Das Reich des dunklen Herrschers - 8
sie.
»Sie sind fort«, murmelte er. »Nicholas ist gestern Abend abgereist. Sie haben eine Frau fortgetragen, aber wer das war, weiß ich nicht.«
Richard ließ sich auf ein Knie herunter und packte sein Hemd. »Wie sah sie aus?«
Seine Augen rollten noch immer blicklos hin und her. »Langes Haar.«
»Wohin sind sie aufgebrochen?«
»Keine Ahnung. Fort eben. Sie waren in Eile.«
»Was hat Nicholas vor seiner Abreise zu dir gesagt?«
Allmählich fanden seine Augen wieder ihr Ziel. »Nicholas wußte, Ihr würdet im Morgengrauen angreifen. Er verriet mir, auf welchem Weg Ihr in die Stadt einfallen würdet.«
Richard konnte kaum glauben, was er da hörte. »Wie in aller Welt konnte er davon erfahren haben?«
Erst zögerte der Soldat, doch dann bewog ihn ein Seitenblick auf Caras Strafer, den Mund aufzumachen.
»Ich weiß nicht. Vor seiner Abreise teilte er mir noch mit, wie groß Eure Truppe ist, wann Ihr angreifen würdet und über welche Route. Er trug mir auf, die Stadtbewohner zusammenzutrommeln, als Schutzschild gegen Euren Angriff. Also haben wir unsere fanatischsten Helfer zusammengetrieben und ihnen weisgemacht, Ihr würdet kommen, um uns zu ermorden und einen Krieg vom Zaun zu brechen.«
»Wann ist Nicholas aufgebrochen? Wohin hat er die Frau gebracht?«
Von seinem Kinn troff weiterhin Blut herab. »Keine Ahnung. Sie sind einfach gestern Abend in großer Eile aufgebrochen. Das ist alles, was ich weiß.«
»Wenn ihr wußtet, daß wir kommen würden, warum habt ihr dann keine besseren Vorkehrungen zu eurer Verteidigung getroffen?«
»Hatten wir ja. Nicholas übertrug mir die Sicherung der Stadt, worauf ich ihm versicherte, eine so kleine Streitmacht könne uns unmöglich besiegen.«
Irgend etwas war an der Geschichte mehr als faul. »Wieso nicht?«
Zum ersten Mal ging so etwas wie ein Grinsen über das Gesicht des Kriegers. »Weil Ihr nicht wißt, über wie viele Krieger wir tatsächlich verfügen. Nachdem ich wußte, wo Euer Angriff erfolgen würde, konnte ich meine gesamten Streitkräfte zusammenziehen.« Sein Grinsen wurde breiter. »Hört Ihr in der Ferne das Horn? Sie sind bereits auf dem Weg hierher.« Tief aus seinem Bauch drang ein selbstgefälliges Lachen. »Ihr seid so gut wie tot.«
Zwischen zusammengebissenen Zähnen preßte Richard hervor: »Aber du zuerst.« Mit einem wuchtigen Stoß bohrte er dem Offizier sein Schwert durchs Herz.
»Das Beste ist, wir ziehen unsere Männer sofort ab«, sagte Richard, indem er Caras Arm ergriff und zur Häuserecke rannte.
»Sieht aus, als wäre es bereits zu spät dafür«, erwiderte sie, als sie hinter ihrer Deckung hervorkamen und die gegnerischen Soldaten in Scharen von allen Seiten herbeiströmen sahen.
Woher konnte Nicholas gewußt haben, wann und wo sie attackieren würden? Es war absolut niemand in der Nähe gewesen - keine Riesenkrähen, nicht einmal eine Maus war zugegen gewesen, als sie auf ihrem Vormarsch quer durch das Gelände ihre Pläne geschmiedet hatten. Wie konnte er davon erfahren haben?
»Bei den Gütigen Seelen«, stöhnte Cara. »Ich hätte nie gedacht, daß sie so viele Truppen in Bandakar stationiert haben.«
Das Gebrüll der heranstürmenden Soldaten war ohrenbetäubend. Richard war längst am Ende seiner Kräfte. Jeder tiefe Atemzug ging mit quälenden Schmerzen einher. Er wußte, sie hatten keine Wahl.
Er mußte eine Möglichkeit finden, zu Kahlan zu gelangen. Wenigstens bis dahin mußte er noch durchhalten.
Mit einem Pfiff gab er seinen Männern das verabredete Zeichen, sich zu sammeln. Als Anson und Owen angelaufen kamen, schaute er sich um und erblickte auch den größten Teil der anderen.
»Wir werden einen Durchbruch wagen müssen, um hier rauszukommen; es sind zu viele. Bleibt dicht beieinander. Wir versuchen durchzustoßen. Sobald wir es geschafft haben, verteilt ihr euch und versucht, euch bis zum Wald durchzuschlagen.«
Flankiert von Cara auf der einen und Tom auf der anderen Seite, stürmte Richard an der Spitze seiner Männer auf die gegnerischen Linien zu. Tausende Soldaten der Imperialen Ordnung strömten aus den Straßen und Gassen der Stadt ringsum auf den freien Platz. Der Anblick war furchterregend; es waren solche Massen, daß der Boden selbst sich zu bewegen schien.
Aber noch bevor es zum Zusammenprall mit den Soldaten kam, erglühte der Morgen unter mehreren gleißend hellen Feuerexplosionen. Tosende Flammensäulen fraßen sich durch die gegnerischen Linien und töteten die Soldaten zu
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