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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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den verhassten Knebel in den Mund schieben. Ihre Hände band er nur locker zusammen und nickte ihr schließlich zu.
    Kian nahm die Zügel ihres Pferdes, während Ruven voranritt. Stolz aufgerichtet trabte er auf die Wachen zu.
    »Die Gefangene soll ebenfalls in die Berge gebracht werden.«
    Lena bemühte sich, einen gebrochenen, ängstlichen Eindruck zu vermitteln, und hielt den Kopf gesenkt. Dennoch konnte sie den Wächter erkennen, wie er misstrauisch zu Ruven emporblickte. Ebenso wie seine sieben Gefährten war er mit Bogen und Lanze bewaffnet.
    »Die Opferung sollte erst in einigen Tagen stattfinden«, entgegnete der Wachhabende.
    Lena schluckte schwer, aber Ruven antwortete selbstsicher: »Die Fürsten haben den Ausbruch des Vulkans und den Schneefall als Zeichen der Götter gesehen, dass sie unser Opfer annehmen. Nun soll das Mädchen sogleich dem Tuavinn folgen.«
    Unruhig blickte der Wächter nach Erborg, so als würde dort die Antwort auf seine Zweifel liegen. Er fuhr sich über seinen Schnurrbart, machte aber keine Anstalten, den Weg freizugeben.
    »Ich bin Ruven, Wächter von Ceadd«, schnauzte ihn Kians Bruder an, sodass der Mann einen Schritt zurückwich. »Möchtest du dir den Zorn von Fürst Gobannitio zuziehen?«
    »Nein … aber … die Fürsten von Ceadd befinden sich noch gar nicht in der Stadt!«
    »Weil sie gegen die Tuavinn ziehen, du Narr!«, blaffte Ruven ihn an.
    Mit einem Hilfe suchenden Blick sah sich der Wächter zu den übrigen bewaffneten Kriegern um, doch auch die zuckten nur mit den Schultern. Als Ruven sein Pferd drohend auf ihn zutreten ließ, machte er eine Handbewegung, und die Wachen gaben den Weg frei.
    Kurz schloss Lena dankbar die Augen, ignorierte, wie die Männer sie neugierig anstarrten, und hoffte mit jedem Schritt, mit dem sie sich dem anderen Ende der Brücke näherten, dass ihr falsches Spiel nicht auffliegen würde.
    »Gelegentlich ist es gut, einen arroganten und herrschsüchtigen Bruder zu haben«, sagte Kian leise zu Ruven, als sie zu dritt nebeneinander herritten.
    Dieser drehte sich grinsend zu ihm. »Du könntest noch einiges von mir lernen.«
    Am jenseitigen Ende der Brücke gaben die Wachen sogleich den Weg frei. »Mögen die Götter unser Opfer annehmen!«, rief ihnen ein Krieger hinterher.
    »Du kannst dich selbst opfern, Blödmann«, knurrte Lena, nachdem sie sich ihrer Fesseln und des Knebels entledigt hatte.
    Solange sie noch in Sichtweite der Brücke waren, ritten sie in gemäßigtem Trab, doch sobald sie die ersten Ausläufer der Berge von Avarinn im Osten erreichten, spornten sie die Pferde zu einem raschen Galopp an. Genau wie Lena warf Kian ständig nervöse Blicke hinter sich. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis ihr Verschwinden aufflog. Beständig stieg das Gelände an, daher konnten sie die Pferde nicht die ganze Zeit in diesem hohen Tempo laufen lassen. Inzwischen lag der Schnee ungefähr fesselhoch, aber zumindest würde der Neuschnee ihre Spuren verdecken. Dampf stieg von den Pferdehälsen auf. Tiefer und tiefer drangen sie in die Bergwelt ein.
    »Wo treffen wir uns denn mit eurem Onkel?«, erkundigte sich Lena während der Rast an einem sprudelnden Bergbach, wo sie ihren Durst löschten. In ihren Händen hatte sie schon beinahe kein Gefühl mehr und wünschte sich sehnlichst Handschuhe. Während des Reitens hatte sie sich den Umhang um die Hände geschlungen, jetzt versuchte sie, ihre eisigen Finger unter den Achseln zu wärmen.
    »Es kann nicht mehr weit sein. Ureat ist gestern schon sehr bald aufgebrochen. Ruven sagte, er wisse, wo unser Onkel hinwollte.«
    »Aber weshalb sind wir nach Osten geflohen? Hätten wir nicht besser versuchen sollen, Aravyn und Targon zu treffen?«
    »Damit werden sie zuerst rechnen. Außerdem ist das Land im Westen viel übersichtlicher, besser bewacht, und …«, Kian lächelte zaghaft. »Ureat will sich nun endlich dem Bergvolk anschließen. Die Machenschaften der Fürsten gingen auch ihm eindeutig zu weit.«
    »Das freut mich für dich.«
    »Kommt jetzt, wir haben den Treffpunkt bald erreicht. Ein Stück bergauf müssten wir auf einen See stoßen, dort wollte Ureat auf uns warten«, rief Ruven ihnen zu.
    Seufzend stieg Lena in den Sattel, und bald stapften die Pferde erneut den Berg hinauf.
    Doch Schreie und Waffengeklirr ließen sie nach kurzer Zeit innehalten. Innerhalb von Augenblicken hielten Kian und Ruven ihre Waffen in den Händen. »Lena, bleib zurück.« Die beiden ritten Seite an Seite ein Stück

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