Das Reich der Sieben Städte
zu erwischen und festzumachen. Ein breites Fallreep wurde bereitgemacht, und jetzt waren an Bord des Schiffes auch Pferde zu sehen.
»Rote Klingen«, sagte Duiker, als noch mehr Gerüstete an Deck erschienen und sich zu ihren Reittieren stellten.
»Aus Dosin Pali«, ergänzte Kulp. »Die beiden, die ganz vorne stehen, sind Baria Setral und sein Bruder Mesker. Es gibt noch einen dritten Bruder, Orto. Der kommandiert die Kompanie in Aren.«
»Die Roten Klingen«, sagte der Historiker nachdenklich. »Sie machen sich keinerlei Illusionen darüber, wie die Dinge stehen. Es geht das Gerücht, dass sie in einigen Städten bereits versuchen, die Kontrolle zu übernehmen. Jetzt werden wir Zeuge, wie sie ihre Präsenz in Hissar verdoppeln.«
»Ich frage mich, ob Coltaine Bescheid weiß.«
Auf dem Marktplatz herrschte plötzlich eine angespannte Atmosphäre; Köpfe hatten sich gedreht, und als Baria und Mesker jetzt hre Truppen auf den Pier hinabführten, folgten ihnen die Blicke unzähliger Augen. Die Roten Klingen sahen aus, als wollten sie geradewegs in einen Krieg ziehen. Sie waren bis an die Zähne bewaffnet, trugen Kettengamaschen und hatten die geschlitzten Helmvisiere heruntergeklappt. Bögen wurden gespannt, Pfeile in den Köchern gelockert. Die Pferdeklingen wurden blankgezogen und ragten von den Vorderbeinen der Reittiere vor.
Kulp spuckte nervös aus. »Das gefällt mir nicht, das gefällt mir ganz und gar nicht«, murmelte er.
»Es sieht so aus, als ...«
»Sie wollen den Markt angreifen«, sagte Kulp. »Das ist nicht nur einfach eine Parade für die Galerie, Duiker. Bei Feners Huf!«
Der Historiker schaute zu Kulp hinüber, sein Mund war plötzlich trocken. »Ihr habt Euer Gewirr geöffnet.«
Ohne zu antworten, rutschte der Magier von der Hafenmauer. Er hielt den Blick auf die Roten Klingen gerichtet, die nun aufgesessen waren und sich am Ende des Piers aufgestellt hatten, genau gegenüber von fünfhundert Bürgern, die plötzlich sehr still geworden waren und langsam zurückwichen, sich in die schmalen Gänge zwischen den Karren und Buden drängten. Das Gedränge von viel zu vielen Menschen auf engem Raum würde binnen kürzester Zeit zu einer Panik führen, und genau das hatten die Roten Klingen vor: Sie wollten eine Panik auslösen.
Die Krieger legten jetzt Pfeile auf die Sehnen, während Lanzen griffbereit in Rohhaut-Schlaufen von ihren Handgelenken hingen; die Pferde unter ihnen bebten, rührten sich ansonsten jedoch nicht.
An einigen Stellen schien die Menge zu erschauern, als würde sich der Boden unter ihr bewegen. Duiker sah, dass sich einige Gestalten nicht von der Linie der Krieger weg-, sondern auf sie zubewegten.
Kulp machte ein halbes Dutzend Schritte auf die Roten Klingen zu.
Die Gestalten schoben sich durch die letzten Ausläufer der Menge, zogen sich die Kapuzen vom Kopf, legten die Telaban ab und enthüllten lederne Rüstungen, auf die schwarze Eisenschuppen aufgenäht waren. Langmesser glänzten in ihren behandschuhten Händen. Die dunklen Augen in den sonnengebräunten, tätowierten wickanischen Gesichtern blickten kalt und waren unbeweglich auf Baria und Mesker Setral und ihre Krieger gerichtet.
Zehn Wickaner standen jetzt mehr als vierzig Roten Klingen gegenüber; die Menge hinter ihnen war so stumm und reglos wie Statuen.
»Geht beiseite!«, bellte Baria mit wutverzerrtem, dunkel angelaufenem Gesicht. »Oder sterbt!«
Die Wickaner lachten zur Antwort; es war ein gleichermaßen furchtloses wie spöttisches Lachen.
Duiker gab sich einen Ruck und folgte Kulp, der bereits hastig auf die Roten Klingen zuschritt.
Mesker stieß einen Fluch aus, als er Kulp näher kommen sah. Sein Bruder schaute dem Ankömmling finster entgegen.
»Seid kein Narr, Baria!«, zischte der Magier.
Die Augen des Anführers verengten sich. »Wenn Ihr mir Magie entgegenschleudert, schlage ich Euch nieder«, sagte er.
Duiker war jetzt nahe genug, um die Otataral-Glieder erkennen zu können, die in Barias Kettenpanzer eingewoben waren.
»Wir werden diese Hand voll Barbaren niederhauen«, sagte Mesker mit grollender Stimme, »und dann werden wir unsere Ankunft in Hissar gebührend verkünden ... mit dem Blut von Verrätern.«
»Und fünftausend Wickaner werden den Tod der ihrigen rächen«, sagte Kulp. »Aber nicht mit kurzen, schnellen Schwerthieben. Nein, sie werden euch lebendig auf die Dornen an der Hafenmauer aufspießen. Damit die Möwen was zum Spielen haben. Noch ist Coltaine nicht Euer Feind,
Weitere Kostenlose Bücher