Das Reine Karma 1

Fähigkeiten. Wie später festgestellt werden konnte, hatte die Crew gegen Instruktionen verstoßen, weil sie allzu sehr von ihren Fähigkeiten überzeugt gewesen war. Prahlerei mit den eigenen Fähigkeiten und mangelnde Bereitschaft, einen Misserfolg einzugestehen, verstärken die Bindung an die Fähigkeiten und den Hochmut beträchtlich und führen zu Problemen.
    Im Mai 1994 war ich im Urlaub in Jalta. Während eines Yachtausflugs beschloss ich, an einem Schleppseil hinter der Yacht her zu schwimmen. Da gab es plötzlich eine heftige Böe, die die Yacht stark beschleunigte. Ich wurde unter Wasser gezogen, ohne vorher Luft holen zu können. Mir war es peinlich, dass ich in dieser Situation hilflos war und fast ertrunken wäre. Ich rettete mich dadurch, dass ich das Seil losließ und im Meer zurückblieb. Eigentlich hätte ich mich mit aller Kraft am Seil festhalten müssen. Wenn ich etwas mehr von meinen Fähigkeiten überzeugt gewesen wäre, hätte ich mich länger am Seil festgehalten und wäre ertrunken. Es ist besser, Angst zu haben, als nach Ruhm zu streben. Über den Ersten wird gelacht, der Zweite wird beweint. Ehrlichkeit ist ein hervorragendes Mittel, um sich von Hochmut zu reinigen. Wenn ich mich nicht scheue zu zeigen, dass mir etwas misslingt, und mich bemühe, meine Misserfolge zu akzeptieren, d.h. innerliche Demütigung zu akzeptieren, dann wird Hochmut am besten geheilt. Hieraus ergibt sich die einfache Schlussfolgerung — ein aufrichtiger Mensch lebt länger und wird seltener krank. Ein Mensch mit ausgeprägtem Hochmut ist in der Regel unaufrichtig, rachsüchtig, leicht aufzubringen und zu kränken. Eine solche Weltauffassung wird sehr rigide geheilt.
    Wir sind alle bestrebt, die Fähigkeiten der Kinder zu entwickeln, ihre seelischen Eigenschaften zu fördern, ihnen Weisheit zu vermitteln und ihnen ein glückliches Schicksal zu bereiten. Wir wissen jedoch nicht, dass das Kind, wenn das bei ihm zum Selbstzweck wird, alles verliert, und oft mit der Gesundheit auch das Leben. Gegenwärtig werden überall Schulen eröffnet, in denen die Fähigkeiten der Kinder gefördert werden. Niemand denkt daran, dass Fähigkeiten ein Kraftwagen sind, der zum Ziel bringen, aber auch töten kann. Ohne Ethik und Erkenntnis der Welt machen Fähigkeiten nicht glücklich, sondern töten. Ich kann nicht umhin, noch ein Beispiel anzuführen, in dem das deutlich gemacht wird.
    Man erzählte mir eine sehr interessante Geschichte: Ein achtjähriger Junge besaß keinerlei Fähigkeiten. Er war nicht einmal imstande, einige englische Wörter zu lernen. Einmal suchte seine Mutter eine Wunderheilerin auf, und diese versprach, dem Kind zu helfen. Die Wunderheilerin sah zwischen den Hirnhälften des Jungen eine Energiesperre und beseitigte sie. Danach geschah ein Wunder — der Junge begann, gut zu lernen, er entwickelte hervorragende Fähigkeiten. Man bat mich, die Situation zu kommentieren. Ich betrachtete den Zusammenhang und sah ein sehr interessantes Bild. Im ersten Fall war das Informationsfeld durch sein Schicksal verschlossen, die Fähigkeiten waren blockiert. Nach der Einwirkung der Wunderheilerin wurde die Blockierung beseitigt, doch im Feld des Jungen tauchte der Tod auf, und die Parameter des Schicksals verfielen. Ich sagte der Mutter, dass es angebracht ist, mit dem Jungen in die Sprechstunde zu kommen.
    Nun sitzen Mutter und Sohn vor mir, und ich versuche, ihnen die Situation zu erklären.
    „Ihr Sohn hatte im früheren Leben sehr große Fähigkeiten und besitzt sie auch in diesem Leben. Im früheren Leben verlieh ihm das einen hohen gesellschaftlichen Status und ein Image. Doch er wurde vom Image abhängig, stellte es über Gott, verachtete jene, die einen niederen Status hatten, beneidete jene, die ihn überflügelten, hasste jene, die ihn durch Gerüchte und Fehlverhalten in seinem Image demütigten. Der Hochmut verstärkte sich bis zur roten Marke, und er starb. Wenn er in diesem Leben einen hohen gesellschaftlichen Status erhält, dann wird er sich daran binden und kann umkommen. Damit er länger leben kann, hat das Schicksal seine Fähigkeiten, die ihm zu einer hohen Stellung in der Gesellschaft verhelfen würden, blockiert.“
    Die Frau blickt mich erstaunt und verzweifelt an.
    „Was kann man tun?“
    „Die Begriffe ,Karriere’ und ,Stellung in der Gesellschaft’ müssen für den Jungen für lange tabu sein. Wenn ein Mensch jederzeit bereit ist zu verlieren und diesen Verlust als gottgegebene Reinigung zu