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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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extrem schlank geschnitten und besaß einen ziemlich hoch aufragenden Steven. Auf beiden Seiten des Bugs waren rotweiße Augen gepinselt, die Dämonen abwehren sollten.
    An Bord befanden sich fünf Männer. Das waren bei einem Boot dieser Größe zwei zuviel – falls es darum gegangen wäre, Netze auszubringen oder sie wieder einzuholen.
    Doch darum ging es nicht.
    Die fünf suchten eine andere Beute.
    Kaum waren sie einigermaßen außer Sicht der Hafenstation und der Häuser von Puerto de Refugio, zogen sie vom Heck eine ausgebleichte Militärplane ab. Was zum Vorschein kam, war ein starker Johnson-Außenbordmotor und Waffen: Drei chinesische Automatikgewehre, dazu eine tschechische Sten, auf deren Stummellauf ein handgeschmiedetes Rohr als Schalldämpfer geschoben worden war, und eine alte amerikanische Browning-MP. Zwei Militärpistolen lagen in einer Munitionskiste voll Ersatzrahmen, Handgranaten und Magazinen.
    Die fünf Männer nahmen ihre Waffen mit der gelangweilten Sachlichkeit in die Hände, die bewies, daß sie damit umzugehen verstanden. Keiner von ihnen sprach ein Wort.
    Der Pai trug ein rotes, verschwitztes Stirnband, das die schwarzen, glatten langen Haare zusammenhielt und die große, schlecht verheilte Narbe verdeckte, die vom Haaransatz bis zur rechten Braue reichte.
    Auf der schmächtigen, glatten, schweißigen Brust hingen drei Ketten. Zwei waren aus Betelnüssen und Haizähnen gefertigt, Glücksbringer, wie sie bei den Inselbewohnern der Straße von Malakka üblich sind, die dritte war eine Silberkette, an der ein Marien-Medaillon hing.
    Er saß vorne am Bug. Er nickte, als ihm einer der Männer die Sten brachte, ließ das Schloß einrasten, prüfte die Sicherung und richtete den Blick wieder nach vorne. Seine dunklen, langbewimperten, schräg geschnittenen Augen suchten das Schiff dort vorne, diesen alten, umgebauten Koprakahn mit dem sonderbaren Namen. Es hatte sich bereits ziemlich abgesetzt.
    Kaum hatten sie den Hafen verlassen, war die See unruhig geworden, und der kleine, schwache japanische Yamaha, den sie zur Tarnung angebracht hatten, hatte zu kämpfen. Das Großsegel der ›Ecole‹ aber war prall gefüllt. Nun wechselte sie erneut den Kurs, ging auf Steuerbord, Richtung Nordost.
    Die Männer schoben den schweren Johnson-Außenborder von der Bootsmitte ans Heck.
    »Was ist los, Pai?«
    Der Pai gab keine Antwort. Er hatte den linken Zeigefinger an die Nase gelegt und die Oberlippe hochgezogen.
    Sie warteten. Er hatte ihnen Geduld beigebracht, aber auch, daß man als Fischer nicht zu verhungern braucht, daß man sogar all die schönen Dinge haben kann, mit denen die Reichen in den Städten und Touristenzentren herumspielen: Schuhe, Kleider, Kassettenradios, gutes Essen, Bier, Whisky, Mädchen. Man bekam alles, wenn man es nur richtig anpackte, keine Angst hatte, die richtigen Waffen und den richtigen Anführer besaß.
    Ma'afu brach das Schweigen.
    »Was ist, Pai? Sollen wir nicht den Johnson montieren?«
    Ja, was war? Der Pai fluchte … Wo wollte dieser Drecksack von Franzose hin? Wieso lief dieser dicke, alte fette Kahn so schnell? Dabei war er bis zur Wasserlinie beladen!
    »Wann geht's los, Pai?«
    Ja, wann? Was wußten diese Baumaffen schon vom Geschäft? Los und drauf – und das war's dann. Die ›Ecole‹ aber, oder wie dieser komische Kahn hieß, lag bereits gute vier Seemeilen querab und hielt noch immer stur ihren Kurs. Wohin eigentlich? Da gab's doch nichts …
    Der Pai hob die Hand. Setzt den Außenborder, hieß das.
    Das schafften sie auch in wenigen Minuten. Aber was half der Johnson noch? Gerade hundert Liter faßte dieser Mülleimer von Tank. Ja, wenn der Franzose nach Süden geschwenkt wäre, in Richtung der Ha'apai-Inseln, wie er vermutet hatte, dort lagen Dutzende unbewohnter Atolle, und in ihrem Schutz wäre es ein Kinderspiel gewesen, den Franzosen fertigzumachen, die Ladung irgendwo an Land zu verstecken und sich gemütlich abzusetzen.
    Aber der Kerl mußte nach Norden, einfach nach Norden. Wohin? Ins Nirgendwo …
    In ohnmächtigem Zorn schlug der Pai die geballte Faust auf den Dollbord.
    Der Außenborder dröhnte jetzt auf vollen Touren. Laß ihn laufen. Den Mist-Franzosen holen wir schon ein. Nur – wann? Und was mach' ich mit dem Dieseltreibstoff, den er an Bord hat? Ich brauch' Benzin … Der Pai drehte sein Gesicht dem Fahrtwind entgegen.
    Die Sonne hatte sich nun völlig hinter einem Schleier verzogen, dort, wo der Franzose hinfuhr, wuchsen dunkle

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