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Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt

Titel: Das Rosie-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graeme Simsion
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allgemein bekannt ist, sind Frauen solchem Verhalten gegenüber negativ eingestellt. Ich fragte Rosie, ob ich sie gekränkt hätte.
    »Nein, überhaupt nicht. Es hat Spaß gemacht, dich als normalen Mann zwischen den anderen zu sehen – wie du dazupasst.«
    Ich erwiderte, dass sie mit dieser höchst ungewöhnlichen Antwort für eine Feministin eine sehr attraktive Partnerin für den konventionellen Typ Mann sei.
    »Wenn mich der konventionelle Typ Mann interessieren würde«, entgegnete Rosie.
    Es schien mir eine gute Gelegenheit, eine Frage über Rosies Privatleben zu stellen.
    »Hast du einen festen Freund?« Ich hoffte, dass ich den angemessenen Terminus verwendet hatte.
    »Sicher, ich habe ihn nur noch nicht ausgepackt«, meinte sie, offenbar als Scherz. Ich lachte, wies dann aber darauf hin, dass sie meine Frage nicht beantwortet habe.
    »Don«, sagte sie, »wenn ich einen Freund hätte – meinst du nicht, dass du inzwischen mal von ihm gehört hättest?«
    Mir schien es absolut möglich, dass ich noch nicht von ihm gehört hätte. Außerhalb des Vaterprojekts hatte ich Rosie nur wenige persönliche Fragen gestellt. Ich kannte keinen ihrer Freunde, abgesehen von Stefan, den ich als nicht-festen Freund identifiziert hatte. Natürlich hätte es der Tradition entsprochen, einen festen Partner zum Fakultätsball mitzubringen, statt mir danach Sex anzubieten, aber nicht jeder fühlt sich an solche Konventionen gebunden. Gene war das perfekte Beispiel. Ich hielt es also für gut möglich, dass Rosie einen festen Freund hatte, der nicht gern tanzte oder sich nicht gern mit Akademikern umgab oder gar nicht in der Stadt gewesen war oder so etwas wie eine offene Beziehung mit ihr führte. Es gab keinen Grund, weshalb sie mir davon hätte erzählen sollen. Ich selbst hatte Daphne oder meine Schwester auch nur selten Gene und Claudia gegenüber erwähnt oder umgekehrt. Sie gehörten zu verschiedenen Bereichen meines Lebens. Das alles erklärte ich Rosie.
    »Kurze Antwort: nein«, sagte sie daraufhin. Nach einem Stück Weg fügte sie hinzu: »Lange Antwort: Du wolltest wissen, was ich mit ›durch meinen Vater verkorkst‹ meinte. Grundlagen der Psychologie: Unsere erste Beziehung zu einem Mann ist die zu unserem Vater. Sie beeinflusst alle zukünftigen Beziehungen zu Männern. Ich darf mich also glücklich schätzen, gleich zwei davon zu haben – Phil, der bescheuert ist, und meinen richtigen Vater, der mich und meine Mutter alleingelassen hat. Und diese Auswahl kriege ich mit zwölf Jahren präsentiert, wo Phil sich mit mir hinsetzt und dieses ›Ich wünschte, deine Mutter wäre hier, um es dir zu sagen‹-Gespräch führt. Du weißt schon … das Standardgespräch, das jeder Vater mit seinem zwölfjährigen Kind führt: Ich bin nicht dein richtiger Dad; deine Mum, die gestorben ist, bevor du sie richtig kennenlernen konntest, ist nicht der perfekte Mensch, für den du sie immer gehalten hast; du bist nur deswegen auf der Welt, weil deine Mutter lockere Moralvorstellungen hatte, und ich wünschte, du wärst es nicht, damit ich ein eigenes Leben haben kann.«
    »Das hat er zu dir gesagt?«
    »Nicht wörtlich. Aber das hat er gemeint.«
    Ich fand es höchst unwahrscheinlich, dass eine Zwölfjährige – selbst als zukünftige Psychologiestudentin – die unausgesprochenen Gedanken eines erwachsenen Mannes richtig deuten könne. Manchmal ist es besser, seine Unfähigkeit in solchen Dingen anzuerkennen – so wie ich es tue –, als sich fälschlicherweise für einen Experten zu halten.
    »Also vertraue ich Männern nicht. Ich glaube nicht an das, was sie von sich behaupten. Ich habe Angst, dass sie mich enttäuschen. Das ist meine Zusammenfassung von sieben Jahren Studium der Psychologie.«
    Es schien mir ein schwaches Ergebnis für sieben Jahre der Anstrengung, aber ich nahm an, dass sie das dabei vermittelte allgemeine Wissen unterschlug.
    »Sollen wir uns morgen Abend treffen?«, fragte Rosie. »Dann können wir irgendetwas machen, das du willst.«
    Ich hatte schon über meine Pläne für den nächsten Tag nachgedacht.
    »Ich kenne auch jemanden an der Columbia«, sagte ich. »Wir könnten zusammen hinfahren.«
    »Was ist mit deinem Museum?«
    »Ich habe bereits vier Besuche zu zweien komprimiert. Da kann ich auch zwei in einen legen.« Das entbehrte zwar jeder Logik, aber ich hatte viel Bier getrunken und einfach Lust, zur Columbia zu gehen.
Sei locker
, hörte ich Claudia in Gedanken,
lass dich treiben
.
    »Dann

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