Das Reich des Lichts
auf ihn, und der Kampf begann von Neuem. Währenddessen versuchte Escorpio vergeblich, das Blut zu stillen, das aus seinem Oberschenkel hervorsprudelte wie eine muntere Quelle.
„Ich verblute!“, schrie er. „Helft mir!“
Arturo und Morfidio hatten sich so sehr ineinander verbissen, dass seine Hilferufe ungehört verhallten.
Arturo verfolgte weiterhin seine Taktik und wich den wütenden Attacken des Grafen erfolgreich aus. Doch Panik erfasste ihn. Zum ersten Mal seit langer Zeit kamen Zweifel in ihm auf. Mit bangem Herzen fragte er sich, wie er dieser Hölle entrinnen könne. Flucht schied als Möglichkeit aus. Niemals hätte er vor einem Schurken wie Morfidio die Waffen gestreckt.
Plötzlich, als er gerade wieder einen schrecklichen Hieb abgewehrt hatte, kam ihm eine Idee, die er sogleich in die Tat umzusetzen beschloss.
Er wich zu dem Spalt zurück, der in den oberen Teil der Grotte führte. Der Graf sollte glauben, er sei erschöpft. Wenn er es schaffte, so dachte er, die beiden an einen anderen Ort zu locken, brauchte er sich keine Sorgen mehr um die Särge von Alexia und Émedi zu machen und könnte sich besser auf den Kampf konzentrieren.
Als Escorpio sah, dass die beiden Kontrahenten in dem Felsen verschwanden, folgte er ihnen. Das Blut hörte nicht auf zu sprudeln, und er wollte nicht alleine bleiben. Er wusste, dass er dringend Hilfe benötigte.
Kämpfend erreichten Arturo und Morfidio den Eingang der oberen Grotte. Arturo zeigte deutlich, dass seine Kräfte nachließen.
„Tja, junger König, hier wären wir also wieder!“, brummte Morfidio. „Zum zweiten Mal am selben Ort! Hier bin ich zu dem geworden, der ich bin: ein Unsterblicher, der den Verstand verloren hat.“
„Und es wird das letzte Mal sein, dass du diesen Boden betrittst“, erwiderte Arturo, immer darauf bedacht, seine Kräfte einzuteilen.
Morfidio glaubte an Arturos Stimme zu hören, dass er am Ende war. Er beschloss, seinen Vorteil zu nutzen. Als erfahrener Krieger wusste er, dass er nicht lange fackeln durfte. Drei Hiebe, und das Duell musste entschieden sein.
Er sammelte seine Kräfte und berechnete die Wucht der Schläge. Sodann spannte er die Muskeln an, hob das Schwert und schlug zu. Einmal … zweimal …
Zu einem dritten Schlag kam es nicht.
Morfidio blieb wie versteinert stehen. Das alchemistische Schwert steckte in seiner Brust. Sein Atem setzte aus, sein Körper krampfte sich zusammen.
Während die schwarze Masse nun auch sein Gesicht bedeckte, schwanden seine Kräfte, und das Schwert fiel ins Wasser. Arturo hatte ihn absichtlich ans Flussufer gelockt. Und jetzt stand der Graf bis zu den Knien im Wasser.
Er hielt nach Escorpio Ausschau, um ihn zu Hilfe zu rufen. Doch der lag ohnmächtig auf dem Boden. Um ihn herum breitete sich eine Blutlache aus. Da wurde ihm klar, dass sein Spitzel sterben würde.
Morfidio wusste, dass er unsterblich war, doch nun musste er feststellen, dass die Unsterblichkeit dort endete, wo sie begonnen hatte: im Wasser, umgeben von schwarzen Felsen. Bald würde er einer von ihnen sein.
„Weißt du nicht, dass die Unsterblichkeit dort endet, wo sie begonnen hat?“, fragte Arturo. „Du hast gedacht, dein Leben würde nie enden, nicht wahr? Das war ein Irrtum, Morfidio!“
Der Graf versuchte, sich das alchemistische Schwert aus der Brust zu ziehen, doch es gelang ihm nicht. Die magische Waffe war zu einem Teil des schwarzen Felsens geworden, in den er sich zu verwandeln begann.
„Morfidio, erinnerst du dich noch daran, was Arquimaes in jener Nacht in Drácamont zu dir gesagt hat, damals, als du uns verschleppt hast?“, fragte ihn Arturo. „Erinnerst du dich an seine Worte, als du uns mit Folter gedroht hast?“
Obwohl es um Morfidio schwarz wurde, hallten in seinem Kopf einige Sätze wider … „Einer wie du kann nicht unsterblich sein“ … „Du wirst mein Geheimnis niemals verstehen, auch wenn ich es dir tausendmal erkläre“ …
„Ich jedenfalls erinnere mich sehr gut daran“, sagte Arturo. „Er hat dir prophezeit, dass du ihm niemals das Geheimnis der Unsterblichkeit entreißen kannst. Und wie du siehst, hatte er recht.“
Morfidio wurde von einem weiteren Krampf geschüttelt, der von starkem Schüttelfrost begleitet wurde.
„Vater …“, stammelte er. „Ich komme … Verzeiht mir …“
Sein Körper wurde hart wie ein Felsen. Er krümmte sich zusammen und verwandelte sich in eine dunkle Steinmasse, von der einige Stücke absplitterten und im kristallklaren
Weitere Kostenlose Bücher