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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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»du kannst mögen, was du willst, aber ich habe kein Interesse an dir. Ist das klar?«
    Ihr forscher Tonfall irritierte ihn sichtlich, dann zog er spöttisch eine Augenbraue nach oben. »Du fühlst dich meinem Bruder verpflichtet, weil er dich gerettet hat.«
    »Nein, weder du noch dein Bruder interessieren mich.«
    »Nicht?« Nun klang Ruven entsetzt, und er stutzte, bevor er fragte: »Fühlst du dich zu Frauen hingezogen?«
    Vielleicht wäre es für sie das Einfachste gewesen, das zu bejahen, aber Lena schüttelte den Kopf.
    »Du kannst dir offenbar nicht vorstellen, dass jemand weder mit dir noch mit deinem Bruder …« Sie fuchtelte herum und suchte nach einer geeigneten Bezeichnung. »… na ja, eben unter die nächstbeste Decke kriechen will.«
    Ihre Offenheit schien ihn zu verwundern, aber kurz darauf hatte er schon wieder dieses unverschämte, wenn auch zugegebenermaßen attraktive Grinsen im Gesicht. »Wenn ein Mädchen meinen Bruder verschmäht, kann ich das verstehen. Er ist der schlechtere Krieger, langweilig, und er wurde von den Göttern mit einem weniger ansehnlichen Antlitz gesegnet als ich.«
    »Ich kann kaum glauben, jemanden gefunden zu haben, der noch eingebildeter als Kevin ist«, stöhnte Lena, genoss für einen Moment Ruvens Verwirrung, dann stieß sie ihn mit einem Finger vor die Brust. »Bild dir nicht so viel ein. Schönheit vergeht, das siehst du ja an Irba.«
    Damit ließ sie ihn stehen, wobei sie es tunlichst vermied, sich noch einmal umzudrehen.
    Zum Glück waren ihre Schuhe tatsächlich über Nacht getrocknet, nur das Leder fühlte sich hart und unbequem an. »Na toll, jetzt bekomme ich sicher Blasen«, knurrte sie.
    Prompt stand Irba nicht weit entfernt, tuschelte mit einer anderen Frau und warf ihr böse Blicke zu. Aber Lena ignorierte die beiden und atmete auf, als Kian auf sie zueilte.
    »Wo warst du? Ich habe dich gesucht.«
    »Ich habe mich umgezogen.« Mit einer Grimasse deutete sie auf ihre viel zu großen Kleider.
    Kian antwortete darauf lediglich mit einem Brummen, dann hielt er ihr einen hölzernen Tiegel und ein Stück Stoff hin. »Du solltest deine Stiefel fetten.«
    »Danke! Du bist der erste vernünftige Mensch, der mir heute begegnet«, seufzte sie, woraufhin sich Kians Stirn in Falten legte. Allerdings ging er nicht weiter darauf ein, denn in diesem Moment setzten sich die Wagen in Bewegung, und auch Kian und Lena schwangen sich auf eine der Ladeflächen. Zu Lenas Erleichterung befand sich Irba heute auf einem anderen Fuhrwerk, doch Ruven konnte es sich selbstverständlich nicht verkneifen, neben ihnen herzureiten. Absichtlich ließ er sein Pferd hierhin und dorthin tänzeln, es halb auf die Hinterbeine steigen, und dabei grinste er stets zu ihr hinüber.
    Die Arme vor der Brust verschränkt und mit düsterer Miene saß Kian neben Lena.
    »Ignorier ihn einfach«, riet sie flüsternd, »das ist die schlimmste Strafe für ihn.«
    Demonstrativ schloss sie die Augen, reagierte nicht, wenn Ruven sie ansprach, und tatsächlich preschte er irgendwann in einer Staubwolke davon.
    »War er schon immer so?«, wollte Lena wissen.
    »Nein.« Kian entspannte sich spürbar, streckte die Beine aus und lehnte seinen Kopf gegen die Wand des Wagens. »Als Kinder haben wir uns gut verstanden. Aber seitdem mein Onkel ihm in Aussicht gestellt hat, den Wachen von Ceadd beitreten zu können, hält er sich für den Größten.«
    »Würdest du denn auch gerne zu den Wachen gehen?«
    Für einen Moment schweiften Kians Augen nachdenklich über das weite Land – gerade überquerten sie eine von hüfthohem Gras bewachsene Ebene, durch die sich der Fluss schlängelte. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein.«
    Mehr fügte der junge Krieger nicht hinzu, und daher betrachtete nun auch Lena die Umgebung ein wenig eingehender. Im Augenblick entfernten sie sich weiter von den Bergen, reisten durch sanftes Hügelland. Ihr völlig unbekannte Insekten schwirrten umher, manche schillernd wie Libellen, doch mit deutlich größeren Flügeln. Schwärme von Vögeln jagten über den Himmel, viele von ihnen trugen ein Federkleid, dessen Farbenpracht Lena überwältigte. So staunte sie über taubengroße Vögel mit leuchtend grünen Flügeln, die sie zunächst in einem der gleichfarbigen Büsche gar nicht wahrgenommen hatte. Im ersten Schreckmoment hatte sie gar gedacht, der gesamte Busch würde davonflattern, aber dann stoben die Tiere nur so auseinander und ließen Lena fasziniert zurück. Herden schneeweißer

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