Das Rosie-Projekt
freundliches Angebot. Aber es war immer noch früh am Abend. »Es werden weitere Gäste kommen«, erwiderte ich. »Vielleicht finden Sie jemand Passenden, wenn Sie warten.«
Fabienne reichte mir ihren Fragebogen. »Ich nehme an, Sie werden die Gewinnerin irgendwann benachrichtigen?« Ich antwortete, das werde ich. Nachdem sie gegangen war, überflog ich rasch ihre Antworten. Wie zu erwarten, hatte sie in mehreren Punkten versagt. Es war enttäuschend.
Meine nächste Option außerhalb des Internets lautete Speed-Dating, ein Verfahren, das ich bisher noch nicht ausprobiert hatte.
Treffpunkt war der Konferenzraum eines Hotels. Auf meine beharrliche Nachfrage hin verriet mir der Leiter des Abends die
tatsächliche
Anfangszeit, und ich wartete bis dahin in der Bar, um zielloses Geplauder zu vermeiden. Als ich zurückkehrte, setzte ich mich an einem langen Tisch auf den letzten freien Platz, gegenüber einer Person mit dem Namensschild »Frances«, etwa fünfzig Jahre alt, mit einem geschätzten BMI von achtundzwanzig und nicht in konventioneller Weise attraktiv.
Der Leiter klingelte mit einer Glocke, und meine drei Minuten mit Frances begannen.
Ich nahm einen Fragebogen und notierte ihren Namen – unter diesen Umständen blieb keine Zeit für unauffälliges Vorgehen.
»Ich habe die Fragen in eine bestimmte Reihenfolge gebracht, um die schnellstmögliche Eliminierung zu gewährleisten«, erklärte ich. »Ich denke, die meisten Frauen kann ich innerhalb von vierzig Sekunden eliminieren. Für die restliche Zeit dürfen Sie das Gesprächsthema wählen.«
»Aber es würde keine Rolle mehr spielen«, sagte Frances, »denn ich wäre ja schon eliminiert, oder?«
»Nur als potentielle Partnerin. Wir können immer noch eine interessante Diskussion führen.«
»Aber ich wäre eliminiert.«
Ich nickte. »Rauchen Sie?«
»Gelegentlich.«
Ich legte den Fragebogen beiseite.
»Exzellent.« Ich freute mich, dass keine Zeit mit Fragen über Eiskremsorten und Make-up vergeudet worden war, nur um danach festzustellen, dass sie rauchte. Unnötig zu erwähnen, dass Rauchen nicht verhandelbar war. »Ich habe keine weiteren Fragen. Worüber würden Sie gern sprechen?«
Enttäuschenderweise war Frances an keinem weiteren Gespräch interessiert. Dieses Muster setzte sich für den Rest des Abends fort.
Diese Form persönlicher Interaktionen war natürlich von zweitrangiger Bedeutung. Hauptsächlich verließ ich mich aufs Internet, und kurz nach der Freischaltung des Links trafen die ersten beantworteten Fragebögen ein. Ich buchte einen Besprechungstermin mit Gene in meinem Büro.
»Wie viele Rückläufe?«, wollte er wissen.
»Zweihundertneunundsechzig.«
Er war sichtlich beeindruckt. Ich verriet ihm nicht, dass die Qualität der Antworten sehr unterschiedlich war und viele Fragebögen unvollständig ausgefüllt zurückkamen.
»Keine Fotos?«
Die meisten Frauen hatten ein Foto beigefügt, doch ich hatte die Anzeige unterdrückt, um mehr Platz für die wichtigeren Daten zu schaffen.
»Lass uns die Fotos ansehen«, schlug Gene vor.
Ich modifizierte die Einstellung, damit die Fotos sichtbar wurden, und Gene musterte ein paar, bevor er eines doppelt anklickte. Die Auflösung war beeindruckend. Offenbar fand die Frau seine Zustimmung, doch eine kurze Überprüfung der Daten zeigte, dass sie vollkommen ungeeignet war. Ich griff nach der Maus und löschte die Frau. Gene protestierte.
»Hey, hey, hey! Was tust du da?«
»Sie glaubt an Astrologie und Homöopathie. Und sie hat ihren BMI falsch berechnet.«
»Wie hoch war er?«
»Dreiundzwanzig Komma fünf.«
»Reizend. Kannst du das Löschen rückgängig machen?«
»Sie ist vollkommen ungeeignet.«
»Wie viele sind denn geeignet?«, kam Gene schließlich zum Punkt.
»Bisher keine Einzige. Der Fragebogen ist ein exzellenter Filter.«
»Meinst du nicht, dass du die Latte ein bisschen zu hoch anlegst?«
Ich wies darauf hin, dass ich Daten für die wichtigste Entscheidung meines Lebens sammele. Ein Kompromiss war absolut unangemessen.
»Man muss immer Kompromisse eingehen«, erwiderte Gene. Eine unfassbare Behauptung und in seinem Fall absolut unwahr!
»Du hast die perfekte Ehefrau gefunden. Hochintelligent, extrem hübsch, und sie lässt dich Sex mit anderen Frauen haben.«
Gene merkte an, ich solle Claudia lieber nicht persönlich zu ihrer Toleranz gratulieren, und bat mich, die Zahl der beantworteten Fragebogen zu wiederholen. Die tatsächliche Gesamtzahl lag
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