Das Reich des Lichts
deiner Vorfahren handeln, der …“
„Der genauso hieß wie ich, der dieselben Buchstaben auf dem Oberkörper hatte und einen Drachenbuchstaben auf der Stirn. Und der vor rund tausend Jahren gelebt hat. Wollten Sie das sagen?“
„Ich sage nur, dass das eine der möglichen Theorien ist“, antwortet er. „Allerdings die wahrscheinlichste. Wir wissen noch sehr wenig über die Welt der Träume, und das, was wir wissen, ist wissenschaftlich nicht abgesichert.“
„Doktor Bern hat eine These aufgestellt, die auf unseren Forschungsergebnissen basiert“, mischt sich Doktor Vistalegre ein. „Eine sehr stichhaltige These, wie ich finde. Ich stimme mit ihm überein.“
„Soll das ein Witz sein?“, erwidere ich. „Wie kann eine These stichhaltig sein, wenn sie auf etwas basiert, was man nicht genau weiß? Er selbst hat es eben gesagt. Man weiß so gut wie nichts über den Ursprung und die Bedeutung der Träume. Alles beruht auf Vermutungen. Oder etwa nicht?“
„Es stimmt, meine Annahme wird durch fast nichts gestützt“, gibt Bern zu. „Aber nach und nach sehen wir klarer. Einige von uns glauben, dass so etwas durchaus möglich ist.“
„Und Sie wollen mir einreden, dass diese Träume seit meiner Geburt in meinem Hirn eingepflanzt sind?“, lache ich. „Wie ein Samenkorn oder so was in der Art?“
„In deinem Unbewussten“, korrigiert er mich, „in dem tiefen und dunklen Abgrund, der von Fantasien, Erinnerungen und Wünschen bevölkert ist … Dort befindet sich alles, was wir über uns nicht wissen. Doch manchmal kann es vorkommen, dass es sich in unseren Träumen zeigt … oder in unseren Albträumen.“
„Gut, meine Träume haben sich also schon immer in meinem Unbewussten befunden. Und jetzt, nach vielen Jahren, sind sie zum Vorschein gekommen, so wie eine versunkene Insel aus dem Meer auftaucht. Meinen Sie das?“
„Genau so! Sie waren seit deiner Geburt in dir. Und jetzt endlich tauchen sie auf. Sie können dir helfen, dich selbst besser zu verstehen.“
„Ich bin doch kein Ritter aus dem Mittelalter! Ich begreife nicht, warum ich diese Träume habe.“
„Arturo, wärst du bereit, dich einer Hypnose zu unterziehen?“, fragt Doktor Bern. „Das könnte sehr nützlich sein.“
„Nützlich wofür?“
„Um das Ganze zu vertiefen. Möglicherweise entdecken wir dabei überraschende Dinge. Ich habe viel Erfahrung mit so etwas und versichere dir, dass eine Hypnose sehr aufschlussreich sein kann.“
„Aber was genau hoffen Sie zu finden, Doktor?“
Vistalegre und Bern schauen sich an. Sie zögern mit der Antwort, und dann sagt Doktor Bern schließlich:
„Wir vermuten, dass deine Träume eine Botschaft enthalten, die dir dein Vorfahre zukommen lassen will. Eine Hypnose würde das bestätigen. Wir könnten herausfinden, auf welche Weise die Träume in dein Inneres gelangt sind.“
„Eine Botschaft?“, frage ich verständnislos. „Was für eine Botschaft?“
„Das wissen wir nicht, aber es wird unter uns bleiben“, verspricht Doktor Vistalegre. „Niemand wird etwas davon erfahren. Es wird unser Geheimnis sein.“
„Ich muss darüber nachdenken. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das will. Es ist eine sehr schwierige Entscheidung. Ich werde Ihnen Bescheid geben.“
Die Sitzung war lang und kompliziert. Ich muss zugeben, dass ihr Vorschlag interessant ist. Wir könnten herausfinden, was mit mir los ist. Aber so sehr ich mir auch wünsche, die Wahrheit über meine Träume zu erfahren, so möchte ich doch auf keinen Fall, dass irgendjemand Zugang zu ihnen bekommt. Sie gehen nur mich etwas an, und ich bin nicht bereit, sie mit irgendjemandem zu teilen. Und schon gar nicht, wenn ich mir überlege, dass diese Leute alles aufzeichnen und verbreiten, wenn auch nur unter „Fachleuten“.
Als ich hinaus auf die Straße trete, steht Cristóbal vor mir.
„Ist das ein Zufall?“, frage ich ihn. „Oder bist du gekommen, um deinen Vater zu besuchen?“
„Sowohl als auch“, antwortet er ausweichend. „Solche Zufälle gibt es doch, oder?“
„Klar, genauso wie Feen und Gnome.“
„Ehrlich gesagt, ich wollte mit dir reden. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen. Wo du doch zurzeit nicht in die Schule kommst …“
„Der Direktor hat mich beurlaubt. Nach dem, was in der Stiftung passiert ist, und weil Norma sich jetzt im Krankenhaus um meinen Vater kümmern muss, sind Metáfora und ich ganz und gar auf uns gestellt … Wie läuft es in der Schule?“
„Immer dasselbe. Na ja,
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