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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zulassen, daß dieses Rattenpack Elena erschreckt? Zusehen womöglich, daß sie mit ihren dreckigen Fingern an ihr herumtasten? – Niemals! Was sind die schon?
    Der Comandante wirbelte herum, um den Bootshaken zu greifen, der an der Reling lag … Kanaken! Würstchen! … Schießen werden die nie … Sind viel zu feige dazu … Er dachte es, hatte den Bootshaken schon zum Greifen nah.
    Viel zu feige … – Im winzigen Zeitbruchteil, als sich die Kugeln aus der Maschinenpistole des Pai in seinen Rücken bohrten, vereinigten sich Hoffnung und Entsetzen.
    Der erste Einschlag saß dicht über dem linken Hüftknochen, der zweite zerfetzte Jos Ramon Jimenez' Niere, der dritte die Wirbelsäule, der vierte seine Lunge. Der Comandante spürte das alles nicht. Er war auf der Stelle tot.
    Doch der Pai gab sich damit nicht zufrieden. Er mußte seine Leute erziehen. Vor allem den Jungen.
    Mit einer weichen, lässigen Bewegung der Fußspitze rollte er die Leiche auf den Rücken. Der Kiefer war weit nach unten gesackt, die Mundhöhle voll Blut, und die Augen des Comandante starrten in den grau werdenden Himmel.
    Der Pai spuckte ihm ins Gesicht. Der Speichel traf genau die Stirn.
    »So, jetzt du! Mach's richtig.«
    Lavukas Gesicht war fahl, seine Lippen zitterten, aber der Junge reagierte sofort. Er zog die Pistole, beugte sich nieder …
    Der Pai riß ihn zurück: »Idiot! Kokosfresser! Willst du Löcher in den Rumpf schießen? – Da!« Er reichte ihm seinen Kris.
    ***
    Als die Schüsse fielen, stand Elena Jimenez an ihrer Spüle in der Kombüse. Elena hatte beide Handflächen auf die kühle Stahlplatte gestützt und konnte sich nicht lösen. Sie war wie gelähmt. Alles in ihr weigerte sich, das, was geschah – was geschehen sein mußte, zu akzeptieren: Sie hatten geschossen. Sie hatten auf José geschossen! Sicher hatten sie ihn totgeschossen …
    Ihre Angst suchte Worte. Ein Gebet? Das Misericordias Domini … Was hilft das jetzt? José muß tot sein! Nun werden sie zu dir kommen …
    Dann dachte sie an den Dienstrevolver ihres Mannes.
    Auch der Revolver würde nicht helfen. Du hast nur einmal mit so einem Ding geschossen – damals, bei dem Ausflug auf Antonios Landgut bei Jaén, damals, als die Männer auf Konservendosen zielten und Jos dir den Revolver …
    Ihre Hände hinterließen klargezeichnete, feuchte Konturen auf dem Spülblech. Jeder einzelne Finger war zu erkennen. Im Kartentisch! dachte Elena Jimenez. Der Revolver ist in der oberen Schublade!
    Nun wurde sie ganz ruhig. Sechs Patronen sind darin. Sechs? – Für fünf Männer sind das zu wenig. Aber einen bring' ich um. Vielleicht auch zwei … Was dann kommt, alles andere, ist mir egal …
    Elena brauchte nur drei Stufen hochzugehen, um in das Cockpit der ›Estrella‹ zu gelangen. Sie schob den Vorhang zurück, sah hoch, sah Josés Drehstuhl. Niemand war im Cockpit.
    In diesem Augenblick ging hinter ihr die Tür auf. Eine leise, weiche, hohe Stimme sagte: »Hello, Lady! Good morning …«
    Elena Jimenez drehte sich nicht um. Sie handelte sofort, ohne den Schatten eines Gedankens, bestimmt von einer einzigen Reaktion: Haß.
    Was sie in der Hand hielt, war kein Revolvergriff. Es war der Eisenstiel der großen, schweren Grillpfanne. Instinktiv hatte sie die Pfanne vom Haken über dem Gasbrenner gerissen. Sie warf. Sie warf mit aller Kraft und allem Schwung, zu dem sie fähig war.
    Ein singender Metallton, Klappern. Dann ein Fluch, Stöhnen und fremde Worte.
    Elena war bereits auf der Cockpit-Treppe. Sie riß die Schublade des Kartentischs auf: Da lag er, blauschimmernd und schwer. Sie glaubte die Stimme ihres Mannes zu hören: »Du mußt zuerst den Hahn spannen, Elena. Und wenn's mit einem Daumen nicht geht, nimm den zweiten zu Hilfe. So …«
    Ja, so! – Es ging mit einem Daumen. Aber mit beiden Händen mußte sie die Waffe halten – die rechte Hand um den Kolbengriff, die linke um das Handgelenk geschraubt …
    Genauso rasch, wie sie zuvor die Pfanne geworfen hatte, instinktiv und ohne das Ziel auszumachen, feuerte Elena Jimenez nun in die Kombüse. Es riß ihr den Arm hoch. Ein bitterer Geruch stach in ihre Nase.
    Diesmal kam kein Schrei zurück. Still war es, so still, daß draußen das leise Murmeln der Wellen zu hören war, die an dem treibenden Katamaran vorüberstrichen.
    »Lady? What are you doing …?«
    Das war die kehlig-singende Stimme von zuvor. Nun lachte sie sogar. Es war jedoch kein richtiges Lachen, eher ein Kichern.
    »Schießen Sie die Küche

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