Das Reich der Sieben Städte
zweifellos geirrt«, knurrte Bult, doch allmählich begann Duiker diese Wickaner immer besser zu verstehen, und er konnte in der Stimme des Veteranen einen fröhlichen Unterton ausmachen. Einen Augenblick später fuhr Bult fort: »Ihr könnt der Siebten die Nachricht überbringen, Historiker. Sie haben sich ihren Ruhetag verdient.«
Fiedler saß im Dunkeln. Der üppig wuchernde Garten reichte bis dicht an die Quelle und die halbmondförmige Steinbank heran. Über dem Sappeur war nur ein kleiner Flecken sternenbeglänzten Himmels zu sehen. Es gab keinen Mond. Fiedler legte den Kopf ein wenig schräg. »Du bewegst dich wirklich leise, mein Junge, das muss ich dir lassen.«
Crokus blieb einen Augenblick zögernd hinter Fiedler stehen, setzte sich dann zu ihm auf die Bank. »Ich nehme an, du hast nicht damit gerechnet, dass er seinen Rang einmal auf diese Weise herauskehren könnte«, sagte der junge Mann.
»Hat er das denn getan?«
»Es hat zumindest so ausgesehen.«
Fiedler gab keine Antwort. Ein vereinzelter Rhizan flatterte über die Lichtung; er war auf der Jagd nach den Kapmotten, die über der Quelle schwebten. Der Geruch von verfaulenden Abfällen wehte über die hintere Mauer heran und hing schwer in der kühlen Nachtluft.
»Sie ist aufgebracht«, sagte Crokus.
Der Sappeur schüttelte den Kopf. Aufgebracht. »Es war eine Meinungsverschiedenheit; wir haben keine Gefangenen gefoltert.«
»Apsalar kann sich an nichts von alledem erinnern.«
»Aber ich, mein Junge, und es sind verdammt unangenehme Erinnerungen.«
»Sie ist nur ein Fischermädchen.«
»Meistens«, erwiderte Fiedler. »Manchmal allerdings ...« Er schüttelte erneut den Kopf.
Crokus seufzte und wechselte das Thema. »Dann war es also ursprünglich nicht geplant, dass Kalam sich allein auf den Weg macht?«
»Das sind alte Blutsbande, mein Junge. Kalam ist hier im Reich der Sieben Städte geboren und aufgewachsen. Und außerdem will er diese Sha'ik treffen, diese Wüstenhexe, die Hand Dryjhnas.«
»Jetzt stellst du dich auf seine Seite«, sagte Crokus leise, doch seine Stimme klang entrüstet. »Vor zehn Minuten warst du noch kurz davor, ihn als Verräter zu bezeichnen ...«
Fiedler schnitt eine Grimasse. »Dies sind für uns alle verwirrende Zeiten. Wir sind von Laseen zu Gesetzlosen erklärt worden, aber sind wir deswegen auch keine Soldaten des Imperiums mehr? Malaz ist nicht die Imperatrix, und die Imperatrix ist nicht Malaz ...«
»Eine ziemlich akademische Unterscheidung, würde ich sagen.«
Der Sappeur warf ihm einen Blick zu. »So, würdest du das? Frag das Mädchen, vielleicht erklärt sie es dir.«
»Aber ihr rechnet doch mit der Rebellion, tatsächlich zählt ihr sogar darauf...«
»Aber das heißt trotzdem nicht, dass wir diejenigen sein müssen, die den Wirbelwind entfesseln, oder? Kalam will im Zentrum des Geschehens sein. So war es schon immer. Und dieses Mal ist ihm die Gelegenheit, ganz nah dabei zu sein, im wahrsten Sinne des Wortes in den Schoß gefallen. Das Buch von Dryjhna enthält das Herz der Göttin des Wirbelwindes – um die Apokalypse beginnen zu lassen, muss es geöffnet werden, aber das darf einzig und allein die Seherin tun. Kalam weiß, dass es glatter Selbstmord sein könnte, aber er wird das Buch – das der Vermummte verfluchen möge – in die Hände Sha'iks legen und so dafür sorgen, dass Laseens Herrschaft, die ohnehin immer wackliger wird, einen weiteren Riss bekommt. Du kannst ihm hoch anrechnen, dass er darauf bestanden hat, dass sich der Rest von uns da raushalten soll.«
»Da haben wir es: Du verteidigst ihn schon wieder. Der Plan war doch, Laseen zu töten – und nicht, in diesen Aufstand verwickelt zu werden. Es ergibt noch immer überhaupt keinen Sinn, dass wir auf diesen Kontinent gekommen sind.«
Fiedler streckte sich, die Augen auf die am Himmel glitzernden Sterne gerichtet. Wüstensterne, scharfe Diamanten, die immer begierig darauf zu sein schienen, Blut zu vergießen. »Mehr als eine Straße führt nach Unta, mein Junge. Wir sind hier, um eine zu finden, die wahrscheinlich noch nie zuvor benutzt wurde, die sich vielleicht auch gar nicht benutzen lässt, aber wir werden auf alle Fälle nach ihr suchen, mit oder ohne Kalam. Der Vermummte mag's wissen, vielleicht hat Kalam den besseren Weg gewählt, über Land, hinunter nach Aren, und mit einem ganz normalen Schiff zurück nach Quon Tali. Vielleicht wird es sich auch als die klügste Entscheidung überhaupt herausstellen, dass
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