Das Rosenhaus
das eigentlich nicht vorgestellt.
Aber egal. Er hielt sich weiter an der Wagentür fest, drehte sich um
und lächelte.
Sie hatten etwas vom Chinesen mitgebracht. Lily machte
sich daran, das Essen wieder aufzuwärmen, während Peter den Tisch deckte und
Dylan für die Getränke sorgte.
Sie hatten etwas zu feiern. Die drei Männer waren richtig
ausgelassen, allen voran Liam, der nach dem Essen unbedingt noch zum Broken
Compass wollte.
Als er das Lokal betrat, waren die üblichen Stammgäste versammelt
und spendeten ihm Beifall.
»Sie können sich an ihn erinnern«, flüsterte Lily Dylan zu. Sie war
nicht sicher, wie ihr Mann reagieren würde.
»Ja, natürlich«, sagte Dylan und bot ihr einen Stuhl an. »Wir sind
doch erst letzte Woche hier gewesen.«
Und vorletzte Woche und vorvorletzte Woche. Das Broken Compass war
wohl zu einer regelmäßigen Station auf ihren »Spaziergängen« geworden, folgerte
Lily, als Liam Peter jeden einzelnen der Männer am Tresen mit Namen vorstellte.
Seine neuen Freunde gratulierten ihm dazu, endlich die »Räder losgeworden« zu
sein.
Und natürlich wussten sie alle, wer Lily war, schließlich hatte Liam
oft von ihr geredet, was sie wiederum nicht wusste. Sie stand einfach nur da
und fragte sich, wie sie sich umgeben von so vielen Menschen bloß so einsam
fühlen konnte.
Gut gesättigt und glücklich kehrte Abi nach Hause zurück,
wo Nathan in der Küche stand und Tee machte.
»Dachte ich es mir doch, dass ich dich heranstolpern hörte«, zog er
sie auf. »Ich hab’ was für dich …« Er zeigte auf ein Päckchen auf dem Tisch,
dann wandte er sich wieder dem Wasserkocher zu.
»Für mich?«
»Ein kleines Geschenk.«
»Ah, ein Geschenk, ja? Du bist ja im Moment der reinste
Weihnachtsmann.«
Er bedachte sie mit einem scharfen Blick.
»Das ist ein Madeira-Kuchen von deinem Lieblingsbäcker in Truro. Was
ist los?«
Abi kam gleich zur Sache.
»Warum hast du Lily Bonner eine Staffelei geschenkt?«
Ach, darum ging es. Nathan lehnte sich gegen den Küchentresen.
»Damit sie malen kann«, lautete die schlichte Antwort.
Sie verkniff sich eine spitze Bemerkung und sagte stattdessen so
ruhig wie irgend möglich: »Ich glaube, es ist besser, wenn du sie in Ruhe
lässt, Nathan.«
»Und wieso glaubst du das, bitte? Du weißt doch, dass sie in einer
Krise steckt. Sie kann gute Freunde gebrauchen …«
»Ja. Gute Freunde.«
Der Wasserkocher schaltete sich ab, Nathan goss das kochende Wasser
in die Teekanne und setzte sich damit an den Tisch, auf dem schon Tassen und
Milch bereitstanden.
»Und du meinst, dass ich ihr kein guter Freund sein kann?«
»Sie ist wunderschön, Nathan …«
Er nickte zustimmend.
»Und liebenswert, humorvoll und klug«, fügte er hinzu, ohne seine
Mutter anzusehen. »Und wird von ihrem egozentrischen Arsch von einem Mann
behandelt wie der letzte Dreck …«
»… weshalb sie zurzeit äußerst verletzlich ist«, spann Abi seinen
Satz weiter. »Und ich glaube, wenn man das durchgemacht hat, was Liam Bonner
durchgemacht hat, darf man vielleicht sogar ein kleiner egozentrischer Arsch
sein …«
Er nickte, ohne aufzusehen, und fing an, das kleine Deckchen aus
Leinen zusammen- und auseinanderzufalten, als hätte er soeben die asiatische
Faltkunst für sich entdeckt.
»Ich verstehe ja, dass du sie magst. Ich mag sie auch … Sehr sogar.«
Da sah er auf.
»Ich mag sie auch sehr«, sagte er leise.
»Das merke ich«, erwiderte Abi so behutsam wie möglich. »Und genau
das ist es, was mir Sorge bereitet.«
»Ich bin kein Kind mehr, Mum.«
»Ich weiß.«
»Ich weiß, was richtig und was falsch ist.«
»Das tun wir alle … Aber das heißt nicht, dass wir immer
entsprechend handeln.«
»Also, was erwartest du von mir?«
»Es geht nicht darum, was ich von dir erwarte.«
»Sondern?«, fragte er, obwohl er sehr wohl wusste, was sie meinte.
»Ich habe die Fotos gesehen, die du von ihr gemacht hast.«
» Pictures of Lily «, sang er, » help me sleep at night …«
»Nathan …«, warnte sie ihn.
»Ist doch nur ein Lied, Abigail.«
»Nathan …«, wiederholte Abi, konnte sich aber trotz ihrer Sorge ein
Lächeln nicht verkneifen.
Auch er lächelte, doch dann wurde er ernst.
»Sie ist nicht glücklich, Mum.«
»Ich weiß.«
Sie schwiegen, während sie ihm Tee einschenkte und ihm die Tasse
reichte. Er umschloss sie mit beiden Händen, dann stellte er sie ab und nickte,
als habe sie ihm gerade eine Frage gestellt.
»Man hat mir einen
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