließ. In fünf bis sieben Jahren hoffte er, so viel zusammenzuhaben, um in Manaus eine eigene Bar aufmachen zu können. Er dachte dabei an ein Kombi-Unternehmen, unten Bar, oben Puff. Ein seriöser, exklusiver Betrieb, keine Massenware, sondern höchstens sechs ausgewählte Mädchen, bei denen die wohlhabenden Männer nicht ihre Dollars zählten.
Bento traf Vasco an, als er gerade aus dem Bett kam und zu einer der Duschen wollte. Er war nackt, ein brauner Muskelberg, und hatte ein Handtuch um die Schultern gelegt. Er winkte mit beiden Händen ab, als er Bento auf dem Gang sah.
»Ich weiß nichts!« sagte er mit seiner dröhnenden Stimme. »Und was ich weiß, habe ich Sergento Moaco gesagt.«
»Dann wiederholst du es noch mal bei mir.« Bento zeigte auf die offene Wohnungstür. »In deinem Zimmer.«
»Ich muß unter die Dusche, Benjamim.«
»Ob du zehn Minuten länger stinkst, macht nichts aus.«
Brummend drehte sich Vasco um und trottete in sein Zimmer zurück. Bento schloß hinter ihnen die Tür. Vasco setzte sich auf sein Sofa und legte das Handtuch über seine Blöße.
»Frag schon«, sagte er. »Es kommt nicht viel dabei heraus.«
Bento hockte sich auf die Tischkante. »Du hast gesagt, daß Leonor –«
»Geh vom Tisch runter. Ich will nachher daran frühstücken.«
Bento wechselte den Platz und setzte sich in einen der Korbsessel.
»Leonor, sagst du, war fröhlich und lustig, als sie mit den beiden Kerlen abzog?«
»Ja. Sie machte nicht den Eindruck, daß sie gewaltsam weggeschleppt würde.«
»Sah sie aus, als wenn sie K.-o.-Tropfen bekommen hätte?«
»Nein. Bei K.-o.-Tropfen bist du weg, besinnungslos, eben k.o.«
»Erzähl mir genau, wie sie war.«
»Benjamim, ich habe Leonor noch nie so gesehen. Sie tanzte zwischen den zwei Schuften auf der Straße. Ich habe noch gedacht: Die hat aber heute einen zuviel geschluckt. Wenn das die Helena sehen würde!«
»Leonor trank nie Alkohol. Wie sahen die Männer aus?«
»Wie schon? Garimpeiros. Im Feierabend-Look. Jeans, breiter Gürtel mit 'ner Pistole im Halfter, offenes Hemd, krauses Haar, einer trug einen goldenen Ring im rechten Ohr.«
»Das ist schon ein Hinweis!«
»Hier tragen tausend einen Ring im Ohr, das weißt du genau. Du suchst sie, was?«
»Natürlich.«
»Von Moaco weiß ich, was passiert ist. Eine Sauerei. Muß schrecklich ausgesehen haben. Ich sag dir: Wenn ich einen dieser Kerle erwischen würde, ich schnitt ihm den Schwanz ab.«
»Zuwenig, Vasco«, sagte Bento ganz ruhig. »Du sagst, du hättest sie noch nie in der Disko gesehen.«
»Ja.«
»Dann sind sie also neu in Novo Lapuna.«
»Kann sein. Aber nicht alle fünfzigtausend ziehen durch die Disko. Stell dir das mal vor! Viele sparen ihr Geld und fliegen dann für zwei Tage nach Boa Vista oder Surucucu, um sich auszutoben. Sie können schon lange hier sein, und ich kenne sie nicht.«
»Ich werde die Meldeliste der letzten Wochen durchgehen.«
»Du mit deiner dämlichen Meldeliste. Tausende sind illegal hier und arbeiten auf eigene Rechnung und zahlen an Emilio Carmona ihr Schutzgeld. Da kommst du nicht ran, oder willst du es mit der Mafia aufnehmen?«
»Ich werde mit Carmona sprechen. Auch er wird diese Tat verabscheuen.«
»Aber er wird deswegen keinen an dich ausliefern.«
»Warum nicht? Für ihn wäre es ein Geschäft. Wenn die beiden auf eigene Rechnung arbeiten, kann er später ihre Claims für das Syndikat kassieren. Oder für sich selbst. Das wird er sich überlegen.«
Vasco hob die breiten Schultern. »Du nimmst an, daß die Claims frei werden«, fragte er vorsichtig.
»Ja.« Das klang klar, nüchtern und tödlich. Vasco nickte mehrmals.
»So wird's werden. Aber ich glaube nicht, daß du die beiden in die Hände bekommst.«
»Vielleicht habe ich Glück, Vasco.«
»Das wäre nötig. Sergento Moaco meint, die kriegen wir nie. Auch wenn Leonor sie genau beschreiben kann, such sie mal unter fünfzigtausend. Und nach der Beschreibung, die sie geben kann, laufen hier Tausende Garimpeiros herum. Ich sag dir ja: Jeans, Hemd, breiter Gürtel, Pistole im Halfter, Ring im Ohr, krause schwarze Haare – so sehen sie nach der Arbeit fast alle
Weitere Kostenlose Bücher