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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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die anderen Menschen? Willst du mir sagen, auch die könntest du davor bewahren, eines schrecklichen Todes durch die Schatten zu sterben?«
    »Wenn ich es meinem Vater sage.«
    Nun richtete sie sich wieder auf, nahm ihn an den Schultern und schüttelte ihn leicht. »Ragnar, wir haben Everon und Luvett erlebt. Und denk nur an den Überfall damals im Wald, wo du verletzt wurdest. Wie kannst du nur einem Rodhakan trauen?«
    Ragnar legte seine Hände auf ihre, warm und tröstend, aber trotzdem war etwas in seinem Blick, das ihr fremd war. »Wie bereits gesagt, nicht alle Rodhakan sind gleich. Vater hat mir sein Wort gegeben.«
    »Und wie bitte willst du dir sicher sein, dass er es hält? Was, wenn er dich nur benutzt?«
    Unwirsch machte sich Ragnar von ihr los. »Er hat mich nicht aufgehalten, als es mir misslang, einen Übergang zu öffnen. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht und wollte zuerst versuchen, dich zu befreien. Das hat er verstanden und mich ziehen lassen. Und ich habe ihm das Versprechen abgenommen, nur schlechte Menschen zu töten. Gleichgültig ob in Elvancor oder jenseits der Schwelle.«
    »Verdammt, Ragnar, und du willst entscheiden, wer es verdient hat und wer nicht?«, schrie sie ihn an.
    Die Köpfe der anderen drehten sich zu ihnen, deshalb beugte sich Ragnar zu ihr herunter. »Denkst du nicht, es gibt in unserer alten Welt genügend schlechte Menschen, ohne die der Rest der Menschheit besser dran wäre? Mörder, korrupte Politiker, Vergewaltiger. Die Rodhakan könnten die Welt sogar zu einem besseren Ort machen, wenn sie sich durch deren Tod stärken.«
    Für einen Moment rang Lena um Fassung. Sie schloss kurz die Augen und holte tief Luft. »Oma Gisela sagt immer, man ist, was man isst.« Als Ragnar stutzte, fuhr sie erklärend fort: »Wenn du dich von schlechten Dingen ernährst, wirst du selbst schlecht, krank und boshaft. Und letztendlich nähren sich die Rodhakan ja von der Lebenskraft anderer Menschen.«
    »Ach, sollen sie dann besser gute Menschen töten?«, fragte er herausfordernd.
    »Nein, verdammt!« Sie atmete scharf aus. »Aber soweit ich das mitbekommen habe, sind Rodhakan schlechte und boshafte Wesen. Mit ihnen sollte man sich nicht einlassen.«
    »Es gibt auch viele schlechte und boshafte Menschen. Soll ich mich deswegen mit dir nicht einlassen?«
    Was Ragnar von sich gab, entbehrte nicht einer gewissen Logik. Dennoch – wie sollte das Böse über das Böse richten, ohne sich selbst zum Schlechten zu wenden? Schließlich hob Lena hilflos die Hände. »Ragnar, ich weiß es nicht. Ich bin noch nicht lange genug in Elvancor, um entscheiden zu können, ob es so etwas wie gute Rodhakan geben kann. Aber ich habe ein verdammt mieses Gefühl bei dem, was du mir erzählt hast. Bitte versprich mir, nicht wieder zu versuchen, so einen Übergang zu schaffen, bevor du nicht mit Maredd oder einem der älteren Tuavinn gesprochen hast.«
    »Sie werden mir nicht glauben, mich am Ende sogar einsperren«, gab er zu bedenken.
    Und vielleicht liegen sie damit gar nicht so falsch ,dachte Lena. Laut sagte sie: »Nimm Maredd oder meinetwegen auch Etron oder Eryn mit, wenn du dich das nächste Mal mit deinem Vater triffst. Vielleicht können sie miteinander verhandeln.«
    »Du traust mir wohl nicht genügend Urteilsvermögen zu«, schnaubte er.
    »Doch … nur …« Sie nahm seine Hand in ihre und drückte sie fest. »Vielleicht wünschst du dir so sehr, deinen Vater wiederzuhaben, dass du etwas Wichtiges übersiehst.«
    »Und was bitte?«
    »Wenn er es wirklich ist, dann ist er zumindest nicht mehr derjenige, den du als Kind gekannt hast. Er hat viel Zeit hier in Elvancor verbracht, hat seinen Anam Cara verloren und ist sogar eine Schattenkreatur geworden. Kannst du ihm wirklich dein Vertrauen schenken?«
    An Ragnars Gesicht erkannte sie ganz genau, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Sosehr er sich auch um eine unbewegte Miene bemühte, sie sah, wie er blinzelte, seine Lippe zu zittern begann. Sie schlang ihre Arme um seine Hüften und drückte ihn fest an sich. »Bitte versprich mir, noch einmal ganz genau über alles nachzudenken. Wenn du Zweifel an den guten Absichten deines Vaters hast, dann unterdrück die nicht und verlass dich besser auf das Urteil von jemandem, der schon länger in Elvancor lebt.«
    Er erwiderte ihre Umarmung und flüsterte nach einer Weile: »Ich denke, du hast recht.«
    Nun hatte sie ein noch viel schlechteres Gefühl, ihn gehen zu lassen. »Ragnar, nimm Devera«, bat sie.

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