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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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irgendwo dort draußen einen Punkt ausgemacht.
    Er nahm das Glas an die Augen – ja, richtig, ein Boot …
    Die Vergrößerung holte die Einzelheiten heran: Ein Boot mit einer Kuttertakelung und von ziemlich sonderbarem, unförmigem Aussehen. Aber ohne Zweifel, dieses schwarze Ding dort hielt sich ganz gut. Und steuerte – wohin? Nach Norden, genau in die Wetterfront, die sich immer deutlicher mit höher wachsenden Wolken abzeichnete, mitten rein in die Gefahrenzone also. Ein guter Seemann mußte das sein – und dazu seiner Sache verteufelt sicher.
    Aber was heißt schon Gefahrenzone? dachte der Comandante. Hätte ich Elena nicht dabei, würde mir das bißchen Wetter auch keine großen Sorgen machen. Und der Skipper dort kennt die Gegend. Aber wieso eigentlich läuft er diesen Kurs? Was kommt denn dahinter? Nichts. Nichts, als Wasser …
    Vielleicht war es gerade dieses Rätsel, das den Comandante von der Gefahr ablenkte, die ihn selbst bedrohte.
    Und das war eine unmittelbare, dazu absolut tödliche Gefahr …
    Bei Elena Maria Jimenez verhielt es sich anders. Elena Jimenez war sich sofort bewußt, daß irgend etwas nicht stimmte, wenn sie auch das Ausmaß der Bedrohung zunächst falsch einschätzte, und das schon deshalb, weil sie sich gar nicht vorstellen konnte, was auf sie zukam.
    Elena Maria Jimenez stand in der kleinen Kombüse der ›Estrella‹. Sie war dabei, das Teegeschirr zu säubern und zu verstauen. Gerade schob sie die Bitterorangenmarmelade, ohne die es für Jos kein Frühstück gab, das diesen Namen verdiente, in den Eisschrank: Bitterorange von Catalina, Jos' alter Köchin, selbst eingemacht. So verrückt war er danach, daß er das Zeug im Fluggepäck um den halben Erdball mitgeschleppt hatte. – »Weißt du, Elena, das ist nun mal der Geschmack meiner Kindheit …«, pflegte er zu sagen.
    Eines der beiden Kombüsenfenster war auf der Steuerbordseite des Kabinenaufbaus angebracht. Elena Maria Jimenez hielt noch immer das Marmeladenglas in der Hand, als sie hinausblickte. Das Glas rollte über das Eisschrankgitter und schlug auf den Boden. Sie beachtete es nicht. Ihre Augen waren ganz weit geöffnet. Und in ihr war ein Gefühl, als durchfließe sie ein Strom heißen Bleis.
    Das Boot dort draußen, ganz nah …
    Dios mío, was will das Boot?
    Fünf Männer saßen darin.
    Fünf braungebrannte, wilde, junge Gesellen. Einheimische. »Kanaken«, sagte Jos immer. Inselbewohner waren das, jawohl, Kanaken …
    Auch das Boot mit diesen beiden schrecklichen Augen am Bug war ein einheimisches Fischerboot. Nur daß es ihr schnittiger, eleganter erschien als die, die sie schon gesehen hatte. Und außerdem: Es war mit einem ganz starken Außenbordmotor bestückt.
    Das Boot hielt direkt auf sie zu. Den Motor konnte Elena Maria nicht hören.
    Vielleicht hatten die Männer ihn abgestellt, oder er lief nur auf ganz niedrigen Touren. Aber was wollten die Fremden? Wieso kamen sie so nah heran, immer näher … näher und näher …
    Wie gelähmt preßte sie die Stirn an das Glas.
    Und dann sah sie es – und wußte, daß dieses dumpfe Gefühl der Angst, dieser Knoten im Hals zu Recht bestand.
    Ganz vorne am Bug kauerte ein schmächtiger Mann mit einem roten Kopftuch. Ketten hatte er um den Hals, genau, jede Einzelheit konnte sie sehen. Und was er in der Faust hielt, dieses schwarzglänzende Ding, das war doch eine Waffe! Eine Maschinenpistole, genauer gesagt!
    »Dias mío«, flüsterte sie, »heilige Jungfrau, hilf.« Dann griff sie nach dem Hörer des Bord-Intercomes: »José … José … José , melde dich doch! Bitte …«
    An ihren entsetzten Augen glitt das Boot vorüber. Fünf, ja, fünf Männer waren es. Und nicht nur einer trug eine Waffe, alle hatten sie Waffen.
    »José … José , sag doch was!«
    Aber niemand antwortete …
    ***
    Als der Comandante das Boot sah und feststellen mußte, was gespielt wurde, war es spät – zu spät. Der Haken des Enterseils hatte sich bereits in die Reling eingehakt.
    Die ›Estrella‹ zog ihr Dingi an einer Leine hinter sich her. Das Beiboot schwang jetzt herum, kurvte wild durch das Wasser. Die Männer zogen es an ihr Boot, und zwei Männer sprangen hinein, verkürzten mit kurzen, geschickten Bewegungen den Abstand und waren schon auf dem Steuerbordrumpf des Katamarans.
    Der Comandante hatte sich aus seinem Sessel erhoben. In ihm war eine völlige Leere, kaum ein Gedanke hatte darin Platz, nichts als dies: Das träumst du. Das ist ein Film! Gleich sagt jemand:

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