Das Reich der Traeume
bist nicht rangegangen.«
»Habâs nicht gehört«, lüge ich. »Tut mir leid â¦Â«
»Los, geh schnell rauf zu ihm. Aber er hat Besuch, Señor Stromber ist bei ihm.«
Ich eile die Treppe zum Arbeitszimmer meines Vaters hinauf und klopfe an. Einen Moment später öffnet er die Tür.
»Arturo, wo bist du gewesen? WeiÃt du, wie spät es ist?«
»Tut mir leid, Papa. Ich hab nicht auf die Uhrzeit geachtet.«
»Schon gut ⦠Komm rein, ich möchte dir jemanden vorstellen: Señor Stromber, einen der besten Antiquitätenhändler der Welt.«
Vor mir steht ein groÃer, schlanker und elegant gekleideter Mann. Er scheint ziemlich reich zu sein: goldene Ringe an den Fingern, Luxusuhr, teurer Anzug, Seidenhemd und Seidenkrawatte mit jeweils denselben Initialen, die auch auf den goldenen Manschettenknöpfen eingraviert sind. Und er trägt einen schmalen, messerscharf geschnittenen Schnäuzer, der seinen Worten etwas Bedrohliches verleiht.
»Das ist also der verlorene Sohn?«, fragt er mich mit einem aufgesetzten Lächeln. »WeiÃt du, dass dein Vater groÃe Angst um dich hatte, junger Mann?«
»Ja, Señor, ich weiÃ. Es tut mir leid, wirklich sehr leid.«
»Arturo ist ein kleiner Träumer«, sagt mein Vater entschuldigend. »Manchmal bummelt er herum und vergisst dabei völlig die Zeit. Aber wir wollen ihm noch mal verzeihen.«
»Sie sind ein sehr nachsichtiger und verständnisvoller Vater«, sagt Stromber. »Ich hoffe, Arturo weià das zu schätzen. Ãbrigens, was für ein hübsches Abziehbild hast du denn da auf der Stirn! Sieht richtig echt aus.«
»Nun ja, es ⦠es ist echt«, stottere ich. »Ein Geburtsfehler.«
»Ein Geburtsfehler?«, wundert er sich. »Sieht eher aus wie aufgemalt. Niemand wird mit so etwas im Gesicht geboren, junger Mann â¦Â«
»Diese Zeichnung oder Tätowierung, oder was auch immer das ist, hat er tatsächlich schon seit seiner Geburt. Sie lässt sich nicht entfernen«, klärt mein Vater ihn auf.
»Vielleicht kann ich da was tun ⦠Lass mal sehen. ÃuÃerst merkwürdig, so etwas habe ich noch nie gesehen. Sieht aus wie ein Drachenkopf ⦠Ist das ein Familienerbe?«
»Niemand in unserer Familie hatte je so eine Zeichnung auf der Haut. Jedenfalls ist mir kein früherer Fall bekannt.«
»Sehr originell«, murmelt Stromber.
»Etwas Vergleichbares gibt es nirgendwo auf der Welt. Arturo ist ein ganz besonderer Junge. Aber irgendwann wird es uns gelingen, es zum Verschwinden zu bringen, nicht wahr, mein Sohn?«
Mein Vater kommt zu mir und nimmt mich liebevoll in den Arm.
»Arturo ist das Beste, was ich habe«, sagt er. »Vor allem seit dem Tod meiner Frau. Ohne ihn hätte all das hier keinen Sinn.«
»Na, ich dachte, die Stiftung Adragón sei der Mittelpunkt Ihres Lebens. Man hat mir erzählt, dass Sie nur dafür leben, diese Bibliothek zu führen.«
»Nein, über alldem steht Arturo. Die Stiftung kommt erst an zweiter Stelle. Obwohl, um die Wahrheit zu sagen, ohne die Bibliothek wäre mein Leben in der Tat leer. Aber mein Sohn ist das Wichtigste für mich. Er ist die schönste Erinnerung, die mir von Reyna geblieben ist, meiner über alles geliebten Frau.«
»Sie sind ein glücklicher Mann, Señor Adragón. Einen Sohn zu haben, den man liebt, ist ein Geschenk des Himmels«, sagt Stromber. »In ihm spiegelt sich die Liebe für Ihre verstorbene Frau wider.«
»Das stimmt, mein Freund. Ein Kind ist ein Segen ⦠Arturo«, wendet sich mein Vater mir zu. »Señor Stromber wird eine Zeit lang bei uns wohnen. Er ist hier, um zu forschen, und dazu braucht er unsere Hilfe. Ich bin mit meinem eigenen Projekt sehr beschäftigt, also möchte ich, dass du alles tust, um ihn zu unterstützen.«
»Sie arbeiten an einem Projekt?«, fragt Stromber höchst interessiert.
»Es ist noch geheim, darum kann ich nichts dazu sagen«, antwortet mein Vater. »Aber sobald ich zu den Ergebnissen komme, die ich mir erhoffe, soll alle Welt erfahren, worum es sich handelt.«
»Mein Vater arbeitet schon seit Jahren an einem Thema, über das er mit niemandem spricht«, ergänze ich.
»Ich hoffe, die Mühe zahlt sich aus.«
»Nun, wenn auch nicht finanziell, so erhoffe ich mir doch groÃe persönliche Fortschritte, die den
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