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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht. Er hält den Schweißstab zu schräg.«
    Und damit stellte Hendrik seine Arzttasche auf den Boden, tippte Afa'Tolou kurz auf die Schulter, wartete, bis er das Gerät ausgeschaltet hatte, stülpte sich dann den Gesichtsschutz über und zog sich die Handschuhe an.
    »Los, gib Druck!« – Das Schweißgerät fauchte, die Flamme sprang an, und Ron stand wieder einmal sprachlos vor Staunen über diesen sonderbaren Chirurgen, der mit der Geschicklichkeit des wahren Profi die Schweißnaht zog.
    »Wo hast du denn das wieder gelernt?«
    »Konnte ich schon als Student. Ich mußte mir meine Brötchen selbst verdienen. Von meinem Alten konnte ich nichts erwarten, der war bei der Post … Und so machte ich in den Semesterferien und an den Wochenenden Anlagenbau. Die sagten mir damals schon, ich hätte das Zeug zum Schweißer. Vielleicht hätte ich das auch werden und in Heidelberg bleiben sollen …«
    Auch noch Anlagenbauer? Ron dachte an das, was ihm Hendrik erzählt hatte. Einen gutbezahlten Klinikjob hatte er wegen einer Liebesgeschichte aufgegeben. Und weil ihm die hoffnungslose Affäre mit der Frau eines Kollegen noch immer in den Knochen saß, folgten die Jahre als Arzt beim Roten Kreuz und der Hilfsorganisation Médecin sans Frontiere in den verschiedensten Krisengebieten. Bis nach Afghanistan war er auf diese Weise gekommen, hatte ein dutzendmal sein Genick riskiert, bis er schließlich nach einem Boats-People-Einsatz auf Tonga seßhaft wurde.
    Und du? fragte Ron sich. Alles auf's Spiel zu setzen wegen einer Frau? Wärst du dazu fähig? Vielleicht. Aber nur, wenn sie Tama heißen würde.
    Eine halbe Stunde später standen sie im Wohnraum von Rons Fale. Ron trug nur ein T-Shirt. Mit sachten, schnellen Bewegungen wickelte Hendrik Merz die Bandage ab, die die Schiene hielt. Der Kontrast zwischen den braungebrannten, muskulösen Schultern und dem schneeweißen, vernarbten Oberarm wirkte beinahe gespenstisch. Vorsichtig tasteten die Fingerspitzen des Arztes über den eingesunkenen Muskel. »Spürst du das?«
    Ron lächelte und schüttelte den Kopf.
    »Und wenn du das Schultergelenk bewegst?«
    »Nichts«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Müßtest du aber, mein Lieber. Eine Infektion konnten wir vermeiden, das war, vor allem bei den Bedingungen in Pangai, das Wichtigste. Aber ein Nagel im Knochenmark ist immer eine haarige Sache. So etwas bedarf äußerster Schonung. Und Schmerz heißt Ruhe, absolute Stillagerung. Und was machst du? Du tobst hier draußen herum.«
    »Geht doch. Siehst es ja!«
    »Ich sehe gar nichts, verdammt noch mal. Ich wünschte, ich könnte etwas sehen. Wenn ich nur eine einzige gottverfluchte Röntgenaufnahme hätte, wäre es mir bedeutend wohler.«
    »Deshalb tobe ich ja dort draußen herum«, grinste Ron.
    ***
    Tiefblau schimmernd hing der Käfig am Haken.
    Auf das Blau war Ron stolz. Schiffslack. Aus Pangai mitgebracht. Aber, mein Gott, wie entsetzlich sah die arme ›Paradies‹ aus …
    »Fehlt nur noch der Gorilla drin«, grinste Hendrik. »Und dann fahren wir von Insel zu Insel und verlangen Eintritt.«
    »Der Gorilla bist du«, knurrte Ron.
    Drei Wochen hatten sie sich nun abgeschunden, um das verdammte Ding dorthin zu bringen, wo es hing. An die Davits, die das Beiboot der ›Paradies‹ trugen, hatten sie eine massive Rohrkonstruktion angeflanscht, die die Rolle für das Stahlseil aufnehmen konnte. Da aber zu befürchten war, daß die Verankerung dem Gewicht nicht gewachsen sein könnte, mußten sie in den Rumpf eine Stütze einschweißen. Stunden hatte Hendrik über seinen Plänen und Berechnungen gebrütet, Tage an Bord verbracht, um die Umrüstung der ›Paradies‹ in einen haisicheren Austernfänger voranzutreiben.
    »Und ich Idiot dachte, ich werde hier als Arzt gebraucht!« fluchte er – aber das war nicht unbedingt ehrlich, die Arbeit machte Hendrik Merz Spaß … Abends kehrte er todmüde ins Haus zurück, und nach dem Essen – manchmal auch noch nach einer Partie Schach mit Ron – fiel er total erschöpft ins Bett, das ihm Tama in der Krankenstation gerichtet hatte. Der Raum hier, dies alles würde seine Welt sein. Bald? Eines Tages … Aber meist war auch seine Phantasie zu sehr erschöpft, um ihm entwerfen zu können, was geschehen würde, wenn alles so lief, wie er und Ron es sich vorstellten.
    Manchmal, wenn er Tamas Schwester im Garten sah, blieb er am Zaun stehen, um mit ihr zu sprechen. Er kannte ihre Geschichte. Ron hatte sie erzählt. Er war auch mit

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