Das Reich der Sieben Städte
vom Wüstenwind gepackt und seewärts getrieben wurden.
In ihren Betten abgeschlachtet? Schlagartig hatte diese Möglichkeit etwas sehr Reales. Er ritt auf die Unterkünfte zu. Und während die aufgehende Sonne die ersten Schatten warf, brannte Hissar zu seiner Rechten noch immer. Tragbalken gaben nach, Lehmziegelwände stürzten ein, Steine barsten mit lautem Knall in der glühenden Hitze. Rauch bedeckte die Szenerie wie ein tödliches, bitteres Tuch. Dann und wann ertönte irgendwo weit entfernt, im Herzen der Stadt, ein Schrei. Es war klar, dass sich die zerstörerische Wildheit des Aufstands mittlerweile gegen sich selbst richtete. Die Rebellen hatten die Freiheit errungen, doch sie hatten einen hohen Preis dafür bezahlt.
Festgetrampelte Erde zeigte ihm, dass er die Stelle erreicht hatte, wo das Händler-Lager gewesen war – der Ort, an dem er und Sormo, der Hexenmeister, Zeugen der Weissagung geworden waren. Das Lager war in größter Eile aufgegeben worden, möglicherweise erst vor wenigen Stunden. Eine Meute von Hunden aus der Stadt wühlte in den Abfällen, die zurückgelassen worden waren.
Gegenüber, auf der anderen Seite der Falad'han-Straße, erhob sich die befestigte Mauer des malazanischen Lagers. Duiker zügelte sein Pferd, ließ es zunächst im Schritt weitergehen, bis er es schließlich zum Halten brachte. Auf den Teilstücken der Mauer, die noch aufrecht standen, waren die gekalkten Steine mit schwarzen Streifen verschmiert. Zauberei hatte die Mauer an vier Stellen innerhalb seines Blickfelds zerschmettert, wobei jede der Breschen so breit war, dass eine Phalanx hätte hindurchmarschieren können. In den Breschen lagen Leichen zwischen den eingestürzten Felsblöcken. Nicht eine einzige trug eine vollständige Rüstung, und die Waffen, die Duiker überall herumliegen sah, reichten von alten Piken bis zu den Hackmessern eines Schlachters.
Die Siebte hatte tapfer gekämpft, sich in jeder Bresche den Angreifern entgegengestellt und sie – trotz der magischen Gewalten, die auf sie niedergeprasselt waren – zu Dutzenden niedergehauen. Niemand war nachts im Schlaf überrascht worden. Der Historiker konnte spüren, wie sich in seinem Innern ein erstes zartes Hoffnungsfünkchen regte.
Er schaute die Straße entlang, dorthin, wo die Nussbäume die gepflasterte Straße säumten. Nahe beim inneren Stadt-Tor des malazanischen Lagers musste es eine Art Kavallerie-Ausfall gegeben haben. Zwischen Dutzenden von Hissari-Leichen lagen zwei tote Pferde, doch er konnte nirgendwo Wickaner sehen. Entweder hatten sie das Glück gehabt, bei ihrem Ausfall keinen einzigen Mann zu verlieren, oder sie hatten genug Zeit gehabt, ihre gefallenen und verwundeten Kameraden zu bergen. Hier war eine ordnende Hand am Werk gewesen, eine starke ordnende Hand. Coltaine? Oder Bult?
Nirgendwo auf der Straße konnte er eine lebende Seele entdecken. Wenn noch irgendwo gekämpft wurde, dann hatte sich das Schlachtfeld woandershin verlagert. Duiker stieg von seinem Pferd und trat an eine der Breschen in den Wällen heran. Er kletterte über die Trümmer, wich dabei den blutverschmierten Steinen aus. Er sah, dass die meisten Angreifer durch Armbrustbolzen getötet worden waren. Einige Leichen strotzten so vor kurzen Pfeilen, dass sie wie Nadelkissen wirkten. Die Entfernung war schrecklich gewesen, die Wirkung verheerend. Der rasende, unorganisierte Ansturm eines Mobs von schlecht ausgerüsteten Hissari hatte gegen solch ein konzentriertes Feuer nicht die geringste Chance gehabt. Jenseits der Barriere aus übereinander gestürzten Steinen konnte Duiker keine Leichen sehen.
Der Übungsplatz des Lagers war leer. Da und dort waren Bollwerke errichtet worden, um die Angreifer in ein mörderisches Kreuzfeuer zu nehmen, sollte die Verteidigung der Breschen scheitern – doch es gab kein Anzeichen dafür, dass das passiert war.
Er stieg wieder von der Barriere aus zerschmetterten Steinen herunter. Das malazanische Hauptquartier und die Unterkünfte der Soldaten waren in Brand gesteckt worden. Duiker fragte sich mittlerweile, ob die malazanischen Streitkräfte das nicht womöglich selbst getan hatten. Und damit allen angekündigt hatten, dass Coltaine nicht die Absicht hatte, sich hinter Mauern zu verstecken; gleichzeitig waren die Siebte und die Wickaner in geordneter Formation aus dem Lager marschiert. Wie ist es ihnen wohl ergangen?
Er kehrte zu seinem wartenden Pferd zurück. Als er wieder im Sattel saß, konnte er noch mehr Rauch
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