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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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wenn ich nicht mitfliegen würde.«
    Julia wußte, was er meinte; sie sah es in den von Krähenfüßen umgebenen Augen und am verkniffenen Mund. Es hätte nicht funktioniert mit ihm und Katherine. Obwohl er sie für zweieinhalb Jahre nicht sehen würde, hätten sie auf diese Art dennoch gemeinsame Ziele – das Baby und den Mars. Jeder verfolgte jeweils ein Ziel. Irgendwie hatte dieses labile Gleichgewicht den langen, arbeitsreichen Tag überdauert. Sie wollte im Grunde gar nicht wissen, wie sie sich arrangiert hatten; manche Dinge blieben besser unter Verschluß. Er würde gehen, bevor ihr Kind geboren war, und vielleicht würde er es niemals sehen. Doch er konnte nicht anders.
    Aus irgendeinem Grund konnte Katherine auch nicht anders.
    Weshalb hatte sie diese Krise überhaupt ausgelöst? Eine mysteriöse Begleiterscheinung der Mutterschaft, der Mars … oder was? Julia trug dieses Element auch in sich und hatte sich schon oft gefragt, welche Geheimnisse der dunkle Keller des Bewußtseins wohl barg.
    Normalerweise entschieden weibliche Astronauten sich von vornherein gegen Kinder. Sie hätten das Ende der Karriere bedeutet. Katherine war nun Mitte Dreißig, und die biologische Uhr tickte unüberhörbar.
    An jenem Abend suchte Julia das Gespräch mit Katherine; mehr aus Neugier als aus dem Bedürfnis heraus, der Mission zu dienen.
    Doch Katherine sagte nichts. Von jenem Tag an sprach sie weder mit der Presse noch mit dem Konsortiums-Team. Sie verschwand sozusagen vom Radarschirm, wie ein abgestürztes Flugzeug.
    * * *
    Am nächsten Tag traf sie vor dem Simulator-Gebäude auf Raoul. Er schaute sie an, wandte den Blick ab, schaute sie wieder an. »Julia?«
    »He, hallo.« Sie fühlte sich unbehaglich und wollte weitergehen.
    »Äh … hättest du eine Minute Zeit?«
    »Ja, sicher.«
    »Komm hier rein.«
    Sie gingen in einen Umkleideraum. Der Raum war mit Werkbänken und Raumanzügen angefüllt, so daß nur Platz zum Stehen war.
    Er drehte sich zu ihr um. In seinen braunen Augen stand groß das Wort ›bitte‹ geschrieben.
    Sie waren hier allein, weil die Techniker und anderes Personal einen Störfall beheben mußten, der plötzlich in der Elektronik aufgetreten war. Es handelte sich um den Totalausfall einer Leiterplatte, für den indes niemand eine Erklärung hatte. Natürlich war eine alte Leiterplatte defekt. Bei den neuen Antimon-Platinen, die Axelrod favorisierte, wäre das nicht passiert. Sie würden erster Klasse zum Mars fliegen. Vor allem, wenn dadurch Gewicht eingespart wurde.
    Nachdem sie für eine Weile gewartet hatte, erkannte sie, daß er von sich aus nichts sagen würde. Er war dazu nicht in der Lage.
    Vielleicht war es auch besser so.
    »Wie … äh … ist es denn mit ihr gelaufen?« Diese Vorlage gestand sie ihm zu. Doch er mußte ihr zumindest auf halbem Weg entgegenkommen, um Himmels willen.
    »Ich … wir haben miteinander gesprochen. Du weißt es, ich weiß es, jeder weiß, daß … daß sie es wissen mußte.«
    »Das sagtest du bereits.«
    »Ja.« Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und legte den Kopf zurück.
    »Und was hat sie gesagt …?«
    »Sie hat im Grunde gar nichts gesagt, jedenfalls nicht direkt.«
    »O je.« Mein Gott, was für eine Beziehungskiste.
    »Aber, ich meine, wir wußten, was wir sagten.«
    Das ist mehr, als ich von mir sagen kann; aber laß dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen, Junge. »Sie hat zugegeben, daß sie absichtlich schwanger geworden ist? Obwohl der Mars damit erledigt war?«
    »Wie ich schon sagte, so konkret hat sie sich nicht dazu geäußert.«
    Er öffnete sich ihr nun. Der Gesichtsausdruck entspannte sich, und das Reden fiel ihm leichter. Die Stimme war noch immer ernst, aber nicht mehr so gehetzt. »So, wie ich es sehe, war sie mit ganzem Herzen Astronaut – Kindheitstraum und so weiter, wie bei den anderen auch. Der Sinneswandel ist schlagartig erfolgt. Die Alternative lautet nun Baby oder Mars, und sie hat sich für das Baby entschieden.«
    »Vernünftig.«
    »Du mußt vor dem gleichen Problem gestanden haben.«
    »Eigentlich nicht. Ich mag Kinder, aber nur die anderer Leute. Das genügt mir. Die kann ich hinterher nämlich wieder abgeben.«
    Er lachte – ein helles, glucksendes Lachen, und dann sprudelten die Worte wieder heraus. »Außerdem glaube ich, daß sie die Schnauze voll hatte.«
    »Die Schnauze voll.«
    »Ich meine, das ist nicht die NASA. Zumindest nicht die NASA von heute. Es ist wie die NASA der Sechziger, wo man mit jedem

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