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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Verwunderung anstarrte.
    »Sie sehen überrascht aus, Mr. Watson, aber genau so war es«, sagte er. »Der andere Mann, sein Bruder, mit dem ich in London gesprochen habe, hatte auch gelacht und den gleichen häßlichen Goldzahn gezeigt. Wissen Sie, in beiden Fällen war mir das Glitzern des Goldes aufgefallen.
    Stimme und Körperhöhe waren die gleichen, und dies kam nun noch hinzu. So kam ich zu dem Schluß, daß der einzige Unterschied zwischen den beiden Männern mit Rasur und Perücke bewerkstelligt worden sein konnte. Ich zweifelte nun nicht mehr daran, daß ich es mit ein und demselben Mann zu tun hatte. Natürlich kann man bei Brüdern eine gewisse Familienähnlichkeit erwarten, wohl aber nicht, daß beide die gleiche schlechtsitzende Goldplombe tragen. Mit einer Höflichkeitsfloskel und Verbeugung war ich wieder entlassen, und kurz darauf stand ich auf der Straße und wußte nicht mehr, ob ich auf meinen Füßen oder auf dem Kopf stand. Ich ging zurück zu meinem Hotel, steckte den Kopf in kaltes Wasser und versuchte nachzudenken. Warum war ich von London nach Birmingham geschickt worden? Warum war er vor mir hier angekommen?
    Und warum hatte er sich selber einen Brief geschrieben? Alles war plötzlich zu hoch für mich, ich sah in der ganzen Sache keinen Sinn mehr. Und plötzlich erschien mir in aller Dunkelheit, die mich umgab, ein Licht, ich dachte an Sherlock Holmes. Ich hatte gerade noch Zeit, zum Bahnhof zu eilen, um den Nachtzug nach London zu erwischen. Gleich am nächsten Morgen suchte ich Sherlock Holmes auf. Ja, so war es. Und jetzt reisen Sie beide mit mir zurück nach Birmingham.«
    Der junge Börsenmakler hatte seine erstaunliche Geschichte beendet. Eine Pause war entstanden.
    Sherlock Holmes blinzelte mir zu, dann lehnte er sich genüßlich in die Polster zurück, mit jenem erwartungsvollen Blick, mit dem ein Genießer den erste Schluck eines ausgezeichneten Weines zu sich nimmt.
    »Feine Sache, Watson, nicht wahr?« sagte er. »Ich nehme an, daß Sie mit mir übereinstimme n in dem Gedanken, daß das vor uns liegende Gespräch mit Mr. Arthur Harry Pinner in dem provisorischen Büro der Franco-Midland-Haushaltswaren-Gesellschaft Ltd. eine recht interessante Bereicherung unserer Erfahrungen sein könnte.«
    »Aber wie wollen wir vorgehen?«
    »Oh, das ist leicht genug«, sagte Hall Pycroft zuversichtlich. »Sie sind zwei arbeitslose Freunde von mir, die sich nach einer Anstellung umsehen. Was wäre natürlicher, als daß ich Sie meinem Direktor vorstellte?«
    »Richtig, was könnte natürlicher sein. Ich möchte mir diesen Herrn doch gerne einmal aus der Nähe ansehen. Dann überlegen wir, was mit diesem kleinen Spiel anzufangen ist. Was haben Sie für Qualifikationen, mein Freund, mit denen Sie der Firma un-schätzbare Dienste erweisen können? Oder sollte es möglich sein, daß --. « Er schaute zum Fenster hinaus, kaute an den Fingernägeln und sprach kein einziges Wort mehr, bis wir in der New Street angekommen waren.
    Um sieben Uhr schlenderten wir alle drei in die Büros der Gesellschaft in der Corporatio n Street.
    »Es nützt uns gar nichts, wenn wir zu früh kommen«, sagte unser Klient, »denn mir scheint, als käme er nur, wenn er mit einem verabredet ist. Sonst ist das Büro von niemandem besetzt.«
    »Das spricht für sich«, sagte Sherlock Holmes.
    »Mein Gott, was habe ich gesagt? Sehen Sie, dort geht er gerade vor uns her.«
    Er zeigte auf einen kleinen, dunklen, gutgekleideten Herrn, der auf der anderen Straßenseite dahinging. In dem Augenblick schaute er gerade einem Zeitungsjungen nach, der die letzten Neuigkeiten ausrief. Dann lief er zwischen Bussen und Wagen hindurch, um sich eine Zeitung zu kaufen. Diese umkrallte er mit der Hand und verschwand im Gebäude.
    »Da geht er hin«, rief Hall Pycroft. »Dort drüben sind die Büros der Gesellschaft. Kommen Sie schnell. Ich muß sehen, wie ich das jetzt hinkriege.«
    Wir kletterten hinter ihm her die fünf Treppen hoch und fanden uns schließlich vor einer halbgeöffneten Tür, an die unser Klient klopfte. Eine Stimme bat uns herein, und wir betraten den kahlen Raum, den uns unser Klient beschrieben hatte. An dem einzigen Tisch saß der Mann, den wir auf der Straße gesehen hatten. Die Abendzeitung lag ausgebreitet vor ihm. Er sah auf. Ich glaube, noch nie habe ich in ein traurigeres, kummervolleres Gesicht geblickt. Nein, da war etwas, das über Traurigkeit hinausging. Pechschwarzer Horror war in seinem Gesicht zu lesen.
    Ein

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