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Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Titel: Das Reich des dunklen Herrschers - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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zu rechnen.« Plötzlich schossen ihm die Tränen in seine blaue Augen. »Aber trotzdem, es war so …« Er schlang die Arme um seinen Körper und schloß die Augen, während er leicht schwankend von einem Fuß auf den anderen trat und gebetsmühlenartig vor sich hinmurmelte: »Nichts ist wirklich. Nicht ist wirklich. Nichts ist wirklich.«
    »Was soll das heißen?«
    Richards wütender Blick ließ Owen erbleichen. »Nun, daß eben nichts wirklich ist; wir können nicht wissen, ob das, was wir sehen, beziehungsweise überhaupt etwas, wirklich ist. Wie auch?«
    »Wenn du etwas siehst, wie kannst du dann annehmen, es sei nicht wirklich?«
    »Weil unsere Sinne die Wahrnehmung beeinträchtigen und wir ihrer fortwährenden Täuschung erliegen. Unsere Sinne gaukeln uns nur eine Illusion von Gewißheit vor. So können wir zum Beispiel nachts nichts sehen - laut unseren Sinnen ist die Nacht leer -, eine Eule dagegen vermag eine Maus zu fangen, deren Vorhandensein uns unsere Augen vorenthalten. In unserer Wirklichkeit existiert die Maus nicht - und doch wissen wir, daß sie, entgegen der Aussage unserer Sinne, existieren muß; es existiert also eine Wirklichkeit jenseits unserer sinnlich erfahrbaren Welt. Daraus folgt, daß unser Sehvermögen die Wahrheit vor uns verbirgt, statt sie uns zu offenbaren - schlimmer, sie vermittelt uns ein falsches Bild der Wahrheit.
    Unsere vorgefaßten Urteile verleiten uns zu der falschen Annahme, etwas zu wissen, was man gar nicht wissen kann - begreift Ihr nicht? Wir verfügen einfach nicht über die erforderlichen Sinnesorgane, um das wahre Wesen der Wirklichkeit zu erfassen - um unterscheiden zu können, was wirklich ist und was nicht. Wir können stets nur einen winzigen Ausschnitt unserer Umwelt wahrnehmen - dahinter verborgen liegt eine Welt voller Geheimnisse, die für uns unsichtbar ist, obwohl sie - unabhängig davon, ob wir sie sehen oder nicht, oder ob wir klug genug sind, unsere Unzulänglichkeit im Erkennen der Wirklichkeit einzugestehen - durchaus vorhanden ist. Das, was wir zu wissen glauben, entzieht sich letztendlich unserer Erkenntnis. Nichts ist wirklich.«
    Richard beugte sich zu ihm hinunter. »Aber die Leichen hast du doch gesehen, weil sie wirklich waren.«
    »Was wir sehen, ist nur die augenscheinliche Wirklichkeit, der bloße äußere Schein, eine selbst erzeugte Illusion, die auf unserer mangelhaften Wahrnehmung beruht. Nichts ist wirklich.«
    »Was du gesehen hast, hat dir nicht gefallen, also hast du einfach beschlossen, es in das Reich des Nicht-Wirklichen zu verbannen?«
    »Ich vermag nicht zu entscheiden, was wirklich ist und was nicht; ebenso wenig wie Ihr. Wer etwas anderes behauptet, macht sich der Arroganz der Unerleuchteten schuldig. Ein wahrhaft Erleuchteter gesteht sich seine klägliche Unzulänglichkeit ein, wenn er mit seiner Existenz konfrontiert wird.«
    Richard sah Owen zweifelnd an. »Solche schrulligen Haarspaltereien führen bestenfalls zu einem Leben in Elend und Mutlosigkeit, zu einem vergeudeten Leben, das den Namen nicht verdient. Du tätest gut daran, endlich deinen Verstand zu dem Zweck zu gebrauchen, für den er geschaffen wurde: die Welt um dich herum zu begreifen, statt ihn dem Glauben an eine dem gesunden Menschenverstand Hohn sprechende Vorstellung zu opfern. Solange du bei mir bist, wirst du dich mit den Tatsachen der Welt, die uns umgibt, befassen und nicht mit irgendwelchen lebensfremden, von anderen ausgeheckten Träumereien.«
    Jennsen zupfte Richard am Ärmel, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. »Aber was, wenn Owen Recht hat, Richard - nicht unbedingt, was die Toten anbelangt, aber mit der Idee allgemein.«
    »Mit anderen Worten, seine Schlußfolgerungen sind deiner Meinung nach allesamt unsinnig, und doch soll an der verschrobenen Idee, die dahinter steht, etwas dran sein?«
    »Das nicht gerade - aber angenommen, es stimmt tatsächlich, was er sagt? Nimm zum Beispiel unser Gespräch vor einer Weile, als du mir erklärtest, ich sei ohne Augen geboren und könne«- ein Blick hinüber zu Owen bewog sie offenbar, ihre ursprüngliche Äußerung abzukürzen -»gewisse Dinge nicht sehen. Du sagtest, daß diese Dinge für mich nicht existierten und die Wirklichkeit für mich eine andere sei, eine andere als für dich.«
    »Das hast du völlig in den falschen Hals bekommen, Jennsen. Die meisten Menschen bekommen, wenn sie in einen Strauch Giftefeu fallen, hinterher juckende Pusteln - einige wenige jedoch nicht. Was aber nicht bedeutet,

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