Das Reich der Sieben Städte
ich kann Euch versichern, Historiker, sie sind wie geschaffen dazu.« Er machte eine kurze Pause, um tief Luft zu holen. »Jeden Tag ... braten wir auf diesem knochentrockenen Hügel in der Sonne; wir sind in Einheiten von Truppstärke aufgeteilt, und jeder Trupp hat eine Aufgabe, die unmöglich zu erfüllen ist.« Er zog eine Grimasse. »Unter dieser neuen Faust ist inzwischen jeder Soldat der Siebten ein Dutzend Mal oder noch öfter in Scheingefechten gestorben. Korporal List ist bisher in jeder Übung getötet worden; der arme Junge ist schon vollkommen verwirrt, beim Vermummten! Und dazu noch das pausenlose Gejohle und Geheule dieser wickanischen Wilden.«
Duiker sagte nichts, während sie weiter auf den Platz zugingen. Als sie das malazanische Viertel betraten, ergriff der Historiker endlich das Wort. »Dann herrscht also so eine Art Rivalität zwischen der Siebten und dem wickanischen Regiment.«
»Oh, ja, diese Taktik macht es offensichtlich genug, aber ich glaube, dass es einfach zu weit geht. Wir werden es in ein paar Tagen merken, dann sollen wir Unterstützung durch wickanische Lanzenreiter erhalten. Sie werden ein doppeltes Spiel mit uns spielen, merkt Euch meine Worte.«
Sie traten auf den Platz hinaus. »Und was tut Ihr?«, fragte Duiker. »Welche Aufgabe hat Coltaine dem letzten Kader-Magier der Siebten gegeben?«
»Es ist vollkommen verrückt. Ich beschwöre den ganzen Tag Illusionen herauf, bis mein Schädel kurz davor ist, zu platzen.«
»Illusionen? In den Scheingefechten?«
»Ja, und genau das macht es den einzelnen Trupps praktisch unmöglich, die ihnen gestellten Aufgaben zu erfüllen. Glaubt mir, Duiker, man hat mir mehr als einmal Flüche hinterhergeschickt. Mehr als einmal.«
»Was beschwört Ihr denn herauf – Drachen?«
»Ich wollte, es wäre so. Ich erschaffe malazanische Flüchtlinge, Historiker. Zu Hunderten. Es reicht Coltaine nicht, die Soldaten tausend mit Gewichten beschwerte Vogelscheuchen herumschleppen zu lassen. Die, die ich für ihn erschaffen muss, fliehen in die falsche Richtung, oder sie weigern sich, ihre Häuser zu verlassen, oder schleppen Möbel und andere Besitztümer mit sich herum. Getreu Coltaines Anweisungen ... meine Flüchtlinge erzeugen Chaos und haben bis jetzt mehr Menschenleben gekostet als jeder andere Teil der Übungen. Ich bin im Augenblick kein sonderlich beliebter Mann, Duiker.«
»Und was ist mit Sormo E'nath?«, fragte der Historiker, dessen Mund sich schon wieder trocken anfühlte.
»Der Waerloga? Der ist nirgends zu sehen.«
Duiker nickte versonnen. Das war genau die Antwort, mit der er gerechnet hatte. Du bist damit beschäftigt, die Steine im Sand zu lesen, Sormo. Stimmt's? Während Coltaine aus der Siebten eine Truppe macht, die malazanische Flüchtlinge schützen kann. »Magier«, sagte er.
»Hm?«
»Ein Dutzend Mal in Scheingefechten zu sterben bedeutet überhaupt nichts. Wenn es ernst wird, stirbt man nur ein einziges Mal. Setzt der Siebten zu, Kulp, auf jede Weise, die Euch möglich ist. Zeigt Coltaine, wozu die Siebte in der Lage ist – sprecht darüber mit den Truppführern, noch heute Nacht. Tretet morgen an, erfüllt eure Aufgaben, und ich werde mit Coltaine über einen Ruhetag sprechen. Zeigt es ihm, und er wird euch einen gewähren.«
»Wieso seid Ihr Euch so sicher?«
Weil die Zeit knapp wird und er euch braucht. Weil er euch sogar verzweifelt braucht. »Erfüllt eure Aufgaben. Überlasst die Faust mir.«
»Nun gut, ich werde sehen, was ich tun kann.«
Korporal List starb in den ersten paar Minuten des Scheingefechts. Bult selbst hatte einen heulenden Mob Wickaner kommandiert, die die Hauptstraße des Ruinenfelds entlanggetobt waren, und dem glücklosen Malazaner einen Hieb seitlich gegen den Kopf versetzt, sodass der Junge wie ein nasser Sack umgefallen und bewusstlos im Staub liegen geblieben war. Dann hatte der alte Krieger sich List über eine Schulter geworfen und ihn vom Schlachtfeld getragen.
Grinsend trabte Bult den staubigen Pfad zu der kleinen Anhöhe hinauf, von der aus Coltaine und einige seiner Offiziere die Schlacht beobachteten, und ließ den Korporal zu Füßen der Faust in den Staub fallen. Duiker seufzte.
Coltaine schaute sich um. »Heiler! Kümmert Euch um den Jungen!«
Ein Feldscher der Siebten erschien, kauerte sich neben dem Korporal nieder.
Coltaines zusammengekniffene Augen richteten sich auf Duiker. »Ich kann nicht erkennen, dass heute im Schlachtverlauf irgendetwas anders ist,
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