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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Und sie töten dein Volk …
    Und noch etwas dachte er: Es sind nicht nur die beiden Schweine auf dem Platz. Die ersten Schüsse kamen aus dem Palmenwald. Das bedeutet: Es gibt noch mehr von diesen Irren …
    ***
    Sie rannten. Sie liefen gebückt und so lautlos wie sie konnten.
    Das Haus lag im Dunkel. »Mach kein Licht, Tama.«
    »Meinst du, ich bin dumm …?«
    Wie viele waren es? Sein Kopf ratterte die Fragen herunter. Und wenn nun irgendeiner im Haus wartet? Nein, die Drahtschlinge der Gartentür war genau so eingehakt, wie er sie hinterlassen hatte. Er schob sie hoch.
    »Wo ist Gilbert, Tama? Verdammt noch mal, wo ist Schibe?«
    »Da kommt er.«
    Ja, er kam. Was heißt kam – er schaukelte heran wie ein Schiff bei hohem Wellengang; er humpelte, das schon, aber auf eine neue, merkwürdige Weise, die eher an ein Schlingern erinnerte.
    »Endlich, Mensch.«
    »Was soll das, Ron?«
    »Wirst du gleich sehen.«
    Descartes grunzte irgendwas, das Ron nicht verstand. Er lauschte. Vom Dorf kam kein Laut. Was trieben diese Ratten? Wer waren sie? Tonu'Ata, dein Tonu'Ata, die ›unbekannte Insel‹ – und jedesmal, Himmelherrgott noch mal, jedesmal, wenn ein Fremder hier auftaucht, stellt er sich als Mörder, Bandit oder Killer heraus.
    Oder als Pirat. Denn das waren sie wohl: Piraten! Und als er das Wort ›Piraten‹ dachte, fiel ihm noch etwas ein: Der Artikel, der ihn damals dazu gebracht hatte, die Kalaschnikows zu kaufen. Die Waffen hatten ihm gegen Pandelli geholfen, ja – aber wieso hatte er sie damals in Papeete unbedingt haben wollen? Weil im ›Dépêche de Tahiti‹ irgend etwas von Piraten zu lesen gewesen war, einer Bande, die unter Führung eines Malaien angeblich die Samoa-Gruppe unsicher machte.
    Angeblich? Nein, das waren sie! Und der Typ mit dem roten Stirnband – war er Malaie? Kein Polynese, das war sein erster Gedanke gewesen, auch keiner aus Melanesien, Bali, hatte er gedacht, Bali oder Indonesien …
    Zum Teufel, woher diese Ratten stammten, war jetzt nicht wichtig. Wichtig war nur eines: Sie zu stoppen, ehe es noch weitere Tote gab.
    »Hör zu, Ron, was tun wir hier? Wieso gehen wir nicht auf dein Schiff? Oder auf die ›Ecole‹?«
    »Hast du Kalaschnikows auf der ›Ecole‹, Gilbert?«
    »Was?«
    »Kalaschnikows. Russische Sturmgewehre. Munition … Hast du so was?«
    »Ein Kleinkaliber hab' ich. Damit schieß ich wilde Ziegen.«
    »Hier kannst du Ratten schießen, Gilbert. Na los! Komm …«
    Sie nahmen die Haupttreppe. Ron wollte die Taschenlampe vom Haken nehmen, aber das Mondlicht war so hell, daß sie kein Licht brauchten.
    Tama war bereits vorausgelaufen, in die kleine Kammer zwischen Küche und Schlafzimmer, in der sie das Bettzeug und die Fensterblenden aufbewahrten, die sie während der Regenzeit brauchten. Sie hatte Matten, Leintücher und Kissen von der länglichen Kiste geräumt, in der die Sturmgewehre lagen. Dann öffnete sie die erste, so geschickt, kühl und überlegt wie ein Soldat.
    Meine Tama …! In diesem Augenblick bewunderte Ron sie mehr, als er sie je bewundert hatte. Kriegerblut, was sonst? Das Erbe ihrer Vorfahren. Und das waren nun mal die großen polynesischen Eroberer, von denen in jedem Buch zu lesen war – Piraten also, jawohl, verdammt noch mal, Piraten wie diese Scheißburschen dort.
    Sie hielt ihm die gefüllten Magazine entgegen. »Ich nehm' den Revolver, Ovaku.«
    »Den Teufel wirst du! Du wirst hierbleiben.«
    »Ich? Nie! – Außerdem: Was ist, wenn sie ins Haus kommen?«
    Sie hatte recht.
    Er gab Gilbert eine der Kalaschnikows und drei Magazine.
    »Kannst du mit so was umgehen? Sieh mal, hier, das ist der Spannschieber.«
    »Ach nein? Was noch? – Spar dir die Luft für nachher. Ich kenn' solche Dinger.«
    »Ich dachte immer, du bist ein friedlicher Händler.«
    »Bin ich. Der friedlichste, den's gibt. Gerade deshalb hab' ich mich immer gefragt, zu was ich drei Jahre bei der Legion abreißen mußte. – Jetzt weiß ich's.« Dieser Gilbert war noch immer für eine Überraschung gut. Händler, Philosoph. Jetzt auch noch Legionär … »Na, dann zeig mal, was du gelernt hast.«
    Dazu bekam Gilbert Descartes bereits zehn Minuten später seine erste Gelegenheit.
    Sie hatten das Haus verlassen und beschlossen, sich dem Dorfplatz von der Lagunenseite her zu nähern. Die Palmen standen dort weit auseinander, viel weiter als auf der anderen Seite. Mondlicht gab es, und außerdem noch die breiten Sandwege, über die die Fischer von Tonu'Ata zu ihren Booten gingen

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