Das Rosenhaus
war.«
»Na ja, da war er ja auch verliebt, oder?«
»Man wird also weich, sobald man sich verliebt?«
»Manchmal schon. Du nicht?«
»Also, ich werde eher hart.«
Lily hörte Liam lachen und musste ebenfalls lachen. Nicht so sehr
über Dylans anzüglichen Witz als vor Freude über Liams Lachen.
Lily dankte dem Herrgott jeden Tag von Neuem dafür, dass er ihnen
Dylan geschickt hatte. Und Peter. Und sogar Duncan Corday.
Es kam ihr vor, als habe sie sich damit abgemüht, ganz allein ein
schweres Gewicht zu heben – und als sei dann jemand gekommen und hätte einfach am
anderen Ende mit angepackt.
Lilys Erleichterung darüber, dass die Männer sich so gut verstanden,
war nicht in Worte zu fassen.
Aus dem Arbeitsverhältnis war sehr schnell eine Freundschaft
geworden.
Liam hatte Lily so oft patzige Antworten gegeben, wenn sie ihm Hilfe
anbot. Von Dylan konnte er beinahe jedes Angebot annehmen.
Dylan hatte ihr das Leben deutlich erleichtert, aber an den
Schwierigkeiten, die in ihrer Ehe herrschten, konnte er nichts ändern. Die
blöde kleine Zeichnung, die wenigen Worte auf der Blaupause hatten einen
Schaden angerichtet, der nicht so einfach zu reparieren war. Die Kommunikation
zwischen Lily und Liam war rudimentär, angestrengt, und manchmal bitter.
Eigentlich hätte Dylan ja mittags Feierabend haben sollen, aber im
Laufe der Wochen hatte sich eingebürgert, dass er bis nachmittags blieb. Kaum
war Dylan weg, schloss Liam die Tür zu seinem Arbeitszimmer und tauchte erst
wieder auf, wenn Lily zum Abendessen rief. Ganz gleich, wie spät es war – er aß
entweder nur eine Spatzenportion oder schob das Essen auf dem Teller umher.
Dann fing er an zu gähnen und gab vor, müde zu sein. Lily half ihm ins Bett, wo
er blieb, bis Dylan am nächsten Morgen um halb acht aufkreuzte.
An den Wochenenden kam Peter zu Besuch und nahm Dylans Rolle ein –
mit dem Unterschied, dass er zum Abendessen blieb und nicht zuließ, dass Liam
zur Sandmännchenzeit ins Bett ging. Er sorgte dafür, dass Liam länger aufblieb
und sie zu dritt am Küchentisch saßen, wo sie redeten, Wein beziehungsweise Tee
oder Kaffee tranken und sich Witze erzählten. Wenn Lily Liam so ausgelassen mit
Peter sah, war sie wild entschlossen, auch ihre Beziehung wieder da
hinzubringen, wo sie unbefangen miteinander umgehen konnten. Sie hoffte, dass
es mit der Zeit leichter würde, aber Liam schien sie jetzt, da er für die
körperlichen Hilfestellungen nicht mehr so sehr auf sie angewiesen war,
emotional nur noch mehr auf Abstand zu halten.
Manchmal war sie richtig neidisch darauf, dass Dylan ihm so nah sein
durfte. Ja, es rührte sich eine absurde Eifersucht in ihr, wenn sie sah, wie
Liam jemand anderem so bereitwillig das Lächeln und die Berührungen schenkte,
die er ihr konsequent verweigerte.
Liam dankte dem Schicksal für Dylan Thomas. Als Peter mit
ihm darüber gesprochen hatte, dass sie Hilfe brauchten, lagen ihm so einige
bissige Bemerkungen auf der Zunge, doch zum Glück hatte er die Klappe gehalten.
Er würde es nie offen zugeben, aber die Entscheidung für professionelle Hilfe
war natürlich richtig gewesen.
Im Grunde wusste er, dass er sich wie ein Ekel benahm, aber er
konnte es nicht ändern.
Er hatte das Gefühl, im Recht zu sein.
Er hatte das Gefühl, alles falsch zu machen.
Das Aufeinanderprallen dieser völlig konträren Gefühle trug nicht
gerade dazu bei, dass er sich besser fühlte.
Er wusste gar nicht, wo ihn die schlimmeren Schmerzen plagten, im
Körper oder in der Seele?
Dylan war wie ein Licht in der Dunkelheit.
Er war besser als jedes von den Ärzten verabreichtes Schmerzmittel.
Er brachte Abwechslung in die tägliche Routine, lenkte ihn ab, war
unbeschwert.
Liam konnte mit Dylan alles machen.
Die erste Woche war turbulent gewesen.
Obwohl er sich vorgenommen hatte, genau das nicht zu tun, sperrte
sich Liam anfangs gegen Dylan. Er widersprach allem, was er sagte oder
vorschlug, bis Dylan sich zu ihm umdrehte und in aller Gemütsruhe sagte:
»Wissen Sie was, wenn Sie mal aufhören würden, wegen jedem Pipifax
so einen Aufstand zu machen, könnten Sie wirklich Fortschritte erzielen. Sie
wollen doch gerne aus dem Ding da rauskommen, oder?«
Er hatte in Richtung Rollstuhl genickt, und zwar mit der gleichen
Verachtung im Blick, die Liam für das Gerät empfand, das ihm Lebensretter und
Klotz am Bein zugleich war.
Liam hatte es die Sprache verschlagen. Aber danach war so einiges
besser geworden. Zwar fiel es ihm immer
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