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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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seinen Stuhl sinken.
    Icarium musterte den Hohepriester eingehend; wie er so dastand, hätte er eine aus Stein gehauene Statue sein können. Fiedler wusste nicht mehr, auf wen er sich konzentrieren sollte. Jeder Gedanke an Schlaf war längst verschwunden. »Was die Einzelheiten angeht, bin ich mir nicht ganz sicher«, sagte er langsam und zog damit die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich, »aber ich habe das deutliche Gefühl, eine Marionette zu sein, die an einem gewaltigen, komplizierten Tanz teilnimmt. Wie sind die Tanzschritte? Wer hält die Fäden in der Hand?«
    Alle Augen richteten sich auf Iskaral Pustl. Der Hohepriester behielt seine gebannte Aufmerksamkeit noch einen Moment bei, dann blinzelte er. »Eine Frage an mich, den ach so Bescheidenen? Entschuldigungen und Rechtfertigungen sind zugegebenermaßen unaufrichtig. Der gewaltige, komplizierte Geist wandert gelegentlich. Wie war noch mal die Frage?« Er neigte den Kopf, lächelte in die Schatten. »Sind sie getäuscht? Spitzfindige Wahrheiten, vage Hinweise, zufällig gewählte Worte, die geistlose Echos erzeugen? Sie wissen es nicht. Aalen sich mit den weit aufgerissenen Augen der Unschuld in ihrer Ehrfurcht – oh, das ist ausgezeichnet!«
    »Ihr habt uns ausführlich geantwortet«, sagte Mappo zu dem Hohepriester.
    »Habe ich? Das ist nicht gut. Ja freilich, wie freundlich von mir. Nichts zu danken. Ich werde Diener anweisen, alles für euren Aufbruch vorzubereiten. Eine Reise zum fabelhaften Tremorlor, wo alle Wahrheiten mit der Klarheit von blanken Klingen und unverhüllten Fängen zusammenlaufen, wo Icarium seine verlorene Vergangenheit finden wird, wo das einst besessene Fischermädchen das finden wird, von dem sie im Moment noch gar nicht weiß, dass sie es sucht – wo der junge Bursche den Preis erkennen wird, den es zu zahlen gilt, wenn man ein Mann sein will, oder vielleicht auch nicht; wo der unglückliche Trell tun wird, was immer er tun muss, und wo ein erschöpfter Sappeur wenigstens den Segen seines Imperators erhalten wird, oh, ja! Außer, natürlich«, fügte er, einen Finger an die Lippen gelegt, nach einer winzigen Pause hinzu, »Tremorlor ist nichts als ein Mythos, und all dieses Suchen ist nichts als hohle Kunstfertigkeit.«
    Der Hohepriester lehnte sich in dem merkwürdigen Stuhl zurück, den Finger noch immer an die Lippen gelegt. Um ihn herum bildeten sich Schatten. Einen Augenblick später war er mitsamt dem Stuhl verschwunden.
    Fiedler stellte fest, dass er aus einer Art verschwommener, schwebender Trance aufschreckte. Er schüttelte den Kopf, rieb sich das Gesicht und blickte die anderen an, nur um festzustellen, dass sie in ganz ähnlicher Weise reagierten – als wären sie alle zusammen in ein fein gesponnenes, verführerisch magisches Netz gezogen worden. Fiedler holte zittrig Luft. »Kann einfachen Worten Magie innewohnen?«, fragte er niemand Bestimmten.
    Icarium gab die Antwort. »Eine Magie, die mächtig genug ist, sogar Götter auf die Knie zu zwingen, Soldat.«
    »Wir müssen hier weg«, murmelte Crokus.
    Diesmal erntete er von allen Anwesenden ein zustimmendes Nicken.

Kapitel Neun
     
    Die malazanischen Pioniere sind ein außergewöhnlicher
    Menschenschlag – streitsüchtig, unflätig, jede Autorität
    verspottend, geheimnistuerisch und dickköpfig. Sie
    sind das Herz der malazanischen Armee ...
     
    Das Militär des Imperiums
    Senjalle
     
    A ls Kalam sich an den Abstieg in die Orbala-Odhan machte, stieß er auf die ersten Anzeichen der Rebellion. Ein Treck malazanischer Flüchtlinge war in einen Hinterhalt gelockt worden, während er an einem ausgetrockneten Flussbett entlanggezogen war. Die Angreifer hatten sich wahrscheinlich in dem hohen Gras verborgen, das entlang der Ufer wuchs; sie hatten die Flüchtlinge zuerst mit Pfeilen beschossen und waren dann zum Nahkampf übergegangen.
    Drei Wagen waren in Brand gesteckt worden. Reglos saß der Assassine auf seinem Pferd, musterte die rauchgeschwärzten Haufen aus versengtem Holz, Asche und Knochen. Ein kleines Bündel mit Kinderkleidung war alles, was von den Besitztümern der Opfer übrig geblieben war, ein kleiner Farbklecks, zehn Schritte von den schwelenden Überresten der Wagen entfernt.
    Nach einem letzten Rundblick, der nicht zuletzt Apt galt – der Dämon war zwar nirgends zu sehen, musste jedoch eigentlich in der Nähe sein –, stieg Kalam ab. Die Spuren verrieten, dass das im Tross mitgeführte Vieh von den Angreifern weggetrieben worden war. Die

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