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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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sehen, der in dicken Wolken über jenem Viertel aufstieg, in dem sich die Herrenhäuser der Malazaner befanden. Die Morgendämmerung hatte auch eine merkwürdige Ruhe mitgebracht. Die Stadt so bar allen Lebens zu sehen ließ alles irgendwie unwirklich erscheinen, als wären die Leichen, die überall in den Straßen herumlagen, nichts anderes als Vogelscheuchen, die von irgendeinem Erntedankfest übrig geblieben waren. Die Kapmotten hatten sie allerdings gefunden; sie bedeckten die Leichen vollständig, und ihre großen Flügel fächerten langsam, während sie ihr Festmahl hielten.
    Als er dorthin ritt, wo sich die malazanischen Herrenhäuser befanden, konnte er gelegentlich einen Ruf oder einen dünnen Schrei irgendwo in der Ferne hören, ebenso wie Hundegebell und schreiende Maultiere. Das Fauchen der Feuersbrünste schwoll an und wurde wieder leiser – es klang fast wie Wellen, die an eine Klippe brandeten –, und im gleichen Rhythmus wogten Hitzeböen die Straße entlang und zerrten an dem herumliegenden Plunder.
    Fünfzig Schritte von den Herrenhäusern entfernt fand Duiker die ersten Überreste eines wirklichen Gemetzels. Die aufständischen Hissari hatten das malazanische Viertel überraschend und mit großer Wildheit angegriffen, wahrscheinlich um die gleiche Zeit, da eine andere Gruppe die Siebte in ihrem Lager eingeschlossen hatte. Die Adligen und Kaufleute hatten ihre eigenen Wachen zur Verteidigung vorgeschickt; doch es waren viel zu wenige gewesen, und da ihnen der Zusammenhalt gefehlt hatte, waren sie schnell niedergemacht worden. Der Mob war dann in das Viertel geströmt, hatte die Tore der Häuser eingeschlagen und die malazanischen Familien hinaus auf die Straße gezerrt.
    Und dann war wirklich der Wahnsinn ausgebrochen, wie Duiker erkennen konnte, während sich sein Pferd vorsichtig seinen Weg durch die Leichen suchte. Männer waren aufgeschlitzt und regelrecht ausgeweidet worden, ihre Eingeweide waren um die Frauen – Ehefrauen, Mütter, Tanten und Schwestern – gewickelt worden, die geschändet worden waren, bevor man sie mit den Gedärmen erwürgt hatte. Der Historiker sah Kinder, deren Schädel zerschmettert worden waren, Säuglinge, die auf den Spießen von Tapus aufgespießt waren. Indes hatten die Angreifer, als sie tiefer in das Viertel vorgedrungen waren, viele junge Töchter mitgenommen. Ihr Schicksal war wahrscheinlich noch weitaus schrecklicher als das, was ihre Verwandten erlitten hatten.
    Duiker sah sich all das an, während in seinem Innern ein Gefühl der Betäubung immer stärker wurde. Die entsetzliche Agonie, die hier freigesetzt worden war, schien zusammengekauert in der Luft zu schweben, vergiftet und bereit, an seinem Verstand zu zehren. Zur Verteidigung zog er sich innerlich zurück, immer tiefer und tiefer. Seine Fähigkeit zu beobachten blieb davon unberührt – nur war sie völlig von seinen Gefühlen losgelöst; diese Gefühle würden später kommen, wie der Historiker nur allzu gut wusste: Sie würden ihm zitternde Glieder, Albträume und weitere Risse in seinem Glauben bescheren.
    In der Erwartung, noch mehr derartige Bilder zu sehen, ritt Duiker auf den ersten Platz im malazanischen Viertel zu. Was er stattdessen zu sehen bekam, erschütterte ihn zutiefst. Die aufständischen Hissari waren auf dem Platz in einen Hinterhalt gelockt und zu Dutzenden niedergemacht worden. Man hatte Pfeile benutzt und sie dann wieder eingesammelt, doch einige zerschmetterte Schäfte waren übrig geblieben. Der Historiker stieg ab, um einen davon aufzuheben. Ein wickanischer Pfeil. Er glaubte, dass er jetzt zusammensetzen konnte, was hier geschehen war.
    Das Fort der Soldaten war belagert worden. Wer auch immer die Hissari kommandiert hatte, hatte vorgehabt, Coltaine daran zu hindern, seine Soldaten in die Stadt zu schicken, und hatte – wenn der Grad der Magie, der eingesetzt worden war, irgendein Maßstab war – zudem versucht, die gesamte malazanische Armee auszulöschen. Mit dieser Absicht war der Kommandeur ganz eindeutig gescheitert. Die Wickaner hatten einen Ausfall gemacht, den Ring der Belagerer durchbrochen, und dann waren sie direkt ins malazanische Viertel geritten, wo, wie sie sicher geahnt hatten, das geplante Gemetzel bereits begonnen hatte. Sie waren zu spät gekommen, um die erste Angriffswelle an den Toren des Viertels aufzuhalten; daraufhin hatten sie die Richtung geändert, den Mob umgangen und auf dem Platz einen Hinterhalt gelegt. Die Hissari, die nach noch mehr

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