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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und ihn aus ihrem Bett holen sollte. Doch dann überwand er seine Bedenken, vor allem, als er Bento mit Leonor auf den Armen in die Ambulanz kommen und ihn sagen hörte: »Wir legen sie auf den Tisch.«
    Luise und Tom schliefen noch, sich so fest umarmend, wie sie eingeschlafen waren. Als Luigi mit der Faust gegen die Tür hämmerte, fuhren sie beide schlaftrunken hoch.
    »Doktor!« rief Luigi vor der Tür. »Doktor! Sind Sie da? Ein Notfall! Verzeihen Sie bitte, aber es ist wirklich dringend.«
    Thomas sprang aus dem Bett, streifte Hemd und Hose über und riß die Tür auf. Luise verschwand rasch in der Duschkabine.
    »Was ist los?« fragte Thomas. »Was für ein Notfall? Wieder eine Schießerei im Camp?«
    »Nein. Ein Mädchen, Leonor. Die Tochter von Helena aus dem Drugstore. Sie scheint schwer verletzt zu sein.«
    »Unfall?«
    »Ich weiß es nicht. Ihr Kleid ist völlig zerfetzt.«
    In der Ambulanz lag Leonor auf dem Untersuchungstisch, mit geschlossenen Augen. Helena beugte sich über sie und rief ihr leise zärtliche Worte zu. Bento lehnte an der Wand. Schwester Lucia legte Verbandszeug heraus.
    »Wir bitten um Verzeihung«, sagte Bento dumpf, als Thomas eintrat. »Wir haben sie nicht gewaschen. Sie sollen sehen, was mit ihr passiert ist. Sie sind mein Zeuge, wie man sie zugerichtet hat.« Er machte eine kleine Verbeugung. »Ich bin Benjamim Bento, wie man sagt: der Bürgermeister von Novo Lapuna, das ist Helena Batalha und auf dem Tisch ihre Tochter Leonor.«
    Mit einem Blick sah Thomas, was Leonor geschehen war. Noch bevor er sie untersuchte, sagten ihm die Bißwunden und die Striemen am ganzen Körper genug.
    »Ziehen Sie sie aus, Schwester Lucia«, sagte er.
    Vorsichtig schnitt Lucia mit einer Schere das zerfetzte Kleid auf. Mit Hilfe von Helena zog sie den Stoff unter Leonors Körper hervor. Ein heftiges Zucken durchlief das Mädchen.
    Thomas wusch sich die Hände und trat an den Tisch. Er beugte sich über Leonor und strich ihr die blutverklebten Haare aus dem Gesicht. Sie öffnete die Augen, starrte ihn an und sagte ganz leise: »Fassen Sie mich nicht an … bitte … ich will sterben.«
    »Wir werden Ihnen helfen. Haben Sie keine Angst. Ich werde Sie jetzt behandeln, Sie werden keine Schmerzen mehr haben. Glauben Sie mir –«
    Er trat vom Tisch zurück, winkte Schwester Lucia, die ihn auch ohne Worte sofort verstand und eine große Schüssel warmes Wasser holte. Thomas ging zu Bento, und Helena und legte beiden seine Hände auf die Schulter.
    »Bitte, gehen Sie jetzt hinaus«, sagte er.
    Bento schüttelte den Kopf. »Nein! Wir bleiben.«
    »Man hat sie auf brutalste Weise verletzt. Ich muß sie nähen.«
    »Das können Sie auch, wenn wir hier stehenbleiben. Wir sind ganz still, wir stören nicht, aber ich will es sehen. Ich will alles sehen. Ich muß es sehen für später –«
    »Was meinen Sie mit später, Bento?«
    »Das werden Sie nicht verstehen, Doktor. Sie kommen aus einer anderen Welt. Sprechen wir nicht mehr darüber. Wir bleiben hier.«
    Thomas sah ein, daß es zwecklos war, mit Bento einen Streit anzufangen. Nun kam auch noch Luise in die Ambulanz, warf einen Blick auf die nackte, zerschundene Leonor und sagte nur entsetzt: »Mein Gott, das ist ja furchtbar!«
    Ohne weiter zu fragen, trat sie an das Waschbecken, wusch sich die Hände und half Schwester Lucia, das Blut von Leonors Körper zu waschen. Erst, als sie damit fertig waren, erkannten sie das ganze Ausmaß der Mißhandlungen. Thomas beugte sich wieder über Leonor. Ihr Gesicht war eingefallen und verkrampft.
    »Ich gebe Ihnen jetzt eine Spritze«, sagte er. »Danach werden Sie einschlafen und nichts mehr spüren. Und wenn Sie wieder aufwachen, ist das Schlimmste überstanden.«
    Während Luigi die Narkoseinjektion aufzog, bereitete Schwester Lucia alles für die Operation vor. Thomas ging auf Helena zu.
    »Wollen nicht wenigstens Sie hinausgehen?« fragte er.
    »Nein. Ich bin die Mutter.« Helena faltete die Hände. »Ich werde beten … für Sie und mein Kind.«
    Es waren sechs Nähte nötig, um den Riß an der Vagina und dem Damm zu schließen. Dann desinfizierten Thomas und Schwester Lucia die Bißwunden an den Brüsten, die Striemen auf dem Rücken und auf den Schenkeln, strichen dünn eine Antibiotikasalbe auf die Wunden und verklebten sie mit Pflaster.
    Es war still im Raum, niemand sagte ein Wort, nur Helenas Murmeln durchbrach die Stille. Sie betete die ganze Zeit hindurch, bis Luigi die fahrbare Trage holte, Leonor vom Tisch

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