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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Erklärung gefunden, die sich am Ende auch als richtig erwiesen hat. Es ist ihm einfach unmöglich, die praktischen Punkte herauszuarbeiten, die man braucht, wenn man einem Gericht mit all seinen Schöffen einen Fall vorlegen will. «
    »So hat er aus dieser Gabe auch keinen Beruf gemacht?«
    »Aber keineswegs! Was für mich Broterwerb bedeutet, ist für ihn ein Steckenpferd. Da er so ungeheuer gut Zahlen im Kopf behalten kann, ist er Buchprüfer in irgendwelchen Departements im Parlament. Mycroft hat eine Wohnung in der Pall Mall, jeden Morgen geht er zum Dienst in die Whitehall, die gerade um die Ecke liegt. Jeden Morgen geht er hin und jeden Abend wieder zurück. Vom Anfang des Jahres bis zum Ende hat er keine andere körperliche Übung. Außer in seinem Diogenes Club wird er auch sonst nirgends gesehen. Und der Club liegt seiner Wohnung direkt gegenüber. «
    »Ich habe diesen Namen noch niemals gehört.«
    »Das ist sehr gut möglich. Viele Herren der Londoner Gesellschaft sind entweder so schüchtern oder aber so menschenfeindlich, daß sie einfach die Gesellschaft anderer Menschen meiden.
    Trotzdem haben sie nichts gegen bequeme Sessel und die neuesten Zeitungen einzuwenden. Für diese Herren wurde der Diogenes Club ins Leben gerufen. Die größten Eigenbrötler und ungeselligsten Männer der Stadt sind seine Mitglieder. Kein Clubmitglied darf Notiz von einem anderen nehmen. Unterhaltung ist höchstens im Besucherzimmer erlaubt. Überall sonst herrscht Schweigen. Wer dieses Gebot dreimal übertreten hat und dem Komitee gemeldet ist, kann unter Umständen aus dem Club ausgeschlossen werden. Mein Bruder war einer der Begründer dieses Clubs. Ich bin immer ausgesprochen gerne dort, es herrscht eine sehr wohltuende Atmosphäre.«
    Mittlerweile hatten wir die Pall Mall erreicht. Wir waren von der St. James Street hergekommen und wanderten die Straße nun herunter. An einer Tür, ganz in der Nähe des Charlton-Hotels, blieb Sherlock Holmes stehen und machte mir ein Zeichen, nicht zu reden. Dann führte er mich in die Halle. Durch die Glasscheiben konnte ich einen Blick in einen luxuriö s eingerichteten .
    Raum werfen. In den vielen kleinen Ecken und Nischen saßen in bequemen Sesseln Herren und lasen Zeitung. Jeder war für sich. Holmes führte mich in ein kleines Zimmer, dessen Blick auf die Pall Mall ging. Dann ließ er mich einige Minuten allein. Bald aber kam er in Begleitung eines Herrn zurück. Das mußte sein Bruder sein. Mycroft war viel größer und breiter als Sherlock.
    Seinen Körperbau konnte man schon als korpulent bezeichnen, dennoch hatte das Gesicht, wenn es auch massig und breit wa r, seinen scharfen Blick bewahrt, für den auch Sherlock so berühmt war. Seine Augen, die einen ganz bestimmten grauen Farbton hatten, schienen ständig in weite Fernen zu blicken. Aber es war der gleiche introspektive Blick, den ich so oft bei Sherlock wahr genommen hatte, wenn er seine größten Kräfte ausspielte.
    »Es freut mich sehr, Sie zu treffen, Sir«, sagte er und streckte mir seine breite, etwas fette Hand hin, die ein bißchen wie die schwere Pfote eines Seehundes aussah. »Durch Sherlock höre ich ständig von Ihnen, seinem Biographen. Übrigens, Sherlock, hatte ich dich letzte Woche erwartet.
    Ich dachte, du würdest dir meinen Rat einholen wegen des Falles um das Herrenhaus. Ich glaubte tatsächlich, du hättest dich ein wenig übernommen.«
    »Nein, ich habe den Fall gelöst«, sagte mein Freund lächelnd
    »Es war natürlich Adams.«
    »Ja, es war Adams.«
    »Dessen war ich mir von Anfang an sicher.« Die Brüder hatten sich in einer Fensternische des Besuchszimmers niedergelassen »Für jeden, der Menschen studieren möchte, ist dies genau der richtige Platz«, sagte Mycroft, »sieh dir diese bezaubernden Typen an. Achte einmal auf diese zwei Herren, die da jetzt auf uns zukommen, nur einfach einmal so als Beispiel.«
    »Der Billardmarker mit seinem Begleiter?«
    »Genau. Was hältst du von dem anderen?«
    Die beiden Männer waren vor dem Fenster stehen geblieben. Ein wenig Kreidestaub an der Weste des einen war das einzige, das auf Billard hinwies, jedenfalls galt das für mich. Der andere war ein schmaler, dunkler Mensch, der seinen Hut in den Nacken geschoben hatte und ein Paket unter dem Arm trug. »Sicherlich ein Soldat«, sagte Holmes.
    »Erst kürzlich entlassen«, bemerkte der Bruder.
    »Soweit ich sehen kann, hat er in Indien seinen Dienst absolviert.«
    »Ein Mann mit

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