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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Lutzenberger einen guten Eindruck zu machen – unter dem plötzlichen Druck dieser neuen Welle wurde zum erstenmal nach 15 Monaten Verbannung über das Schicksal der Mission Santo Antônio verhandelt.
    Am 24. November 1988 sprach der Richter des Ersten Amtsgerichtes von Boa Vista das Urteil: Die Mission kann wieder eröffnet werden. Alle, die damals vertrieben wurden, dürfen wieder zurückkehren.
    Niemand um Pater Vincence brach in Jubel aus, als das Urteil bekanntgegeben wurde. Ja, alle durften wieder zurückkehren an den Rio Parima, aber welch eine Rückkehr war das. Pater Ernesto, Sofia und Marco Minho waren für immer im Regenwald verschwunden. Die Mission war geplündert, die Einrichtungen des Hospitals und des Labors von Luise waren verschwunden oder zerstört worden. Die Freude der Rückkehr aber wurde vor allem dadurch gemindert, daß die Militärpolizei bleiben konnte. Und Beja hatte es auf der Grundlage dieses Urteils durchgesetzt, daß eine Abteilung der FUNAI von jetzt an ein Haus in der Mission bezog, um – wie es heuchlerisch hieß – mit den Missionaren eng zusammenzuarbeiten zum Schutz der Yanomami und der Umwelt.
    »Wir dürfen also zurückkehren«, sagte Pater Vincence, als er das Urteil und die verschiedenen Verfügungen durchgelesen hatte. »Aber wir stehen unter Bewachung. Jeder Schritt von uns, jede Handlung, jedes Wort wird vom Militär und der FUNAI kontrolliert werden. Freiheit – davon kann keine Rede mehr sein. Aber auch das werden wir ertragen. Wir werden wieder arbeiten im Sinne Gottes. Wir haben vom Herrn einen Auftrag erhalten, wir werden ihn ausführen.«
    »Und ich werde wieder bei Tom sein«, fügte Luise mit leiser, zitternder Stimme hinzu.
    »1990 läuft dein Vertrag aus.«
    »Ich weiß. Aber ich gehe nicht weg. Ich werde für immer bei Tom bleiben. Vincence, irgendwie werde ich mich auf der Mission nützlich machen können. Ich kann arbeiten, das weißt du.«
    »Laß uns erst wieder in Santo Antônio sein, dann wird sich alles finden.« Pater Vincence legte den Arm um Luise und küßte sie auf die Stirn. »Die Liebe kommt von Gott. Er wird bei dir sein und dir helfen.«
    Am 27. November 1988 flogen die Mitglieder der Mission aus ihrem Exil zurück nach Santo Antônio. Sie landeten auf der neuen, langen, breiten Piste, in deren Nähe die Militärbaracken standen.
    »Die Mission ist eine Aufmarschbasis geworden«, stellte Vincence mit bebender Stimme fest. »Jetzt können auch große Maschinen landen. Wir sind nur noch der Verschiebebahnhof einer großen Eroberung. Wir müssen zusehen, wie ein Volk und ein Land sterben und werden hier bald eine Wüste vor uns haben.«
    Als ihr Flugzeug dann zum großen Platz vor der Mission rollte, standen Tenente Ribateio und Sergento Moaco am Fallreep und lachten und grüßten und umarmten die Ankömmlinge, als seien es Schwester und Brüder, die man nach langen Jahren wiedersieht.
    »Wir haben alle Räume geputzt!« berichtete Ribateio stolz. »Vieles ist verschwunden, aber man wird es ersetzen. Ich weiß, im Urteil steht, alle Sachen müssen zurückgegeben werden – aber wer hat sie? Gestern sind wenigstens die Betten und einige Schränke angekommen, Stühle und Tische in der Mission sind noch die alten. Ich bin froh, Pater Vincence, daß Sie zurückgekommen sind.«
    Luigi hatte wieder als einziges Gepäck die kleine Glocke mitgebracht. Sofort kletterte er auf das Dach des Missionsgebäudes und hängte die Glocke in den kleinen Turm. Das Zugseil war noch vorhanden und hing am Querbalken.
    »Wir können wieder läuten, Pater!« rief er vom Dach herab.
    »Und das werde ich jetzt!« sagte Vincence. »Die Stimme der Glocke soll allen sagen: Wir sind wieder hier. Die Arbeit geht weiter. Wir rufen euch: Macht mit!«
    Pater Vincence, der jetzt Jeans und ein über der Brust offenes Baumwollhemd trug und alles andere hätte sein können als ein Priester, lief hinüber zum Missionsgebäude und in den Betsaal, an dessen Wand das Glockenseil pendelte.
    Die Schwestern Lucia und Margarida sahen ihm nach. Sie trugen wieder ihre Schwesterntracht und standen eng beieinander, als müsse die eine die andere schützen.
    »Ich darf nicht an die drei Tage denken, die ich hier allein war«, sagte Margarida und blickte hinüber zu den Militärbaracken. »Ich darf nicht daran denken. Sonst flüchte ich wieder mit dem nächsten Flugzeug.«
    Luises erster Gang führte sie zur Rückseite des Hospitals, zum Grab von Thomas Binder. In dem Augenblick, wo sie es erreicht

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