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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Wasserloch hauste, das vom Augenlosen Seher als See des Schicksals angepriesen worden
war?
Der Gedanke an den Tod schreckte Keandir nicht. Anders als in jenem Moment, als er den geflügelten Affen in hoffnungsloser Lage gegenübergestanden hatte, war das vorherrschende Gefühl nicht das Bedauern darüber, seine geliebte Ruwen nie wiederzusehen – ein anderes Gefühl
beherrschte ihn in diesen Momenten: Erleichterung. Die Tatsache, dass er so empfand, erschreckte ihn. Die Verheißung, die Ruwens Schwangerschaft bedeutete, erschien ihm auf einmal wie die lichte Seite eines tragischen Geschicks, dessen dunkle, fratzenhafte Doppelnatur ihm erst beim Blick in den See bewusst geworden war. Alles hatte seine zwei Seiten, und war er bisher der Überzeugung gewesen, den Weg in eine verheißungsvolle Zukunft zu folgen, so war er sich inzwischen seiner Sache schon längst nicht mehr sicher.
Die Erinnerung an das bleiche Antlitz unter der Kapuze drängte sich selbst in diesem Augenblick der Gefahr mit aller Macht in seine Gedanken, und die grausige Höllenfratze schien ihn zu verspotten.
Keandir wich erneut dem Vorstoß der Scheren aus. Nur die elbenhafte Geschmeidigkeit und Schnelligkeit seiner Bewegungen retteten ihm das Leben. Zum wiederholten Mal duckte sich Keandir, tauchte unter der Schere des monströsen Angreifers hinweg und stieß die Schwertspitze mit aller Kraft in die Lücke zwischen den Hornplatten, aus denen die dämonisch leuchtenden Augen auf ihn starrten.
Ein zischender Laut erklang.
Rote, blitzähnliche Funken tanzten über die Schwertklinge Trolltöters, erfassten Keandirs Arm und ließen von dort einen grausamen Schmerz durch seinen gesamten Körper fahren.
Keandir schrie auf und zog die Klinge zurück.
Er taumelte, strauchelte – und fiel in das dunkle Wasser des Schicksalssees. Eben hatte er noch mit dem Rücken an der Felswand gestanden, doch seine Gegenattacken hatten ihn zurück zum Seeufer gebracht. Ein scheußlicher Geruch ging von dem öligen Wasser aus. Der rechte Arm war wie betäubt. Keandir umklammerte den Schwertgriff.
Er wollte die Waffe hochreißen, um sich vor dem nächsten
Angriff des Ungeheuers zu schützen. Aber der Arm gehorchte
ihm nicht. Er schien nicht mehr Teil seines Körpers zu sein und fühlte sich wie abgestorben an.
Wie im Todeskampf krallten sich seine Finger noch um den bernsteinbesetzten Griff Trolltöters. Kurzerhand griff Keandir mit der Linken nach der Waffe und entwand sie seiner verkrampften Rechten. Er rappelte sich auf. Ein unbeschreiblicher Ekel überkam ihn, da die dunkle Brühe des Schicksalssees durch seine Kleider gedrungen war. Der Pesthauch des Todes und der Verderbnis haftete diesem Wasser an. Ein Odem, der mit Dingen verbunden war, die das Volk der Elben schon vor langer Zeit aus ihrem Leben verbannt hatten und vor denen sie sich vielleicht genau deshalb besonders fürchteten.
Der Krebs wich zurück. Keandir schien ihn schwer getroffen zu haben. Aus einer lippenlosen Öffnung mitten in dem Spalt zwischen den Panzerplatten troff eine Flüssigkeit, die schwarz wie das Wasser des Schicksalssees war, aber so zähflüssig wie Honig.
Keandir nahm an, dass es sich um das dunkle Blut des Monstrums handelte. Schwere Tropfen sanken in das Wasser des Sees und warfen Kreise. Strukturen entstanden, aus denen sich Gesichter bildeten, die höhnisch auflachten.
Keandir watete zurück ans Ufer. Die Taubheit seines rechten Arms ließ etwas nach, und er spürte ein schmerzhaftes Kribbeln von der Schulter bis in die Fingerspitzen. Willentlich bewegen ließ sich der Arm noch immer nicht. Schlaff hing er von der Schulter herab.
Keandir erreichte den schmalen steinigen Uferstreifen, der den See des Schicksals säumte. Der Krebs zog sich in tieferes Gewässer zurück, sodass zwei Drittel seines Körpers von der dunklen Brühe bedeckt waren.
Keandir schritt am Ufer entlang, Trolltöter in der Linken. Die meisten Elben waren mit der linken Hand ebenso geschickt
wie mit der rechten. Auch Keandir hatte schon mit der Linken das Schwert geführt, doch das waren nur Übungskämpfe gewesen.
Zum wiederholten Mal ließ er den Blick durch die Höhle schweifen. »Augenloser!«, rief er. »Wohin habt Ihr Euch verkrochen? Wart Ihr es nicht, der von der Furcht vor dem Schicksal faselte? Wer verkriecht sich denn nun vor lauter Furcht? Wer hat denn jetzt nicht den Mut, sich mir zu zeigen?«
Keine Antwort.
Keandirs Worte hallten zwischen den Felswänden wieder. Das Echo vermischte die Worte des

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