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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Aufnahme abbrechen« oder so etwas Ähnliches …
    Aber der Film lief weiter.
    Einer dieser Burschen schwang sich nun über die Reling und hielt sein Automatikgewehr hoch. Es war Lavuka, der Jüngste, aber mit seiner Affenbehendigkeit hatte er sich für derartige Arbeiten immer am geeignetsten erwiesen. Und nun, nun war auch der Pai an Bord der ›Estrella‹.
    Da stand er nun, stand mit all seinen Ketten und dem Amulett auf der schmalen Brust, Ölspritzer auf den schimmernden Schultern und einem freundlichen Lächeln auf den kindlich aufgeworfenen Lippen, um die herum sich ein paar dünne, schwarze Barthaare verloren.
    »Hallo, Mister! – Morning.«
    Jos Ramon Jimenez brachte keinen Laut heraus. Er hob nur kurz die rechte Hand. Und warum er das tat, wußte er selbst nicht. Aber er sah alles zur selben Zeit: Waffen, den Aufdruck ROCK YOU – LUCKY EDDI's DISCOTHEK – SUVA auf dem roten T-Shirt des zweiten Burschen, der noch jünger schien als der erste, sein Lächeln und die weißen, kräftigen Zähne. Suva? Wo lag denn Suva? – Richtig, das war doch der Hauptort der Fidschis!
    Aber was taten die Burschen hier?
    Und dann sah der Comandante die schwere Heerespistole, die schräg im Gürtel des Jungen steckte. An ihr blieb sein Blick hängen. Eine Makarov. Er dachte es mit einer Art mechanischen Sachlichkeit. Und ein 9-mm-Kaliber. Er kannte die Waffe nur von Instruktionsabbildungen, aber diese hier war echt!
    ***
    »Hello, hello!« Auch der zweite sagte es und winkte fröhlich mit der linken Hand. Die rechte hielt ein Automatikgewehr. »Morning.«
    »Morning. – What are you doing around here? What kind of visit is this?«
    Der Comandante hatte beschlossen, die Dinge mit Ruhe und Umsicht zu nehmen. Sogar ein Lächeln brachte er zustande.
    Nun tauchten auch die anderen schwarzen Köpfe über der Bordwand auf. Naßtriefendes, schwarzglänzendes Haar, Schweißbänder, braune Schultern … Ein dritter stand jetzt an Deck, er war der größte von allen, hatte einen breiten, muskulösen Brustkorb und dunkle, finstere Augen. Auch er hielt so ein verdammtes Automatikgewehr in der Hand. Vielleicht war er ihr Anführer?
    José Ramon Jimenez war ein mutiger Mann. Doch nun war in ihm nichts als Angst.
    Piraten!
    Es war, als spalte das Wort seinen Schädel. Sein Herz begann zu hämmern, der Nacken verspannte sich. – Piraten? Aber das war doch ausgeschlossen!
    In rasendem Wirbel suchten seine Gedanken nach einer Antwort, nach einem Ausweg, nach irgend etwas … Piraten in der Südsee? Wer hat je davon gehört oder gelesen? Piraten gab's in der Straße von Malakka, es war eine Form von Elendskriminalität. Das waren dann halbverhungerte Fischer, denen nichts anderes übrig blieb, als Yachten, Küstenfrachter, kleine Tanker, selbst andere Fischerboote zu entern. Aber diese Szene hier war Tausende von Meilen entfernt. Piraten gab's doch nicht in Polynesien, nicht in der Südsee, auf den Pazifikinseln …
    Der Kleinste, der mit der MP und dem roten Kopftuch, machte einen Schritt auf ihn zu, noch immer grinsend. Aber Jimenez sah, wie sich der häßliche, handgefertigte Schalldämpfer auf ihn richtete, und da war etwas in den Augen dieses Kerls, das ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
    »You money?«
    Natürlich, dachte er, was sonst? Gib ihnen Geld. Aber du hast ja nichts an Bord. Nichts Wesentliches jedenfalls. Reine Vorsichtsmaßnahme … Schon im Yachtklub in Panama haben sie es dir erzählt: »Paß auf. Geklaut wird überall. Nimm deine Kreditkarten mit, aber laß kein Geld rumliegen.«
    »You want money?« Er konnte noch immer lächeln. »Yes! Much money. You got money, Mister?«
    Der Comandante warf einen Blick hinüber zur Insel.
    Mein Gott, die Küste war so nah! Vielleicht taucht jetzt ein Polizeiboot auf. Oder irgendein Boot. Er war zum ersten Mal hier. Ein wunderschöner Hafen ist das, hatten sie ihm gesagt. Und ein wunderschöner Hafen wird doch eine Coast-Guard haben. Oder eine Hafenbehörde, irgendeine Behörde …
    »I have some money«, hörte er sich sagen. »Ich hab' schon ein bißchen Geld an Bord.«
    Der mit dem Stirnband grinste: »Ein bißchen?« Dann drehte er den Kopf, stieß ein paar Worte in einem Eingeborenensingsang hervor, und die anderen lachten.
    Auch Jos Ramon Jimenez fühlte, wie sich in seinem brettharten Gesicht die Mundwinkel verzogen. Psychologisch vorgehen, mit den Wölfen heulen … Dann dachte er an Elena, und mit jeder vernunftgesteuerten Überlegung war es vorüber.

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