Das Rosenhaus
Kumpel, der für artige und langfristige Zuneigung sorgt,
oder ist er in Wirklichkeit über beide Ohren in die wunderbare Mrs. Hunter verliebt
und quält sich damit, dass er es nicht wagt, ihr seine Liebe zu gestehen?«
»Aha. Dabei war mir doch bloß durch den Kopf gegangen, ob du mir
wohl das Rezept für deinen Schokoladen-Fudge-Kuchen verraten würdest.« Lily
blinzelte ihn mit Unschuldsmiene an, was ihn wiederum zum Lachen brachte.
»Es hat schon seinen Grund, dass die Liebe sich nur schwer
definieren lässt. Sie verändert sich nämlich fortwährend. Sie wächst und
entwickelt sich und bewegt sich … Manchmal ist es wirklich schwierig, da
mitzuhalten. Es zu verstehen. Natürlich liebe ich Abi. Aber wenn du wissen
willst, welcher Art meine Liebe für sie ist, dann muss ich mit einer Antwort
passen. Denn das Einzige, was ich weiß, ist, dass ich sie von ganzem Herzen
liebe.«
»Dir ist schon klar, dass du gerade lauter Fragen ausweichst, die
ich dir nie gestellt habe, ja?«
»Natürlich.« Er lehnte sich zurück und lächelte irgendwie
selbstgefällig. »Es macht richtig Spaß, um den heißen Brei zu reden. Eigentlich
wollte ich dir aber auch nur sagen, dass man viel zu leicht dazu neigt, sich
selbst zu verändern oder zu verstellen, um den anderen zu gefallen. Das
kostbarste Geschenk des Lebens ist es, jemanden zu finden, der einen so annimmt,
wie man ist – ganz gleich, welche Gestalt die Beziehung annimmt und wie sie
sich im Laufe der Jahre verändert.«
Er hielt inne und trank einen Schluck Tee.
»Und was ist Liebe eigentlich? … Liebe beinhaltet so viel, sie ist
wunderbar und faszinierend, aber wenn wir ehrlich sind, ist die Liebe auch ein
böser kleiner Wicht, ein hinterlistiger Parasit, der uns schwächt …« Er
verstummte, biss sich auf die Lippe und sah zu Abi. »Vielleicht bin ich schwul
geworden, weil sie mich nicht so lieben konnte oder wollte, wie ich es gerne
gehabt hätte. Und da auch keine andere Frau mir den Gefallen tat, habe ich mich
stattdessen den Männern zugewandt.«
Wem wollte er da eigentlich gerade etwas vormachen?
Er drückte ihre Hand voller ehrlicher Zuneigung.
»Ach, Lily. Es tut niemandem gut, sich ganz genau zu definieren.
Wieso denken wir ständig darüber nach, wer und was wir sind, statt einfach
loszulassen und zu sein ?«
24
A bi und Bob
luden Lily ein, ihnen beim Abendessen im PortHole Gesellschaft zu leisten, doch Lily hatte das Gefühl, zu
Hause sein zu müssen, wenn Liam wiederkam. Wenn er nicht schon längst da war.
Und so spazierte Lily allein zurück zum Rose Cottage.
Die Sonne versank bereits langsam im Meer und tauchte dessen ruhige
Oberfläche in flammendes Orange. Die Fenster des Ortes blitzten wie irisierende
Edelsteine auf. Eine sanfte, warme Brise strich durch das Gras und gab den
Vögeln Auftrieb.
Schlagartig wurde Lily bewusst, wie schön Merrien Cove eigentlich
war.
Mit jedem Schritt entdeckte sie neue Perspektiven, neue wunderschöne
An- und Ausblicke. Als sei sie vorher dafür blind gewesen.
Als sie auf dem höchsten Punkt des Pfades angekommen war, von dem
aus sie bereits das Haus sehen konnte, stand nicht Liams Wagen in der Einfahrt,
sondern ein blauer Mercedes. Und auf der Mauer, genau dort, wo Lily vormittags
gesessen hatte, erkannte sie die vertraute Gestalt ihres Freundes Peter.
Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, seit sie ihn zuletzt gesehen oder
gesprochen hatte.
Sie überlegte, wie lange es tatsächlich her war, aber irgendwie war
ihr das Zeitgefühl abhanden gekommen.
Als sie sich näherte, erhob Peter sich und breitete die Arme aus.
Lily schmiegte sich ganz automatisch in seine Umarmung.
Sie stieß einen erleichterten, wohligen Seufzer aus.
Er spürte, wie sie sich in seinen Armen entspannte, und drückte sie
noch fester.
»Wie geht’s?«
Das hatte Nathan sie auch schon gefragt, und sie hatte für heute
ausreichend geantwortet. Peter hatte schon genug damit zu kämpfen, dass er seit
Liams Unfall für zwei arbeiten musste, sie wollte ihn nicht noch zusätzlich
belasten. Außerdem hatte sie einen so unverhofft schönen Tag zuerst mit Nathan
und dann mit Abi und Bob verbracht, und dafür war sie sehr dankbar.
»Gut«, sagte sie darum und lächelte.
»Wirklich?«, hakte er behutsam nach. »Wie läuft es mit dir und
Liam?«
»Es ist immer noch etwas schwierig«, wich sie aus und trat einen
Schritt zurück. »Aber wir werden das schon schaffen, Peter.«
»Würde es euch helfen, wenn wir uns mal zu dritt zusammensetzen
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