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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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bisherigen Reise hatte Keandir diesen Namen
oft genug verflucht, denn die Hoffnung war das Erste gewesen, was die Elben verloren hatten, seit ihnen in der Sargasso-See jegliche Orientierung abhanden gekommen war; seitdem wirkte das Aussprechen dieses Namens wie blanke Ironie.
Doch in diesem Augenblick war das alles fast vergessen. Keandir atmete tief durch. Nicht einmal der üble Geruch des dunklen Wassers konnte ihn noch wirklich stören.
»Kean!«, wisperte ihm von hinten eine Stimme zu, die sich trotz des allgemeinen Tumults an Deck deutlich von allen anderen unterschied. Es gab nur eine Person, die König Keandir bei diesem besonderen Namen nennen durfte – Ruwen, seine geliebte Frau.
Sie trat neben ihn und sah ihn an. Ihre helle Haut war makellos, das Gesicht so fein geschnitten und ebenmäßig, wie kein Bildhauer es hätte schaffen können. Das offene Haar fiel ihr bis weit über die schmalen Schultern. Keandir fühlte ihren Blick auf sich gerichtet. Für das immer deutlicher aus dem Nebel auftauchende Land schien sie kaum ein Auge zu haben.
»Ich muss dir etwas sagen, Kean.«
Ihre Blicke trafen sich, und Keandir bemerkte eine besondere Innigkeit in ihren Augen. Keandir legte die Arme um sie, und sie lehnte sich gegen ihn.
»So sprich«, forderte er sie zärtlich auf. Normalerweise pflegte ein elbischer König seine Gemahlin in der Höflichkeitsform anzusprechen; der gegenseitige Respekt gebot dies. Aber da auch Ruwen eine intimere Anredeform gewählt hatte, antwortete er ihr in der gleichen Weise. Das Glitzern ihrer Tränen, der verklärte Gesichtsausdruck und der besondere Klang, den ihre Stimme angenommen hatte, verrieten Keandir, dass ihre Seele nach einer sehr innigen Verbindung zu ihm suchte, nach großer Nähe, obwohl noch kein Wort über die Sache an sich verloren worden war. Wie oft
hatte Ruwen bei ihm Trost gegen die Schwermut gesucht, von der sie – wie viele andere ihres Volkes auch – gequält wurde.
Keandir erging es ähnlich, aber er fand, dass es mit den Pflichten eines Königs unvereinbar war, sich dieser Schwermut hinzugeben, und er versuchte daher, sie, so gut es ging, zu unterdrücken. Außerdem gab es viele Elben, denen es weitaus schlechter ging. Denn die Schwermut, die sie alle mehr oder weniger stark empfanden, war nichts im Vergleich zu dem Lebensüberdruss, jener nahezu unheilbaren Krankheit, die auf den Schiffen der Flotte immer mehr um sich griff und der mit der Zeit bereits so viele Elben zum Opfer gefallen waren…
»Gerade war ich bei der heilkundigen Nathranwen«, sagte Ruwen, und ihre Stimme nahm dabei einen zart vibrierenden Klang an, der den König besonders anrührte.
Er antwortete: »Auch sie vermag die Schwermut nicht zu heilen, von der wir alle befallen sind, seit wir Gefangene dieses windlosen Nebelmeers wurden.«
»Dies ist nichts weiter als eine düstere Stimmung und keine wirkliche Krankheit wie der verderbliche Lebensüberdruss«, ermahnte ihn Ruwen. Dann huschte ein sanftes Lächeln über ihre Lippen, und sie sagte: »Die Neuigkeit, die Nathranwen für mich – und auch für dich – hatte, wird deine Schwermut allerdings bestimmt vertreiben.«
Keandir sah sie an. »Von welcher Neuigkeit sprichst du?«
»Kean, ich bin schwanger. Wir erwarten ein Kind.« Schwangerschaften und Geburten waren unter den
langlebigen Elben selten und wurden daher als Zeichen besonderen Glücks gedeutet. So begriff Keandir, dass es Tränen der Freude und nicht der Schwermut waren, die er in den Augen seiner geliebten Ruwen sah.
Er drückte sie ergriffen an sich. Für einen Moment war er unfähig, etwas zu sagen.
»Es ist ein Symbol unserer Liebe«, flüsterte sie.
»Es ist auch ein Symbol der Hoffnung auf eine glückliche Zukunft für alle Elben«, sagte er. »Ich kann es noch immer kaum fassen…«
Eng umschlungen standen sie an der Reling der »Tharnawn«, und nie war König Keandir der Name seines Flaggschiffs passender erschienen als in diesem Moment. »Das Schicksal scheint den Elben tatsächlich wieder wohlgesonnen«, sagte er.
»Es kann kein Zufall sein, dass wir nach der langen Fahrt durchs Nebelmeer genau in dem Moment auf Land stoßen, in dem die heilkundige Nathranwen deine Schwangerschaft feststellt.«
»Ein Zeichen des Glücks«, flüsterte Ruwen.
»Hoffentlich nicht nur für uns, sondern für das ganze Volk der Elben.«
»Das persönliche Schicksal des Elbenkönigs ist mit dem seines Volkes untrennbar verwoben«, sagte Ruwen. »Mir ist bewusst, dass dieses Land dort vor uns

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