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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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nach München. Fang sie dort im Bahnhof ab.«
    Bruno wollte etwas sagen, doch plötzlich heulten drau ßen Sirenen auf.
    »Was zum Teufel ist da los?«, entfuhr es Otto.
    Bruno lief zum Fenster und beobachtete, wie mehrere
Streifenwagen auf den Hof fuhren. »Wir bekommen Besuch, Vater.«

Zwischen Kassel und München, 14. November 2006
    Nie waren sie der Lösung des Rätsels so nahe gewesen, doch die Müdigkeit forderte ihren Tribut: Elena und Nicholas waren eingeschlafen und hatten dadurch riskiert, in München den Anschlusszug zu verpassen. Sie stärkten sich mit einem Kaffee, legten die von Elfriede stammenden Blätter auf den kleinen Tisch des Abteils und versuchten, aus ihnen schlau zu werden.
    »Der Text ist völlig unleserlich«, sagte Nicholas nach einer Weile.
    »Das stimmt nicht ganz«, widersprach Elena. »Dies hier sind zweifellos Zeilen eines Gedichts.« Sie hob zwei Blätter gegen das Licht.
    » Und an seinen Ufern dunkle Berge ragen auf / Und dort, so scheint’s, sprießen der Schleier Zweige zuhauf...«
    Nicholas sah Elena verwundert an.
    »Dies hier sind Briefe«, fuhr Elena fort. »Und hier haben wir zwei Seiten aus dem Tagebuch meines Groß vaters.Wie ausgebleicht sie sind... Du hast Recht, Nick. Es ist wirklich schwer, das zu entziffern. Wir bräuchten eine weitere Lampe und ein Vergrößerungsglas...«
    »Steck die Unterlagen weg, Elena. Sie könnten sonst vollkommen ruiniert werden. Und außerdem möchte ich nicht, dass sie jemand sieht. Inzwischen wissen die von Odelbergs sicher von unserer Flucht, und ich wette, dass sie die Hände nicht in den Schoß gelegt haben.«
    Elena nickte. Sie nahm die Blätter, wickelte sie vorsichtig
wieder in das Wachspapier und steckte das Bündel ein.

Wewelsburg, 14. November 2006
    Valente versuchte, sich nicht von der dunklen Masse der Burg beeindrucken zu lassen, als er noch einmal seine Waffe überprüfte. Die Geste war ihm zur Routine geworden, gab ihm ein Gefühl der Sicherheit und bereitete ihn auf den Einsatz vor. Er stand hinter Kommissar Boch und an der Seite von Rudolf Baumann, als sich das Tor öffnete und ein Butler erschien. Der große, kühl wirkende Mann musterte sie mit der gleichen Gleichgültigkeit, die er sonst vielleicht Staubsaugervertretern entgegenbrachte.
    »Ich bin Kommissar Boch«, sagte der deutsche Polizeibeamte. Er zeigte seinen Ausweis und ein Dokument. »Wir haben einen Durchsuchungsbefehl.«
    Das Gesicht des Butlers blieb unbewegt, als er zur Seite ging. »Treten Sie ein.«
    Sie betraten die Diele, die eigentlich mehr ein Saal war, und dort warteten Otto und Karl auf sie.
    »Ich hoffe, Sie haben einen guten Grund dafür, einfach so in mein Haus einzudringen«, sagte Otto eisig.
    Boch ließ sich nicht einschüchtern und zeigte noch einmal den Durchsuchungsbefehl. »Dies scheint mir ein ausreichender Grund zu sein, Baron.«
    »Erfüllen Sie Ihre Pflicht«, erwiderte Otto. »Aber bitte lassen Sie Vorsicht walten. Hier gibt es zahlreiche Objekte von unschätzbarem Wert. Nicht einmal die Gehälter Ihres ganzen Lebens würden genügen, um Schadenersatz zu leisten.«

    »Wir sparen Zeit und Mühe, wenn Sie uns offen Auskunft geben, Baron.«
    »Ich bin mir nicht bewusst, Ihnen etwas zu verheimlichen.«
    »Ich spreche vom Laboratorium.Wenn Sie uns zwingen, danach zu suchen, lässt sich ein gewisses Durcheinander nicht vermeiden. Wollen Sie uns nicht sagen, wo es sich befindet?«
    »Das Laboratorium?«, wiederholte Otto. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Ich habe nichts zu verbergen und zeige es Ihnen gern.«
    Boch sah Valente und Baumann an. »Nehmen Sie zwei Beamte und sehen Sie sich die Zimmer oben an.«
    »Karl begleitet Sie«, sagte Otto und deutete auf sei nen Assistenten. »Das Schloss ist groß, und Sie könnten sich verirren.« Und an Karl gerichtet: »Geh und zeig ihnen alle Zimmer, auch die der Familie.«
    »Wir werden versuchen, so wenig wie möglich zu stören«, sagte Baumann, bevor er Karl folgte.
    Valente warf ihm einen erstaunten Blick zu. »Entschuldigungen sind nicht nötig. Wir machen nur unsere Arbeit.«
     
    Als die Streifenwagen mit Sirenengeheul auf den Hof gefahren kamen, hatte Bruno einen besorgten Blick auf seinen Vater gerichtet, doch der hatte völlig ruhig gesagt: »Karl und ich kümmern uns um die Polizei. Nimm Günter und Sascha und fahr zur Landebahn. Gib Ernst Bescheid, dass ihr kommt und dass er alles für den Start vorbereiten soll. Fliegt nach München und holt die beiden Flüchtigen zurück.

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