Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
ähnelten sich ja doch. In den drei Monaten Knast, die er auf Tahiti abgerissen hatte, weil er nach dem Geschirrspülen die Restaurantkasse geplündert hatte, war ihm der sonderbare Singsang nur so zugeflogen. Gut, er war Malaie, aber war's ein Wunder? Nein, dachte er, die hier stammen zwar von richtigen Menschenfressern ab, und entsprechend dämlich sind sie auch, aber irgendwie ähneln wir uns. Ja, wir sind Inselmenschen, Fischer und Seefahrer und Söhne von Kriegern.
    »Wir haben mehr als Geld.« Der Pai pochte mit dem Knöchel auf die Holzfläche des Salontisches: »Wir haben ein Schiff. Wir haben das schönste, das tüchtigste Auslegerkanu der ganzen Südsee! Und damit holen wir, was wir brauchen, überall, wo und bei wem es uns gefällt …«
    ***
    Der Pai trieb seine Leute zum Heck. Und da standen sie nun versammelt unter dem Sonnensegel. Die Wellen waren höher geworden. Mit abgestellter Maschine trieb der große Katamaran trotzdem ruhig im Wasser.
    »Und was machen wir mit denen?«
    Die Mündung von Oseas Gewehr deutete auf die beiden blutverschmierten Leichen. Es war das erste Mal, daß Osea überhaupt den breiten Mund aufmachte.
    »Die schmeißen wir über Bord. Gutes Haifutter.« Der Pai blickte hinüber zum Flaggstock, während er sprach. Gelbrot war die Fahne. Und im Zentrum war ein Wappen aufgenäht. Eines mit einer Krone. Na und? Es gab sowieso viel zuviel Fahnen auf dieser Welt. Wichtig war etwas anderes.
    »Nein, laßt sie hier. Wir sind noch zu nah unter Land. Soll ich euch mal was sagen? Dies ist eine der tiefsten Stellen im ganzen Meer. Das hat mir mal einer erzählt. So tief ist's hier, daß du sechstausend Männer übereinanderstellen kannst. Und der ganz oben kriegt noch immer keine Luft. Na, was sagt ihr dazu?«
    Sie sagten nichts. Sie versuchten noch nicht einmal, sich das mit den sechstausend Männern vorzustellen.
    »Du meinst, die Leichen könnten abgetrieben werden?« Wieder war es Osea, der fragte. Plötzlich schien er ganz versessen darauf, seine Stimme zu hören.
    »Ja. Das ist es. Und nicht nur die Wellen, auch die Strömung würde sie zur Küste treiben. Besser ist, wir warten noch. Und inzwischen werd' ich …«
    Er ließ den Satz in der Luft hängen, ging hinüber zum Flaggstock, schnitt die kleine Fahne ab und warf sie über die toten Gesichter.
    Dann nahm er sein Kreuz, küßte es, faltete die Hände und bekam ein ganz frommes Gesicht. Die anderen blieben sprachlos, starrten ihn stumm und wie verlegen an. Die Worte, die der Pai da murmelte, verstanden sie nicht. Irgend etwas hatte es mit der Kirche zu tun, also erschienen sie auch ihnen vertraut. Tanoa kicherte, und das ziemlich laut. Aber dann senkte auch er wie die anderen verlegen grinsend den Kopf. »Wir empfehlen Dir, o Herr«, sprach der Pai, »die Seele Deiner Diener und bitten Dich, daß Du sie in Deinen Schoß aufnehmen willst. – Amen.« Dann sagte er wieder sein ewiges ›Ave-Maria‹ auf und schloß mit: »Kyrie eleison.«
    Von den anderen kam nicht einmal ein Amen. Wieder war es Osea, der fragte: »Und das Boot? Was ist mit dem?«
    Der Pai räusperte sich.
    »Lascht die beiden erst mal an der Reling fest. Dann sehen wir weiter. Und das Boot … nun, den Johnson nehmen wir mit. Den werden wir noch mal brauchen können. Und das Boot? – Da kappen wir einfach die Leine.«
    »Hier lassen? Das ist'n gutes Boot. Willst du es einfach …«
    Ma'afu natürlich! Immer derselbe, der widersprach! Und weil er der Älteste der vier Fidschis war, glaubte er, den großen Mann markieren zu müssen.
    Das wird noch ein Problem, dachte der Pai. Aber du wirst es regeln. Hat Zeit. Irgendwann … Bei der passenden Gelegenheit.
    »Du hast kein Hirn, Ma'afu. Würde nur irgendwas in deinem sturen Schädel funktionieren, würdest du so was gar nicht sagen. Das Boot wird zur Küste treiben. Soviel ist klar. Und dann? Was passiert dann? – Na sag … Man wird es finden. Kiel oben oder halb abgesoffen; jedenfalls vollkommen von den Wellen zerdonnert. Und dann?«
    Er ließ den Blick über die Gesichter der anderen gleiten. Keiner sagte einen Ton.
    »Und dann werden sie sagen: Die armen Schweine. Nein, wahrscheinlich sagen sie das nicht. Denn sie werden dahinterkommen, daß das Boot geklaut ist. Und falls uns einer dieser Typen in Vava'U beobachtet hat, wie wir den Johnson oder die Waffen verladen haben, na dann wird es heißen: Halleluja! Gott sei Dank! Diese schrägen Vögel, die keiner kennt, jetzt sind sie im Sturm abgesoffen … Und genau

Weitere Kostenlose Bücher