Das Reich der Sieben Städte
Kontrolle halten konnten. Wahr hielt die Ruderpinne, bewegungslos; er wagte nicht, etwas anderes zu tun, als mit der sanften Brise davonzusegeln.
Es schien, als würden sie kaum über das Wasser kriechen. Von Kulps Stirn troff der Schweiß, er war klatschnass von der Anstrengung, den forschenden Sinnen des Hohemagiers zu entgehen. Er konnte die tödlichen Sondierungen spüren – und bemerkte erst jetzt, dass er es nicht mit einem Mann, sondern mit einer Frau zu tun hatte.
Weit im Süden war Hissars Hafen eine glühende Wand aus schwarz geränderten Flammen. Niemand unternahm etwas, um Kurs auf die Stadt zu nehmen, und Kulp wusste genauso gut wie die anderen, dass sie dort keine Hilfe finden würden. Das Reich der Sieben Städte befand sich im Aufstand.
Und wir sind auf See. Gibt es irgendwo noch einen sicheren Hafen für uns? Gesler hat gesagt, dieses Boot sei voll verproviantiert – ist das genug, um uns bis nach Aren zu bringen ? Durch feindliche Gewässer heißt das... Falar wäre eine bessere Möglichkeit, doch das war mehr als siebzig Längen südlich von Dosin Pali.
Und dann, als die suchenden, forschenden Berührungen der Hohemagierin immer schwächer wurden und schließlich ganz aufhörten, kam ihm ein neuer Gedanke. Heboric Leichte Hand- der arme Kerl ist unterwegs zu dem Treffen, als ob alles wie geplant abgelaufen wäre. Durchquert eine Wüste, um an einer Küste ohne Leben anzukommen. »Ihr könnt jetzt wieder normal atmen«, sagte der Magier. »Sie hat die Jagd aufgegeben.«
»Sind wir außer Reichweite?«, fragte Wahr.
»Nein. Sie hat einfach nur das Interesse verloren. Ich nehme an, es gibt mehr als genug wichtigere Dinge, um die sie sich kümmern muss, mein Junge. Korporal Gesler.«
»Ja?«
»Wir müssen die Meerenge überqueren. Zur Küste von Otataral.«
»Und warum im Namen des Vermummten sollten wir das tun, Magier?«
»Tut mir Leid, aber dieses Mal muss ich von meinem höheren Dienstgrad Gebrauch machen. Tu einfach, was ich dir befehle.«
»Und was ist, wenn wir Euch einfach über Bord werfen?«, fragte Gesler ganz ruhig. »Hier draußen gibt's Dhenrabi; sie jagen entlang der Kante des Sahul-Riffs. Ihr wärt ganz bestimmt ein schmackhafter Bissen für sie ...«
Kulp seufzte. »Wir müssen einen Hohepriester Feners an Bord nehmen, Korporal. Verfüttert mich an die Dhenrabi, und niemand wird den Verlust beklagen. Wenn ihr jedoch einen Hohepriester ärgert – nun, dann kann es schon sein, dass sein übellauniger Gott ein rotes Auge in eure Richtung wendet. Seid ihr auf dieses Risiko vorbereitet?«
Der Korporal lehnte sich zurück und stieß ein bellendes Lachen aus. Auch Stürmisch und Wahr grinsten breit.
Kulp starrte die drei Männer finster an. »Was ist daran so komisch?«
Stürmisch lehnte sich über die Bordwand und spuckte ins Wasser. Er wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab, ehe er sagte: »Es sieht so aus, als ob Feners Auge sowieso schon in unsere Richtung blickt, Magier. Wir gehören zur Eber-Kompanie der aufgelösten Ersten Armee. Bevor Laseen den Kult zerschmettert hat, heißt das. Jetzt sind wir nur noch Seesoldaten, die einem elenden Küstentrupp zugeteilt wurden.«
»Aber das hat uns nicht daran gehindert, weiter Feners Gefolgsleute zu bleiben, Magier«, sagte Gesler. »Ganz im Gegenteil, wir haben sogar neue Gefolgsleute für den Eber-Kult rekrutiert«, fügte er mit einem Nicken in Wahrs Richtung hinzu. »Zeigt uns also einfach den Weg – zur Küste von Otataral habt Ihr gesagt. Richte ihren Bug richtig nach Osten, mein Junge, und dann lasst uns das Segel setzen und den Spinnaker für die Morgenbrise bereitmachen.«
Langsam setzte Kulp sich hin. »Muss sonst noch irgendjemand seine Hosen auswaschen?«, fragte er.
In seine Telaba gehüllt, hockte Duiker auf seinem Pferd und ließ das Dorf hinter sich. Auf beiden Seiten der Küstenstraße waren Gestalten zu sehen, doch im fahlen Mondlicht waren ihre Umrisse kaum zu erkennen. Die kühle Wüstenluft schien die Reste eines Sandsturms mit sich zu tragen, einen feinen, trockenen Schleier, der die Kehle austrocknen ließ. Als er die Kreuzung erreichte, zügelte der Historiker sein Pferd. In Richtung Süden führte die Küstenstraße weiter bis nach Hissar. Eine Karawanenroute führte nach Westen, landeinwärts. Und an dieser Karawanenroute hatte eine Armee eine Viertellänge von der Kreuzung entfernt ihr Lager aufgeschlagen.
Auf den ersten Blick wirkte es nicht besonders ordentlich. Tausende von Zelten
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