Das Reich der Dunkelheit
Pest. Die Alchemie ist die schrecklichste Krankheit, an der die Menschen jemals gelitten haben! Eine Erfindung des Teufels! Wir müssen sie ausrotten, damit wir in Ruhe weiterleben können.“
Skeptisch lauschte Alexander den Worten des Mönches. Er war ein gebildeter Mann und wusste Hexerei sehr wohl von Wissenschaft zu trennen, auch wenn er nicht in der Lage war, zwischen seinen Träumen und seinen Albträumen zu unterscheiden. Für ihn zählte allein das Gesicht jener Frau, die seine Sinne beherrschte. Einer unersättlichen Frau, die ihn zwang, fürchterliche Dinge zu tun, wie zum Beispiel seine Freunde zu verraten oder eine Königin zu verschleppen.
Tránsitos Herz dagegen war voller Hass. Er wollte nur eins: sich an seinem Bruder rächen, dem Alchemisten, der Unglück über ihn und Ambrosia gebracht hatte.
***
N ACH DER ÖFFENTLICHEN Bestattung brachten Arturo und Arquimaes die Leichen der beiden Frauen, die sie so sehr geliebt hatten, in den Keller des demoniquianischen Schlosses.
Angetan mit seiner prachtvollsten Rüstung und der silbernen Maske, kniete der blinde Ritter vor den offenen Särgen nieder.
Noch immer begriff er nicht, wie das Unglück hatte geschehen können, und das machte ihm Angst. Hielt das Schicksal noch weitere fürchterliche Überraschungen für ihn bereit?
Mit seinen geschärften Sinnen betrachtete er den Leichnam seiner Geliebten. Als er das Drachensymbol auf ihrer Stirn gewahrte, gab es ihm einen Stich ins Herz. Es war das zweite Mal, dass sie tot vor ihm lag.
Wir gewöhnen uns nie an den Tod, dachte er.
Arquimaes trat zu seinem Schüler und umarmte ihn mit unendlicher Zärtlichkeit.
„Es tut mir so leid, Arturo“, flüsterte der Alchemist.
Arturo richtete sich auf und sah Arquimaes an.
„Könnt Ihr sie nicht wiederbeleben? Könnt Ihr sie mir nicht zurückgeben, Vater?“
Der Weise zögerte, bevor er etwas sagte. Die Antwort fiel ihm schwer. Zweimal ein und dieselbe Person wiederzubeleben war so gut wie unmöglich.
„Ich bin mir nicht sicher“, antwortete er schließlich. „Wir haben dem Großen Drachen nichts mehr anzubieten.“
„Mein Leben!“ rief Arturo. „Bietet ihm mein Leben für das der beiden Frauen an!“
„Das ist das Einzige, was er nicht will“, sagte Arquimaes. „Er will, dass du lebst.“
„Aber ich kann ohne Alexia und ohne Émedi nicht leben!“, schrie Arturo auf. „Ohne sie ist mein Leben sinnlos!“
„Es tut mir leid, Arturo, es tut mir wirklich leid.“
„Was nützt uns dann die magische Formel, die Ihr gefunden habt und die so viele Menschen das Leben gekostet hat?“
„Sie hat dazu gedient, Alexia einmal ins Leben zurückzuholen“, erklärte der Alchemist. „Es hat keinen Zweck, sich darüber zu beklagen, dass es kein zweites Mal möglich ist.“
„Aber sie müssen zu uns zurückkehren …“
Nach einer Weile stand Arquimaes auf und sagte: „Vielleicht gibt es ja doch eine Möglichkeit. Arquitamius, mein alter Lehrer …“
„Arquitamius lebt noch?“, fragte Arturo, erstaunt über die Eröffnung seines Meisters.
„Manche sagen, er sei tot, aber andere versichern, dass er in ferne Länder ausgewandert sei …“
„Ich werde ihn finden!“, rief Arturo. „Wo immer er auch ist, ich werde ihn finden!“
„Er ist der Einzige, der einen Menschen zum zweiten Mal wiederbeleben kann“, sagte Arquimaes. „Ich weiß es.“
„Alexia! Émedi! Wir werden Arquitamius finden, damit er euch in diese Welt zurückholt! Und wenn es auch ihm nicht gelingt, werde ich mit euch zusammen in den Abgrund des Todes gehen, und wir werden uns nie mehr trennen. Das schwöre ich euch!“
Arquimaes legte die Hand auf sein Herz und fügte hinzu:
„Und ich werde euch hüten wie meinen kostbarsten Schatz. Ich werde bei euch bleiben, während Arturo seine Mission erfüllt. Auch ich gebe euch das Versprechen, mit euch in den Abgrund des Todes zu gehen, wenn es uns nicht gelingt, euch wiederzubeleben.“
Die ganze Nacht über hielten sie Totenwache und erinnerten sich an die vielen glücklichen Tage, die sie gemeinsam mit den beiden Frauen verbracht hatten.
Am nächsten Morgen, als die Sonne am Horizont aufging, waren ihre Herzen von tiefem Kummer erfüllt. Die Legende von Arturo Adragón hatte die dunkelste Färbung angenommen.
XXII
E IN A BENDESSEN ZU ZWEIT
I NSPEKTOR D EMETRIO HAT mich vorgeladen. Ich nehme an, dass ich wieder eine Aussage machen muss. Und wie immer werde ich ihm versichern, dass ich nichts weiß.
Heute Nachmittag
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