Das Reliquiar
Toilette.«
»Warum sind Sie nicht auf die im Zug gegangen?«
»Da war immer besetzt.«
Serpieri sah in den Rückspiegel. »Verspüren auch Sie ein dringendes Bedürfnis?«, fragte er Nicholas.
»Wie haben Sie das erraten?«, erwiderte der junge Schotte und lächelte. Ihm war klar, dass sich Elena der
Kontrolle des Mannes entziehen wollte, und dazu mussten sie raus aus dem Wagen.
»Na schön.« Serpieri seufzte. »Wir halten bei der ersten Raststätte an der Autobahn.«
Serpieri hielt Wort. »Ich geben Ihnen zehn Minuten«, sagte er und drehte sich halb um.
Elena und Nicholas stiegen aus und gingen über den Parkplatz in Richtung der Toiletten. An einer Stelle, wo Serpieri sie nicht sehen konnte, blieben sie stehen.
»Ich traue dem Burschen nicht«, sagte Elena. »Ich habe nicht die Absicht, ihn nach Rom zu begleiten, ohne zu wissen, zu wem er uns bringt und warum.«
»Mir ist der Typ auch nicht ganz geheuer.Was hast du vor?«
»Wir verständigen die Polizei. Dort drüben ist eine Telefonzelle. Wir rufen an und melden ein verdächtiges Auto, beschreiben den Fahrer und geben das Kennzeichen durch. Bestimmt dauert es nicht lange, bis uns ein Streifenwagen anhält.«
»Das scheint mir ein bisschen zu kompliziert zu sein. Und außerdem... Glaubst du nicht, dass Serpieri eine solche Möglichkeit berücksichtigt hat?«
»Die Alternative ist Flucht.Wir verschwinden von hier, indem wir jemanden bitten, uns mitzunehmen.Was allerdings bedeutet, dass wir nie erfahren werden, zu wem uns Serpieri bringen wollte.Vielleicht gehört er zu Enzos Orden …«
»Ich bezweifle, dass dieser Orden so mächtig ist, dass er jemanden bei den von Odelbergs einschleusen könnte, aber es lässt sich nicht ganz ausschließen... So kommen
wir nicht weiter, Schatz.Wir müssen jetzt sofort eine Entscheidung treffen, bevor Serpieri nach uns sucht.«
»Ich bin müde und will nach Hause«, sagte Elena.
Nicholas lächelte. »Na schön. Dann müssen wir jemanden finden, der bereit ist, uns mitzunehmen. Und zwar schnell.«
»Das sollte kein großes Problem sein.« Elena sah sich um und bemerkte einen älteren, elegant gekleideten Mann, der gerade aus der Toilette kam. Sie ging zu ihm. »Entschuldigen Sie bitte, könnten Sie meinen Bruder und mich mitnehmen?«, fragte sie mit einem gewinnenden Lächeln.
Der Mann musterte sie, bevor er erwiderte: »Und warum?«
»Wir haben eine Panne und müssen so schnell wie möglich nach Florenz.Wissen Sie, unsere Oma ist plötzlich sehr krank geworden, und...« Elena seufzte und gab sich den Anschein, als könnte sie nur mit Mühe die Tränen zurückhalten.
Der ältere Mann lächelte verständnisvoll. »In Ordnung. Sie haben Glück, denn ich fahre tatsächlich nach Florenz. Kommen Sie.«
»Wäre es Ihnen sehr lästig, Ihren Wagen hierherzuholen?«
Der Mann sah Elena aufmerksam an. »Und warum?«, fragte er argwöhnisch.
»Meinem Bruder fällt das Gehen schwer. Bitte seien Sie so freundlich.«
Damit weckte Elena das Mitgefühl des Mannes. »Also gut.Warten Sie hier.« Und damit ging er.
Elena kehrte zu Nicholas zurück. »Alles klar. Er bringt
uns bis nach Florenz, von dort nehmen wir den Bus nach Sandriano. Ah, und noch etwas: Du solltest besser hinken.«
»Warum?«, fragte Nicholas überrascht.
»Weil wir nur entkommen können, wenn du hinkst«, erwiderte Elena und lächelte.
Wewelsburg, 14. November 2006
In dem großen Salon wirkte die Baronin noch kleiner und fragiler, doch der Glanz in ihren Augen ließ keinen Zweifel zu: Sie hatte lange auf diesen Moment gewartet. Und jetzt war er endlich gekommen. »Zuerst müssen Sie über Sabine Krause Bescheid wissen. Sie ist … sie war meine Pflegerin. Mit ihrer mutigen Hilfe konnte ich die Flucht der beiden von meinem Sohn entführten und gefangen gehaltenen jungen Leute vorbereiten. Sie hat Elena und Nicholas durch einen Geheimgang nach draußen gebracht, und anschließend sind sie mit dem Zug nach Italien gefahren. Aber Sabine wurde entdeckt. Karl hat sie verhört und sie dazu gebracht, alles zu gestehen. Anschließend hat er sie ermordet. Sie müssen ihn zwingen, Ihnen zu sagen, wo er die Leiche versteckt hat. Bis zu Ihrem Eintreffen blieb ihm nicht viel Zeit, sie verschwinden zu lassen, und deshalb muss sie hier noch irgendwo sein. Ich wage mir nicht einmal vorzustellen, was Karl mit der armen Sabine gemacht hat...«
Boch unterbrach sie und rief Rasche und Baumann. »Schnappt euch Karl und quetscht ihn aus. Die Leiche der Pflegerin muss
Weitere Kostenlose Bücher