Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
Vom Netzwerk:
nicht einmal protestierte. Vage bekam sie mit, wie Ruven zu ihnen trat und sagte: »Da haben wir es mal wieder. Der Bruder macht es sich mit einem Mädchen gemütlich, während ich Wache halten muss.«
    Diesmal hatte das nicht verächtlich geklungen, sondern scherzhaft, und Lena musste schmunzeln. »Gemütlich sieht für mich eindeutig anders aus«, brummte sie, dann war sie auch schon eingeschlafen.
    Verdammt, ist das kalt ,war der erste Gedanke, der Lena beim Aufwachen durch den Kopf schoss. Sie lag auf der Seite, Kian war fort, seine Decke hatte er über sie gebreitet. Fahles Licht kündigte den Morgen an, und um sich aufzuwärmen, erhob sie sich und bewegte ihre steifen Glieder. Um sie herum schnarchten Männer, unter ihnen Ureat. Ruven und Kian konnte sie nicht entdecken. Über dem Feuer hing ein Kessel, in dem Wasser brodelte. Dampf stieg auf, und es roch nach irgendwelchen Kräutern. Lena füllte einen Becher und wärmte sich ihre kalten Finger daran. Nach und nach weckte der heiße Kräutersud auch ihre Lebensgeister. Einige Schritte von sich entfernt erblickte Lena eine Gestalt. Die Kapuze ins Gesicht gezogen, schaute sie den Abhang hinab. Als der Schnee unter Lenas Füßen knirschte, drehte sich die Gestalt um – es war Kian.
    »Du hättest noch schlafen können«, sagte er. Weiße Wolken bildeten sich, als er sprach, und in seinen Bartstoppeln hingen Eiskristalle. »Ruven und ich haben die Pferde schon gesattelt.«
    Die Reittiere standen angebunden an den Bäumen. Manch eines knabberte noch an einem Zweig herum oder rupfte das spärliche Gras unter dem Schnee.
    »Mir war kalt, ich konnte nicht mehr schlafen.«
    Bedauernd hob er seine Schultern und betrachtete ihren Becher.
    »Möchtest du auch?«
    »Sehr gern.«
    Sie reichte ihm den Becher, und er nahm ihn dankbar entgegen.
    »Wo ist Ruven jetzt?«
    »Hat sich dem Wachposten oben angeschlossen.« Kian deutete mit dem Zeigefinger in Richtung des Felsüberhanges.
    Lena nickte nur, versteckte ihre Hände unter dem Umhang, dann sah auch sie den Abhang hinab. »War alles ruhig?«
    »Ja, ich denke …«
    »Angriff!«, ertönte da ein Warnschrei von oberhalb des Felsgrats. Gleichzeitig rannten Kian und Lena ein Stück zur Seite und spähten den Hang hinauf. Dort wurde der Wachposten gerade von zwei Männern gleichzeitig angegriffen und auf die Kante zugetrieben. Mehr war nicht auszumachen, von Ruven keine Spur.
    »Bleib bei den Felsen!« Kian spurtete zu einem der Pferde und zog sich in den Sattel.
    Am Lagerplatz hatten sich die Männer sofort erhoben. Nach einem Moment der Verwirrung griffen auch sie zu den Waffen. Ureat kam auf Lena zugeeilt. »Diese Pfeile können wir entbehren.« Damit drückte er ihr einige mit weißen Federn bestückte Pfeile in die Hand und schnappte sich selbst ein Pferd.
    »Aber ich …« Lena brach ab, denn Ureat folgte bereits den anderen Männern, die den Berg hinaufgestürmt waren. Lena hörte Kampfschreie, Waffenklirren, rannte zum Lagerplatz und schnappte sich ihren Bogen. Sie spannte die Sehne, sah den Abhang hinauf. Im Augenblick konnte sie niemanden entdecken, also folgte sie den Hufspuren. Bald erkannte sie Männer, die auf einer Anhöhe gegeneinander kämpften, teils zu Pferd, teils am Boden. Sofort legte Lena einen Pfeil auf, zögerte dann jedoch. Sie war in Schussweite, befürchtete aber, in dem Gerangel einen der eigenen Leute zu treffen. Mit bewundernswerter Geschicklichkeit, die sein Alter Lügen strafte, drängte Ureat einen Mann zurück. Ein Stück oberhalb focht Kian zu Pferd gegen einen anderen Reiter. Mit einem geschickten Hieb streckte er seinen Widersacher nieder, riss sein Pferd herum und galoppierte in halsbrecherischem Tempo den Abhang hinunter, um einem Verbündeten zu helfen, der von zwei Angreifern aus dem Sattel gezerrt wurde. Doch plötzlich strauchelte Kians Pferd. Lena hielt die Luft an. Das Hinterteil des Braunen rutschte zur Seite und überschlug das Pferd sich mit Kian.
    »Kian!«, schrie sie.
    Schon stürmten zwei Feinde auf ihn zu, wollten seinen Sturz für sich nutzen. Lena atmete tief durch und zog den Bogen auf. Versuche, dich in dich selbst zu versenken, finde deine innere Stärke.
    »Verdammt noch mal, Eryn, wenn das hier so einfach wäre«, flüsterte sie, schloss einen Moment lang die Augen, dann ließ sie die Sehne los, beobachtete atemlos den Pfeil – doch dieser verfehlte sein Ziel. Zumindest ließ er die Angreifer kurz innehalten, und sie erkannte, dass auch Ruven seinem Bruder nun zu

Weitere Kostenlose Bücher