Das Reich des Lichts
Tempel verlassen haben. Und ich weiß auch, dass der einzige Mensch, der mir eine Antwort auf meine Frage geben kann, mein Vater ist. Diesmal kann er sich nicht mehr herausreden! Er wird mir die Wahrheit sagen müssen, egal was es ist!
Ich krieche aus meinem Schlafsack, renne hinüber zu seinem Zelt und stürze hinein. Papa, Norma und Metáfora sehen mich an, als wäre ich verrückt.
„Was ist los, Arturo?“, fragt Norma. „Geht es dir nicht gut?“
„Nein, es geht mir nicht gut!“, antworte ich schlecht gelaunt. „Natürlich geht es mir nicht gut! Es geht mir jeden Tag schlechter!“
„Können wir dir irgendwie helfen?“, fragt Papa.
„Allerdings! Du könntest mir eine klare Antwort geben.“
„Aber, Arturo, du kennst doch schon alle Antworten! Diese Reise hat all deine Zweifel beseitigt. Mahania hat dir erzählt, was du wissen wolltest. Mehr gibt es nicht zu sagen.“
„Das habe ich auch geglaubt“, entgegne ich, „aber jetzt merke ich, dass mir noch ein Puzzlestückchen fehlt. Da ist noch etwas, das ich wissen muss.“
„Frag nur“, fordert mich mein Vater auf, „mal sehen, ob ich die Antwort weiß.“
„Wo bin ich?“
„Was? Wie meinst du das?“
„Ich will wissen, wo ich bin, Papa!“
Norma und Metáfora sehen mich verwundert an.
„Du bist hier, mein Sohn“, sagt Papa, der meine Frage nicht verstanden zu haben scheint. „Hier bei mir.“
„Nein, Papa, das meine ich nicht. Ich will wissen, wo mein Körper ist. Der Körper, in dem ich geboren wurde!“
„Aber, Arturo … Dein Körper ist der, in dem du lebst … Ich verstehe dich nicht.“
„Du verstehst mich sehr gut! Ich meine den ersten Körper! Der, in dem ich lebe, ist der von Alquamed, Mahanias Sohn! Ich willwissen, wo mein wirklicher Körper ist! Der, in dem ich geboren wurde!“
„Tja … Das weiß ich auch nicht … Er wird in dem Tempel begraben worden sein, nehme ich an“, sagt er. „Wahrscheinlich ist nichts mehr von ihm übrig. Die Zeit und die Würmer werden ihn aufgefressen haben.“
„Papa, bitte! Lüg mich nicht an! Sag mir endlich einmal die Wahrheit!“
„Selbst wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen“, antwortet er mit fester Stimme. „Du musst es vergessen! Es ist nicht mehr wichtig. Jetzt zählt nur noch, was du bist. Das ist das Einzige, was dich zu interessieren hat.“
„Gut, wenn du es mir nicht sagen willst, dann muss ich es eben alleine rauskriegen.“
„Arturo, bitte, beruhige dich“, sagt Norma. „Dein Vater hat dir doch gesagt, dass er es nicht weiß.“
„Mein Vater hat mich die ganze Zeit angelogen! Und jetzt schon wieder! Warum willst du mir nicht sagen, wo mein Körper ist? Warum willst du nicht, dass ich weiß, wo sich der Körper befindet, den Mama zur Welt gebracht hat?“
„Weil das unwichtig ist, Arturo! Du bist alt genug, um dich so zu akzeptieren, wie du bist! Wir Adragóns sind dazu verurteilt, die Wirklichkeit zu akzeptieren, wie sie ist! Auch du!“
„Ich will mich ja nicht in eure Unterhaltung einmischen“, sagt Metáfora, „aber ich glaube, Arturo hat das Recht darauf, alles zu erfahren.“
„Was denn noch?“, brummt mein Vater. „Das Wichtigste weiß er doch schon: dass er tot geboren wurde und seine Mutter ihr Leben für ihn gegeben hat. Er weiß, dass er magische Kräfte besitzt, dass er unsterblich ist und dass er König werden wird. Was will er denn noch wissen?“
„Ich will wissen, wer ich bin! Ich will wissen, wie ich ausgesehen habe, als ich geboren wurde! Ich will wissen, wie mein Gesicht war, als Mama mich nach der Geburt gesehen hat! Ich will wissen, was Mama gesehen hat, bevor sie starb!“
„Willst du das wirklich wissen? Ja? Soll ich dir erzählen, wie du ausgesehen hast, als du geboren wurdest? … Gut, ich werde es dir erzählen … Hör zu … Du sahst genau so aus wie jetzt, ganz genau so! Dasselbe Gesicht! Es gibt keinen Unterschied zu dem, der du jetzt bist! … Also, quäl dich nicht mehr und hör auf zu fragen! Es gibt nichts mehr zu erzählen, klar?“
„Aber … Wo bin ich?“
„Die Nacht damals war die schlimmste in meinem ganzen Leben … Und jetzt kommt du und fragst mich, wo du bist! Tut mir leid, Arturo, aber ich werde es dir nicht sagen. Es ist ein Geheimnis, das ich nur mit deiner Mutter teile. Du wirst es niemals erfahren, weil du es nämlich nicht zu wissen brauchst. Es ist unwichtig für dich! Vergiss die Vergangenheit und denke an die Zukunft!“
„Meine Vergangenheit ist meine Zukunft,
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