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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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irgendein verräterischer Ton? Eine Nuance, die vielleicht Aufschluss darüber gab, wie stark das Böse ihn noch beherrschte? Das Misstrauen ließ sich nicht einfach hinwegwischen. Branagorn sah ein, dass es nichts nützte, wenn er versuchte, diese Gedanken einfach aus seinem Geist zu verbannen.
Keandir hingegen war sehr erschrocken, als er erfuhr, was die
Ouroungour mit den Gefallenen beider Seiten getan hatten.
»Sie essen sowohl die sterblichen Überreste ihrer Feinde als auch ihre eigenen Krieger«, berichtete Prinz Sandrilas. »Es ist kaum zu fassen, dass diese Kreaturen einst die Schöpfer all der hohen Kunstwerke waren, die wir auf dieser Insel gesehen haben.«
Lirandil führte die Gruppe durch die labyrinthischen Gänge, auf denen Sandrilas’ Trupp ins Innere des Bergs gelangt war. Einmal trafen sie auf ein paar völlig verängstigte Ouroungour, die sie schnell in die Flucht schlagen konnten. Ihren tollkühnen Mut hatten die Affenartigen verloren. Vielleicht war das auf den Schrecken zurückzuführen, den viele von ihnen in der Halle des letzten Königs erlebt hatten. Oder sie waren auf eine sehr enge Weise mit dem Feuerbringer magisch verbunden gewesen, und dessen Tod hatte ihnen den Mut genommen und
sie in Verwirrung gestürzt. Niemand wusste es zu sagen, und nicht einmal der neugierige Thamandor hatte Lust, das genauer zu erforschen.
Keandir drängte zur Eile. Schließlich bestand die berechtigte Hoffnung, dass die Elbenflotte nun ohne Schwierigkeiten bis zur grünen Küste des Zwischenlands segeln konnte. Wer vermochte schon vorhersagen, ob sich das nicht in Kürze wieder ändern würde, wenn sich alte Flüche restituierten. Als Magiekundige wussten die Elben, dass dies bei allen Fluch- und Bannsprüchen durchaus möglich war.
»Ist denn schon entschieden, dass wir tatsächlich die zwischenländische Küste ansteuern und uns dort niederlassen?«, fragte Lirandil seinen König. Er konnte seine Verwunderung darüber kaum verhehlen. Derart wichtige Entscheidungen trafen die Elbenkönige niemals allein. Bei solchen Fragen war eine Zusammenkunft des Kronrats das Mindeste.
Keandir bemerkte den Blick Branagorns, der auf ihm ruhte und jede noch so feine Regung in seinem Gesicht zu registrieren schien. Der König erkannte, dass Branagorn ihm misstraute. Es würde schwer sein, ihn davon zu überzeugen, dass er – Keandir – wieder jener König war, zu dem er aufgeschaut hatte – zumal sich Keandir selbst in dieser Hinsicht nicht vollkommen sicher war.
»Es steht nur fest, dass wir diese Insel so schnell wie möglich verlassen und die Küste des Zwischenlands ansteuern werden«, antwortete er Lirandil. »Was dann geschieht, muss wohldurchdacht und ausführlich beraten werden.«
Er hatte sich längst entschieden, erkannte Branagorn. Es war des Königs Wille, dass die Zukunft der Elben auf dem neuen Kontinent lag. Er wollte das neue Reich an der grünen Küste – aber er war klug genug, diese Entscheidung nicht allein zu fällen.
    Offenbar, so dachte Branagorn, vertraute Konig Keandir darauf, class der Anblick dieses Landes auch die Skeptiker unter den Eiben iiberzeugen wiirde ...
13
RÁABOR
    Der Elbentrupp erreichte die Steintür in jenem Stollen, der den Rachen des zweigesichtigen Ouroungour-Kopfes bildete. Keandir sah im Durchlass auf der Ostseite den blauen Himmel, und Sandrilas bemerkte seinen Blick.
»Wollt Ihr das neue Eiland sehen?«, fragte er den König.
»Wir sind zwar in Eile, aber so viel Zeit können wir bestimmt erübrigen.«
Keandir wies in Richtung der östlichen Maulöffnung. »Ist es denn möglich, von dort aus die grüne Küste zu sehen?«
»Riecht Ihr das Zwischenland nicht bereits?«, fragte der Elbenprinz. »Hört Ihr nicht die Brandung an seinen Küsten, die sich mit den Stimmen unzähliger Vögel mischt?«
Ein verhaltenes Lächeln flog über Keandirs Gesicht. »Ja, Ihr habt recht, Prinz Sandrilas. Doch wusste ich nicht, dass Eure Sinne so empfindsam sind.«
»Das sind sie auch nicht. Zumindest nicht in jeder Hinsicht. Aber seit ich nur noch ein Auge habe, achte ich ganz besonders darauf, was meine übrigen Sinne mir mitteilen.«
»Das verstehe ich gut.« Keandir schloss die Augen und erinnerte sich der Visionen, die ihm durch den Augenlosen zuteil geworden waren. »Es ist nicht nötig, das ich mich jetzt vom Anblick des Zwischenlands verzaubern lasse«, sagte er, obwohl ihn dies schon gereizt hätte, doch die Zeit drängte.
»Ich habe bereits mehr von diesem Land gesehen als jeder

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