Das Regenwaldkomplott
aus.«
»Ich habe Zeit.« Bento erhob sich aus dem Korbsessel. »Ich werde um einen Zufall beten.« Er ging zur Tür und stieß sie auf. »Stell dich jetzt unter die Dusche, Vasco. Du stinkst wirklich wie ein Skunk.«
»Nicht mehr als du!« brüllte Vasco, aber er lachte dabei.
Der nächste Weg führte Bento zu dem Mafia-Statthalter Emilio Carmona.
Carmona wohnte etwas vornehmer als die Garimpeiros, die für sein Syndikat schufteten. Er gönnte sich ein Steinhaus, weißgestrichen, außerhalb von Novo Lapuna, mit zwei scharfen deutschen Schäferhunden.
Benjamim Bento, obwohl von der Konkurrenz des Konzerns Assis, brauchte vor dem Tor nicht zu warten. Die elektrisch betriebenen Flügel öffneten sich, ein Wächter mit Hund ließ den Landrover passieren, und vor dem weißen Haus erwartete ihn ein anderer Pistoleiro und grüßte freundlich. Wer kannte Bento nicht?!
Emilio Carmona erwartete Bento in der Vorhalle. Sie war nicht groß, aber mit Marmor ausgekleidet – ein unvorstellbarer Luxus in dieser Gegend.
»Welch seltener Besuch!« rief Carmona enthusiastisch und gab Bento beide Hände zum Gruß. »Warum sehen wir uns eigentlich so selten? Komm, Benjamim, gehen wir in mein Arbeitszimmer und trinken dort, worauf du Lust hast. Du kannst dir alles wünschen! Um diese Zeit trinke ich zur Anregung des Kreislaufs ein Glas Champagner. Machst du mit?«
»Gern. Danke, Emilio.«
Sie gingen in Carmonas Arbeitszimmer. Auf dem riesigen Schreibtisch standen eine große Telefonanlage, ein Computer und ein Bildschirm für die TV-Kameras, die jede Ecke des Grundstückes überwachten. Auf Knopfdruck konnte Carmona jeden Winkel kontrollieren.
Als sei alles schon vorbereitet gewesen, brachte ein Leibwächter ein Tablett mit zwei Sektgläsern, einem silbernen Kühler mit einer Flasche Champagner und einer Schale mit Erdbeeren. Bento und Carmona setzten sich gegenüber in einen mit Seide bezogenen Sessel, und Carmona füllte die Gläser.
Nachdem sie sich zugeprostet und den ersten Schluck getrunken hatten, sah Emilio seinen Gast nachdenklich an.
»Was führt dich zu mir?« fragte er. »Es muß ein wichtiger Grund sein. Laß hören.«
»Es geht um die Tochter meiner Freundin.«
»Will sie im Puff arbeiten?«
Bento verzichtete auf eine Antwort. Natürlich unterstand auch der Puff von Novo Lapuna der Mafia. Carmona überwachte auch ihn und ließ jede Woche abkassieren. Bordell und Glücksspiel sind einer der Grundpfeiler der Mafia.
»Du hast noch nicht gehört, was passiert ist?« fragte Bento.
»Nein.«
»Gestern nacht hat man Leonor unter Rauschgift gesetzt und dann vergewaltigt. Zwei Garimpeiros waren es. Wie man annimmt, neu in der Stadt – und illegal! Sozusagen auf eigene Rechnung. Bei mir haben sie sich nicht gemeldet. Nun kam mir der Gedanke –«
»– daß sie unter meine Fittiche gekrochen sind.«
»Das ist meine große Hoffnung.«
»Und du erwartest, daß ich sie dir ausliefere, wenn sie mir bekannt werden?«
»Ja. Du hast Leonor nicht gesehen, wie sie zurückkam. Gepeitscht, zerbissen, auseinandergerissen. Hast du nicht auch eine Tochter, die so alt ist wie Leonor? Wenn jemand deine Tochter so bearbeiten würde wie Leonor, was würdest du tun, Emilio?«
Carmona schwieg und blickte vor sich auf den Schreibtisch. Lucia, dachte er. Geschändet und mißhandelt – was würde ich tun? Welch eine dumme Frage, Benjamim! Ich würde das Schwein jagen … es gäbe kein Entkommen.
»Hat man eine Beschreibung von den Kerlen?« fragte er.
»Eine ganz vage, sie trifft auf Tausende zu. Leonor würde die Männer wiedererkennen, aber wo suchen? Ich kann nicht fünfzigtausend Garimpeiros an ihr vorbeimarschieren lassen. Meine große Hoffnung bist du, Emilio. Sieh bitte nach, wer in den letzten drei Monaten neu bei dir angefangen hat.«
»Wenn sie auf eigene Rechnung arbeiten –«
»Emilio.« Bento lächelte, etwas verzerrt. »Spielen wir doch nicht Blindekuh miteinander. Auch die Selbständigen unterstehen deinem ›Schutz‹ oder wie man das nennt. Du kennst jeden Neuzugang. Hilf mir, denk an deine Tochter.«
»Ich gebe dir in zwei Tagen Bescheid. Dann sehen wir uns die Neuen an, mit Leonor.«
»Sie wird bis dahin noch nicht fähig sein zu gehen.«
»So schlimm?«
»Du kannst es dir nicht vorstellen. Ich werde Vasco mitnehmen.«
»Wer ist Vasco?«
»Der Türsteher von der Disko. Er hat die Kerle auch gesehen und könnte sie wiedererkennen. Könnte – er weiß selbst nicht, ob ihm das gelingt.«
»Versuchen wir
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