Das Ritterdrama von Schreckenstein
die Burg meiner Väter, die bekommst du nicht. Nie!“
„Haha!“ hohnlachte der kleine Herbert. „Du weißt, Hortwart, dass sich Ehrentraut, deine Tochter, in meiner Gewalt befindet! Mutbold, mein Bruder, wird es dir bestätigen.“
Der kleine Kuno nickte grimmig. „Dem ist so! Sie sitzt im Kerker von Burg Rülpshorst.“
„Das war einmal!“ zwitscherte der kleine Eberhard mit heller Stimme. „Hier bin ich, Vater! Ich konnte den Mordbuben entwischen. Durch den Geheimgang, von dem du mir einmal erzähltest.“
„O meine Tochter, meine Ehrentraut!“ rief der kleine Egon bewegt.
„Wie bist du denn hier reingekommen?“ fragte Ritter Mutbold barsch. „Die Burg ist umstellt.“
Zähnefletschend antwortete der kleine Egon. „Dies Geheimnis wirst du nie ergründen, Mutbold.“
„Dass ich nicht lache. Hahahaaa!“
Der kleine Herbert hob sein Lineal, als ziehe er ein Schwert. Von seinem Bette sprang der kleine Kuno auf, packte Eberhard — die Ehrentraut von Schreckenstein —, hielt sie wie einen Schild vor sich und schwarz dahinter die abgebrochene Antenne seines Radios. „Dir wird das Lachen vergehen! Hahahahaaa!“
„Hilf, Vater, Hilfe!“ röchelte der kleine Eberhard.
Egon knirschte mit den Zähnen. „Lass sie los, Mutbold, du feige Sau...“
Die eben noch kampfbereiten Ritter ließen ihre Schwerter sinken.
„Idiot!“ schimpfte der kleine Eberhard mit seiner normalen Stimme. „Den Ausdruck gab’s damals noch nicht!“
„Woher willst du denn das wissen?“ maulte der kleine Egon.
„So was weiß man eben“, belehrte ihn der kleine Herbert.
„Aber bis dahin war’s schon sehr gut. Vor allem du als Ehrentraut. Irre damenhaft!“
Der kleine Eberhard grinste. „Ich stell mir immer vor, ich sei Ingrid, und Egon sei Dampfwalze.“
Die Minis quietschten vor Vergnügen.
„Mann! Das müssen wir ausbauen!“ rief der kleine Egon.
„Ich hab’s!“ unterbrach ihn der kleine Kuno. „Während Hortwart von Schreckenstein mit Ahnfried und Mutbold kämpft, kommt Dampfwalze als Freier hereingeschneit und befreit Ehrentraut, indem er Mutbold erschlägt.“
„Nicht jetzt schon!“ fuhr Eberhard dazwischen. „Ich will bei dem Kampf auch mitmischen.“
„Quatschkopf! Du bist doch die Tochter“, herrschte Herbert ihn an.
„Ja und? Ingrid würde sich da bestimmt wehren. Verlegen wir die Szene in die Folterkammer, dann trete ich auf die Leiste — als Tochter des Hauses weiß ich ja, wo die ist —, Paule kommt aus dem Kasten und verpasst Mutbold eins mit der Sense!“
„Aber nicht tödlich!“ bettelte Kuno. „Ich will bis zum Schluss mitspielen.“
„Klar. Dich brauchen wir noch“, beschwichtigte ihn der kleine Eberhard. „Du bist der Widersacher von Dampfwalze, weil du mich auch heiraten willst.“
„Das gibt am Schluss noch ein Turnier, dass die Fetzen fliegen“, schlug der kleine Kuno vor. Es betraf ja seine Rolle. Herbert lachte plötzlich laut. „Und wenn wir Dampfwalze auf die Leiste treten lassen...?“
„Fundamental!“ freuten sich Egon und Kuno.
„Ist komischer“, gab Eberhard zu. „Aber sagt nicht immer Dampfwalze! Mein Freier muss einen richtigen Ritternamen haben!“
„Genau!“ pflichtete ihm Egon bei. „Es müsste ein Name sein, der auf seine Kraft anspielt. Damit alle gleich Bescheid wissen.“ Nach einer kurzen Denkpause grinste Herbert. „Wie war’s mit Kraftmann von Rosenfels?“
Die Minis wälzten sich vor Lachen auf ihren Betten.
„Mann“, kreischte Mutbold Kuno, „das haut den stärksten Ritter aus der Rüstung! Und wer soll die Rolle spielen?“
„Na, Dampfwalze!“ sagten Egon und Herbert gleichzeitig.
Und sie lachten, dass keiner mehr reden konnte. Doch in ihren Köpfen arbeitete es weiter: Bezüge zur Gegenwart — diese Idee, gerade entstanden, mussten sie ausbauen. Und weil Ideen kurze Wege bevorzugen, kamen sie, sobald die Lachkrämpfe abgeklungen waren, über den Namen Rosenfels gewissermaßen automatisch auf die strenge, vogelköpfige Leiterin des Mädcheninternats, Fräulein Dr. Adele Horn.
„Die Horn muss noch rein!“ sagte Eberhard.
„Ja. Als Dampfwalzes böse Frau..., ich meine Kraftmanns miese Gattin!“ stimmte ihm Egon zu, und schon waren alle vier wieder von ihren Lachmuskeln blockiert.
Wo der Geist beschäftigt ist, wie im Zimmer der Minis, hat der Bazillus Langeweile keine Chance. Schade, dass die Nichtstuer das nicht miterleben durften! Sie hätten auf der Stelle mitgemacht. Aber die Entstehung des Ritterdramas
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