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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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gesetzt.
    Wo Katherine nun aus dem Rennen war, wurde sie plötzlich gesprächig. Wurde eine richtige Plaudertasche. Erzählte Julia, daß es Raoul am Vorabend die Sprache verschlagen, daß er mit aufgerissenen Augen das Zimmer verlassen und die Tür zugeschlagen hätte.
    Nach zwei Stunden sei er dann zurückgekommen und hätte sie zur Rede gestellt, wobei er zum gleichen Schluß wie Julia gekommen sei: »Für eine Astronautin gibt es keine ungeplante Schwangerschaft.« Sollte heißen, daß sie ihre Körper präzise überwachten, die störanfälligen Maschinen, die sie in anderen Maschinen in den schwarzen Himmel trugen.
    Julia hatte das Pech, an jenem Morgen mit den beiden allein zu sein. Raoul wollte reden und doch wieder nicht, versuchte, das Thema aufzugreifen und ließ schließlich davon ab. Katherine wollte Axelrod sagen, daß sie von der Mission zurücktrat. »Aber dann wäre der ganze Flug im Eimer«, sagte Raoul.
    »Vielleicht«, sagte Julia vorsichtig, »besteht die Möglichkeit, einen Ersatzpiloten zu finden.« Obwohl sie keine Ahnung hatte, wo sie den hernehmen sollten.
    »Abtreibung kommt nicht in Frage«, sagte Katherine.
    Alle starrten trübsinnig auf den Fußboden der Cafeteria. Zwischen Katherine und Raoul hingen die Wolken eines abziehenden Gewitters. Es war alles gesagt.
    »Ich muß es ihm sagen.« Katherine stand schwerfällig auf.
    »Noch nicht«, bat Raoul.
    »Ich muß«, erwiderte Katherine hilflos und ging.
    Als Axelrod die Kunde vernahm, fiel ihm die Kinnlade herunter.
    Später erzählte Katherine Julia, daß der Mann baff gewesen und der schelmische Charme ihm in diesem Moment völlig abhanden gekommen sei. Sie hatte Meldung gemacht und den Raum sofort wieder verlassen. Er hatte fassungslos aus dem Fenster geblickt, ohne das großartige Panorama des Komplexes des Johnson-Raumfahrtzentrums noch wahrzunehmen.
    Raoul absolvierte an jenem Tag sein normales Trainings-Programm. Julia hielt sich in der Nähe auf. Sie verstand ihn und fragte sich, was sie für ihn tun konnte. Wie sie alle wollte er unbedingt zum Mars fliegen. Zudem spielte er eine wichtige Rolle für seine Mannschaftskameraden, weil er als Spitzenmechaniker seit den ersten Flügen zur Raumstation maßgeblich an der Entwicklung der Mars-Technik beteiligt gewesen war. Ohne ihn hatten sie wesentlich schlechtere Überlebenschancen.
    Natürlich wies Julia Viktor darauf hin. »Wir brauchen ihn«, sagte Viktor. »Wir finden eher Ersatz für einen Piloten als für Raoul.« Ihn inbegriffen.
    Axelrod nahm Raoul ins Gebet, wobei er sich nonchalant über die Bedenken des Flugleiters Brad Fowler wegen der Unterbrechung des Trainingsprogramms hinwegsetzte. Julia verrichtete mechanisch ihre Arbeit, im Bewußtsein, daß in der obersten Etage Axelrod versuchte, Raoul umzustimmen. Imaginäre Dialoge gingen ihr durch den Kopf, während sie sich an integrierten Schaltkreisen und analogen/manuellen Systemen, dem Vermächtnis des digitalen Zeitalters, die Zähne ausbiß. Auf dem Mars würde man mit Brachialgewalt vielleicht mehr erreichen als mit dem neusten Giga-Chip der einschlägigen Herstellerfirmen – doch das mußte man den Wunderkindern, die diese High-Tech-Komponenten entwickelten, erst einmal begreiflich machen.
    Irgendwie sickerte die Neuigkeit zu allen Besatzungen durch, und sie spürte das Unbehagen, das ihr von den Teams entgegenschlug.
    Der Nachmittag zog sich hin. Die PR-Leute bekamen ebenfalls Wind davon. Sie fragte sich, wer ihnen das wohl erzählt hatte, und stellte dann die Vermutung an, daß die cleveren Publizisten innerhalb des Konsortiums ein geheimes Netzwerk aus Informanten geknüpft hatten, um schlechte Nachrichten zu unterdrücken und die guten an die große Glocke zu hängen. Niemand hielt strikt den Dienstweg ein; jedenfalls nicht bei einer solchen Operation, für die es noch keine Erfahrungswerte gab und wo man hauptsächlich aus dem Bauch heraus handelte.
    Zu Julias Erstaunen kehrte Raoul gegen achtzehn Uhr zu den Trainingsmodulen zurück, als alle anderen schon die ersten Ermüdungserscheinungen zeigten. Er hatte Katherine gefunden und es ausdiskutiert. Julia und Viktor gingen in die Cafeteria und setzten sich unaufgefordert zu Raoul. Er faßte sich kurz: »Ich werde in der Mannschaft bleiben.«
    »Mein …« Mehr brachte Julia nicht heraus. »Axelrod …«
    »Es waren nicht seine Argumente, die mich zum Bleiben veranlaßt haben. Er bot mir sogar Geld an, aber nein – es war die Mission. Ich wäre nicht der, der ich bin,

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